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Schreibtipp Keine Angst vor dem leeren Blatt

So überwinden Sie Schreibblockaden

Von der ersten Idee zum fertigen Text führt kein gut befestigter, klar ausgeschilderter Weg. Umso beflügelnder sind die intensiven, wenn auch allzu seltenen Momente, in denen man den Rausch der Kreativität erlebt. Ideen, wie Sie solche Momente herbeilocken, finden Sie in diesem Schreibtipp. Setzen Sie um, was Ihnen davon gefällt – mit Neugier, mit Spieltrieb, mit Lust!

Wie Sie Schreibblockaden überwinden

Schiller litt, Hemingway trank, Goethe wusste damit umzugehen: Schreibhemmungen sind auch den Großen ihres Fachs ein Begriff. Wirklich los wird man sie nicht – doch in den Griff bekommt man sie durchaus. Schreibblockaden und wie man sie durchbricht – hier sind unsere Tipps.

„Gefetzt!“ pflegte der niederländische Journalist Ischa Meijer zu rufen, wenn er seine tägliche Zeitungskolumne wieder einmal geschafft hatte. Einen Text zügig runterzuschreiben, „hinzufetzen“ und ihn auch nach kritischer Betrachtung noch gut zu finden, das wünschen sich die meisten Autoren. Der ganz normale Alltag sieht oft anders aus: Meistens dauert Schreiben länger als man denkt, und kostet mehr Kampf und Krampf als man selbst (und ein ahnungsloses Umfeld) meint.

Im Grunde ist writer’s block eine Art Stressreaktion: Beim Schreiben stürmen so viele Informationen, Assoziationen, Ansprüche, Regeln und Zweifel auf uns ein, dass sich ein lähmendes Gefühl der Überforderung und des Ungenügens breit macht. Plakativ ausgedrückt: Weil zu viel abläuft im Kopf, besteht die Gefahr, dass am Ende gar nichts mehr läuft. Wer diese Wahrheit akzeptiert und einkalkuliert, hat schon viel gewonnen. Zusätzlich kommt es darauf an, entspannt kleine Schritte zu tun, statt verkrampft auf den großen Wurf zu warten.

In bester Gesellschaft

Die folgenden Zitate zeigen: Schreibblockaden sind ein Berufsrisiko. Der geeignete Umgang damit gehört zum Geschäft.

Dante Alighieri (1265–1321),

Autor der Göttlichen Komödie: „Es schien mir, als hätte ich ein für meine Kräfte zu hochgestecktes Thema aufgegriffen, und zwar so sehr, dass ich Angst hatte, gegen es anzutreten, und so blieb ich mehrere Tage lang, verlangte danach zu schreiben, und hatte Angst, zu beginnen.“

Gustave Flaubert (1821–1880),

Autor von Madame Bovary: „Du weißt nicht, wie es ist, den ganzen Tag mit dem Kopf in den Händen zu verharren und zu versuchen, dein unglückliches Gehirn auszuquetschen, um ein Wort zu finden.“

Ernst Hemingway (1899–1961),

Autor von Der alte Mann und das Meer: „Es kommt einfach nichts mehr.“

Scheibchenweise vorgehen

Schon die Griechen wussten: Texte entstehen nicht in einem Kraftakt, sondern in einer Abfolge klar voneinander abgegrenzter Arbeitsschritte: brüten, strukturieren, Rohtext schreiben, überarbeiten, korrigieren.

Zwar schreiben Sie vermutlich ab und zu eine Textpassage in einem Zug und druckreif nieder. Dieses Schreiben im Alphazustand ist perfekt, aber alles andere als normal. Genießen Sie deshalb das Flow-Erlebnis als beflügelnde Ausnahme – aber machen Sie nie den Fehler, darauf zu warten, der geistige Höhenflug möge sich rechtzeitig vor Abgabetermin einstellen oder Sie über das ganze Projekt hinweg begleiten. Die Liste zeigt den fünfstufigen Schreibprozess. Er bringt Sie auch dann ans Ziel, wenn Sie gerade nicht die Muse küsst.

