Professionell texten
„Wenn Sie finden, dass Schreiben schwer ist“, schreibt der amerikanische Sprachpapst William Zinnser, „so hat das einen einfachen Grund. Es ist schwer.“ Es ist schwer, gute Texte zu verfassen. Und es ist schwer, Leser zu erreichen. Ihr WEKA MEDIA-Redaktionsteam weiß das. Deshalb gibt es Schreibtipps aus der Redaktion für Sie: die Autoren und Herausgeber, mit denen der Erfolg der Informationslösungen bei WEKA MEDIA steht und fällt. Unser gemeinsames Ziel lautet: professionell texten für unsere Leserinnen und Leser.
Viel Druck, wenig Zeit – das immerhin haben Autoren und Leser gemeinsam. Doch die Unterschiede überwiegen: Leser haben die Macht, auszusteigen und wegzuklicken. Und Autoren die Last, genau das zu verhindern.
Wer ein WEKA-Informationsprodukt kauft, stellt eine nüchterne Kosten-Nutzen-Rechnung auf:
- Lohnt sich der Zeitaufwand?
- Bekomme ich News, I can use?
- Arbeite ich sicherer, bequemer, erfolgreicher?
- Spare ich Kosten ein?
- Erwerbe ich Wissen, das mir einen Wettbewerbsvorsprung verschafft?
Geht diese Rechnung auf, bleiben Leser am Ball. Allerdings nur dann.
Leser sind anspruchsvoll …
Ob auf Papier oder im Web: Die Deutschen lesen seltener, oberflächlicher und zappen schneller weg. „Die Leser“, so Leseforscher Bodo Franzmann, „passen ihre Lese-Strategien immer stärker an das Informations-Überangebot in der Mediengesellschaft an.“
In anderen Worten: Die Ansprüche an Textinformationen steigen. Übersichtlich soll das Gelesene sein, erkennbar nützlich, kurz, aber natürlich nicht verkürzt. Zwischen Informationsflut, Umstrukturierung und Personalabbau gibt es keine Aufmerksamkeit für Langatmiges und Aufgeblähtes. Nur die besten Texte überleben.
„Nichts leichter, als so zu schreiben, dass kein Mensch es versteht, wie hingegen nichts schwerer, als bedeutende Gedanken so auszudrücken, dass sie jeder verstehen muss.“
Arthur Schopenhauer (1788-1860)
… und Autoren mehr denn je gefordert
Veränderte und höhere Ansprüche der Leser bedeuten veränderte und höhere Anforderungen an uns Autoren. Dabei klafft schon jetzt zwischen Schreib- und Lesezeit ein Abgrund: Sie als Autor feilen an zehn Zeilen leicht eine halbe Stunde und länger. Ihre Leser scannen den fertigen Text in wenigen Sekunden, lesen ihn in höchstens einer Minute. Aus Autorensicht bedeutet das ein Aufwands-Ertrags-Verhältnis von 30 zu 1. Bestenfalls.
Wie also lässt sich das Dilemma lösen, dass Autoren immer mehr Zeit und Arbeit investieren müssen, weil Leser immer weniger dazu bereit sind? Die Antwort lautet: durch eine Professionalisierung des Schreibens.
Professionell texten
Otto Kruse, Leiter des Zentrums für Professionelles Schreiben an der Zürcher Hochschule Winterthur, erläutert den Trend: „Das Schreiben wandelt sich von einem Feld intuitiver Sprachgestaltung zu einer gezielten und kontextsensiblen Technologie der Textherstellung.“
Das bedeutet für Sie: Um durchgängig lesefreundliche Texte zu verfassen, brauchen Sie einen gut gefüllten Werkzeugkoffer mit Schreibstrategien. Darin enthalten sind neben vielem anderen:
- die Regeln der Leichtverständlichkeit
- journalistische und rhetorische Formen – von der Alliteration bis zum szenischen Einstieg
- Kenntnisse über die Möglichkeiten und Besonderheiten von Webtexten
- Methoden, Schreibprojekte zu planen und zu managen
- Kreativitätstechniken, um Ideen zu spinnen
- die Fähigkeit, Texte aus unterschiedlichen Perspektiven zu beurteilen: inhaltlich, stilistisch, gestalterisch.
Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler
Autoren wollen informieren, Leser informiert werden. Soweit so gut. Dennoch haben wir Autoren deutlich andere Interessen als unsere Leser: viele ehrenwerte. Und ein paar andere.
Überblick: Die geheime Agenda schreibender Experten
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Was Leser wollen
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Was Autoren wollen
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Finden, was weiterhilft
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Zeigen, was Sache ist
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Lösungen, Arbeitshilfen, schnelle Information
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Komplexität, Gedankenfülle, Detaillierungstiefe
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Erfolg im Wettbewerb
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Anerkennung in Fachkreisen
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Einen Nutzen haben |
Sich einen Namen machen
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Wichtiges, Aktuelles, Ausgewähltes
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Seriosität, Vollständigkeit, Unangreifbarkeit
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Unabhängige kritische Informationen
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Eine Plattform für Meinungen und Lieblingsthemen
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Preiswertes Know-how, gern auch umsonst
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Ein angemessenes Stundenhonorar, gerne auch mehr
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Die geheime Agenda bewirkt: Die Bedürfnisse der Leser konkurrieren mit den Interessen des Autors. Deshalb kann es passieren, dass der Wurm zwar dem Angler gefällt – aber dem Fisch nicht schmeckt. Denn der will gelockt und geködert werden. Nicht mit grauer Theorie. Sondern mit alltagstauglichen Inhalten und einfach auszuwertenden Informationen.
Die vier Verständlichmacher
Fachliche Expertise ist viel. Ihre Wirkung kommt aber erst zur Geltung, wenn sie leserfreundlich angerichtet wird: unkompliziert, übersichtlich, prägnant, service-orientiert.
Der Weg zu diesem Ideal ist vorgezeichnet und abgesichert. Hier sind die erforderlichen Schritte:
- Vereinfachen – damit Ihre Leser Sie mühelos verstehen
- Verknüpfen – damit Ihre Leser sich schnell zurechtfinden und den roten Faden auf Anhieb erkennen
- Verleiten – damit Leser dranbleiben und wiederkommen
- Verdichten – denn jede Silbe zu viel kostet Lesern Zeit und Energie.
Jeder einzelne Verständlichmacher bringt Sie einen großen Schritt voran. Zusammen machen die vier großen „V“ Texte lesbarer und professioneller.
Briefen Sie sich selbst!
Ein Briefing legt die Anforderungen an einen Text fest. Es ist ein Hilfsmittel, nah am Kunden zu schreiben und ihm genau die Informationen zu bieten, die er braucht.
Checkliste: Zielgenau informieren |
Wie lautet Ihre Kernbotschaft? Was würden Sie schreiben, wenn Sie nur eine einzige Seite zur Verfügung hätten? |
Was muss unbedingt gesagt werden? |
Wer ist Ihre Zielgruppe? Was interessiert sie? Was nicht? Tipp: Suchen Sie sich einen erdachten Adressaten. |
Was kann der Leser neu, mehr, besser, nachdem er Ihren Text gelesen hat? |
Wo lässt sich graue Theorie in praktischen Nutzen verwandeln? Auf welche Weise? |
Gibt es Vorbilder für den Text? Beeindruckende? Abschreckende? |
Stellen Sie sich vor, Sie sind Ihr eigener Leser. Wie müsste das Thema aufbereitet sein, damit Sie Ihren Text lesen möchten? |
Welche journalistischen Formen erhöhen die Aufmerksamkeit für Ihr Thema: Beispiele, Bilder, Checklisten, Geschichten, Fakten, Grafiken, Informationskästen, Interviews, Zahlen, Zitate? |
Einfach gut schreiben
Mit der folgenden Checkliste erkennen Sie, was Sie als Autor, als Autorin stark macht und wo Sie noch zulegen können. Tipp: Nutzen Sie die Liste künftig als Quick-Check, um die Verständlichkeit Ihrer Texte zu beurteilen.