In fünf Schritten aus der Schreibblockade

So überwinden Sie Ihre Schreibblockaden
  1. Brüten
    Lassen Sie das Thema auf sich wirken
  2. Gliedern
    Spinnen Sie den roten Faden
  3. Schreiben
    Bringen Sie Ihre Gedanken zu Papier – schnell und unzensiert
  4. Überarbeiten
    Bringen Sie die Erstfassung in Form – stilbewusst und kritisch
  5. Korrigieren
    Beheben Sie Rechtschreib- und Interpunktionsfehler

Ideen sammeln

Sammeln Sie, was das Zeug hält: Zeitungsartikel, Prospekte, Webfavoriten. Wenn Sie partout nicht weiterwissen, sieben Sie das Material durch. Irgendeine Idee fällt dabei immer ab.

Außerdem wichtig: Reden Sie über Ihr Thema. Gespräche sind, so Nietzsche, „Geburtshelfer für Gedanken“. Nutzen Sie sie gezielt als Möglichkeit, Ideen zu präzisieren, in Worte zu fassen, weiterzudrehen. Ihre Zuhörer sollten interessierte Sparrings-Partner, müssen aber keine Insider sein.

Gute Einfälle kultivieren

Schreiben heißt nicht oder jedenfalls nicht nur, grübelnd vor dem Laptop zu sitzen. Schreiben beginnt viel früher: bei der inneren Auseinandersetzung mit dem Thema. Sie findet statt, wo Sie gehen und stehen: beim Bügeln, unter der Dusche, auf dem Rennrad, beim Zeitunglesen. „Ich beschäftige mich intravenös die ganze Zeit damit“, sagt die Werbetexterin Veronica Claßen über ihre Art, Textideen zum Sprudeln zu bringen.

Wie von selbst entstehen in dieser Phase der Inkubation Text- und Gliederungsideen – man muss sich nur die Mühe machen, sie zu bemerken und festzuhalten. Nutzen Sie dafür Notizbücher, Post-its, Zettel, Bierdeckel, Servietten oder auch die Sprachaufnahme Ihres Mobiltelefons.

Gedanken Raum geben

Texte kann man sich abringen, Wort für Wort, Nacht für Nacht. So arbeitete Schiller. Oder man lockt sie herbei. Diesem Prinzip folgte Goethe. Thomas Mann beschrieb in seiner Erzählung Schwere Stunde den Unterschied. Während Schiller sich mit dem „Wallenstein“ abquälte, stand ihm die so viel lässigere Arbeitsweise des Freundes und Konkurrenten vor Augen:

„Der war weise. Der wußte zu leben, zu schaffen; mißhandelte sich nicht; war voller Rücksicht gegen sich selbst.“

Zwar arbeitete auch Goethe konzentriert und fast ununterbrochen. Aber anders, zwangloser: Wenn er nicht vorankam, wandte er sich erst einmal einer anderen Aufgabe zu. Eine „ausgeklügelte Vielfelderwirtschaft“, nannte SZ-Redakteur Gustav Seibt das Vorgehen, „die für jede Gestimmtheit und Konzentriertheit ihr passendes Tun bereit hält und darum keine Minute verschenkt.“ Anders als Schiller gönnte Goethe sich auch regelmäßige, lange Ferien. Sein Arbeitspensum verringerte er deshalb nicht: Wahlverwandtschaften und der West-östliche Diwan entstanden zu einem großen Teil im Kurbad, im Freien, sogar in der Reisekutsche.

Gegen Schreibblockaden vorbeugen

In den Flow kommen und Schreibblockaden vorbeugen ✔ Heute empfehlen Psychologen und Neurologen genau diese Lebensweise zur Vorbeugung gegen Schreibblockaden:

  • regelmäßiges Schreiben
  • konstante Gewohnheiten
  • viel Bewegung
  • ausreichend Schlaf
  • eine inspirierende Umgebung

Alles zusammen schafft die Voraussetzung für das, was wir Flow, Alphazustand oder die perfekte Welle nennen – jene unangestrengte Konzentriertheit, in der uns zuzufliegen scheint, was wir uns ansonsten mühsam erarbeiten.

Praxistipp Spielräume

Um nach dem Goethe-Prinzip arbeiten zu können, brauchen Sie Zeit:

  • Handeln Sie realistische Termine aus. Druck ist einer der größten Schreibhemmer.
  • Fangen Sie an, auch wenn der Abgabetermin noch in weiter Ferne liegt.
  • Überlegen Sie, wie viele Seiten Sie pro Tag schaffen können. Schreiben ist geistige Schwerarbeit: Nach vier Stunden Konzentration versickert der kreative Fluss.
  • Halten Sie sich nicht zu lang mit dem Rohtext auf! Eine gute Textqualität erzielen Sie, wenn Sie für das Überarbeiten mindestens genauso viel Zeit einplanen wie für die Erstfassung.