Checkliste: Die vier Verständlichmacher
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Ja | Nein |
1. Vereinfachen
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Wählen Sie kurze, konkrete Wörter? | ||
Erklären Sie Fachbegriffe und Abkürzungen dort, wo Sie sie zum ersten Mal verwenden? Vermeiden Sie Fachjargon?
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Formulieren Sie so oft wie möglich im Aktiv?
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Vermeiden Sie Abfolgen von Wörtern, die auf -ung, -heit, -keit oder -tion enden?
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Vermeiden Sie labyrinthische Sätze, beschränken Sie sich meistens auf 20 Wörter und weniger?
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Überarbeiten Sie Ihre Rohfassung mindestens zweimal, besser öfter?
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2. Verknüpfen
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Verfügen Sie über genügend inhaltliche Substanz?
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Erarbeiten Sie für jeden Text und jedes Kapitel eine Gliederung beziehungsweise Linkstruktur?
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Gliedern Sie in übersichtliche Infomodule? Vermeiden Sie Bleiwüsten?
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Überlegen Sie sich eine Textdramaturgie: einen Wechsel aus Fließtext und Aufzählungen, Infokästen
und Checklisten, Überblick-, Detail- und Anleitungsinformationen?
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Stellen Sie wichtige Informationen an den Anfang? Stimmen Sie Ihre Leser auf das Kommende ein?
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Setzen Sie Überschriften und Marginalien als „Schnell-Lese-Straße“ ein – so dass Wesentliches schon beim Überfliegen erkennbar wird?
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3. Verleiten
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Springt der Nutzen Ihrer Texte ins Auge: zum Beispiel durch Vorteilsaufzählungen, Arbeitshilfen, Checklisten?
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Ködern Sie Ihre Leser mit einem viel versprechendem Teaser – einem kurzen Einstieg, der neugierig macht und Lust zum Weiterlesen?
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Veranschaulichen Sie Theoretisches mit Beispielen, Bildern und Vergleichen?
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Lockern Sie Trocken-Komplexes durch Fragen, Aktuelles und Zitate auf?
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4. Verdichten
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Berücksichtigen Sie, dass das Lesen am Bildschirm etwa ein Viertel mehr Zeit kostet als auf Papier?
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Gehen Sie sparsam mit Adjektiven um?
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Streichen Sie konsequent überflüssige Wörter und Silben?
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Wird Ihr Text mit jeder Überarbeitung kürzer?
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Professionell texten: Das Wichtigste auf einen Blick
Die Ökonomisierung der Aufmerksamkeit erfordert eine Professionalisierung des Schreibens. Je sprunghafter die Leser, desto geforderter die Autoren. Fachliche Seriosität gilt als selbstverständlich. Sie soll sich aber nicht grau in grau präsentierten, sondern alltagstauglich und ansprechend verpackt.
Auch Fachautoren kommen deshalb nicht umhin, ihre Leser zu umwerben. Wichtigste Unterstützer dabei sind die vier Verständlichmacher: vereinfachen, verknüpfen, verleiten, verdichten. Zusammen bewirken sie, dass Ihre Texte einfacher werden und Ihr Schreibstil professioneller. Das klingt wie ein Widerspruch, ist es aber nicht.
William Strunk, Autor des 1918 erschienenen Schreibklassikers The Elements of Style, drückte es so aus: „Kraftvolle Sprache ist kurz und bündig. Ein Satz darf kein unnötiges Wort enthalten, ein Absatz keinen unnötigen Satz – aus demselben Grund, aus dem eine Zeichnung keine unnötigen Linien und eine Maschine keine unnötigen Teile enthält.“
Autorin: Dr. phil. Doris Märtin
Dr. Märtin schreibt Sachbücher und Ratgeber, berät in Fragen rund um Kommunikation und Wirkung und arbeitet als Trainerin für Unternehmen und Seminaranbieter. Ihr Know-how über Sprachpsychologie und Business-Kommunikation teilt sie auf ihrem Blog http://sage-und-schreibe.dorismaertin.com. Zu ihren erfolgreichsten Büchern zählen Smart talk. Sag es richtig! und Leise gewinnt.
www.dorismaertin.de