Anfangen statt aufschieben

Writer’s Block führt zu Vermeidungshandlungen: Schreibtisch aufräumen, Kaffee kochen, Bleistifte sortieren, rasch noch ein Telefonat erledigen, E-Mails checken. Sollte Ihnen das Problem bekannt erscheinen, kommen Sie am besten in die Gänge, wenn Sie sich selbst überlisten: Vereinbaren Sie täglich drei, vier Mini-Schreibblöcke von höchstens 20 Minuten mit sich, die Sie mal eben so zwischendurch erledigen. Falls es gerade gut läuft, bleiben Sie am Ball. Falls nicht, haben Sie den einen oder anderen Gedanken gesponnen, den Sie später weiterentwickeln.

Wichtig: Während eines Mini-Schreibblocks müssen keine fertigen Textpassagen entstehen. In der ersten kleinen Schreibeinheit notieren Sie einfach, was Ihnen einfällt. Im Lauf des Tages geben Sie diese Gedanken in eine Datei ein. Später verwenden Sie noch einmal 20 Minuten darauf, das Geschriebene durchzulesen und das Wichtigste zu markieren. Gut möglich, dass dabei eine Idee für die Gliederung entsteht.

Praxistipp internetfreie Zone

Natürlich ist das Internet eine Inspirationsquelle. Aber statt bei jedem kleinen Hänger Zuflucht bei Google zu suchen, tricksen Sie sich besser aus: Richten Sie sich auf Ihrem PC extra für Schreibprojekte einen Benutzer namens „Autor“ ein. Konfigurieren Sie ihn so, dass Sie nur Zugang zu Ihren Schreibprojekten haben und nicht auf das Internet oder andere Projekte zugreifen können.

Rohtext statt Reintext

Der schlimmste Feind der Kreativität ist die innere Stimme: der Zensor in uns, der dafür sorgt, dass wir eine hohe Messlatte anlegen – und darüber stolpern. Beim Überarbeiten hat er seine große Stunde, beim Schreiben des Rohtexts stört er nur.

Freewriting – das Schreiben ohne verfrühten Qualitätsanspruch und bewusste Reflexion – hilft dabei, den inneren Zensor auszuschalten und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Im Mittelpunkt steht die Erfahrung, Text in einem Rutsch zu produzieren, ohne zu stocken, zu korrigieren oder sich an einem Wort festzubeißen. Die Textqualität ist zunächst Nebensache, sie wird in einen späteren Arbeitsschritt verlagert.

Freewriting: So schreiben Sie sich frei

Stimmen Sie sich gedanklich auf Ihr Schreibthema ein:

  • Legen Sie Papier und Stift bereit oder öffnen Sie eine neue Word-Datei.
  • Lesen Sie Ihre Notizen und Unterlagen durch – am besten einmal am Vorabend und dann noch einmal, unmittelbar, bevor Sie den Rohtext schreiben. So erreichen Sie, dass Gelesenes und Gehörtes zusammen mit Ihren eigenen Ansichten und Ergebnissen unter der Bewusstseinsschwelle brodeln und sich zu neuen Perspektiven verknüpfen.
  • Legen Sie Ihre Stichworte oder Ihre Gliederung so vor sich auf den Schreibtisch, dass Sie sie vor Augen haben.

Beginnen Sie mit dem Freewriting:

  • Schreiben Sie mindestens 10 Minuten – so wie Sie joggen: ausdauernd, ununterbrochen, gleichmäßig schnell.
  • Nutzen Sie den Impuls des ersten Gedankens, halten Sie sich nicht mit Vorüberlegungen auf.
  • Ignorieren Sie Rechtschreibung, Wortwahl, Satzbau oder inhaltliche Lücken.
  • Setzen Sie den Stift nicht ab, nehmen Sie die Finger nicht von der Tastatur. Schreiben Sie ohne Pause, streichen, löschen, radieren Sie nicht.

Zugegeben: Freewriting stellt vertraute Gewohnheiten auf den Kopf. Es erfordert Mut, unzensiert darauf loszuschreiben, komme was wolle. Andererseits bringen 10 Minuten Freewriting etwa eine bis eineinhalb Seiten Text. Selbst wenn er Ihre Ansprüche nicht erfüllt, haben Sie mehr Stoff zum Nachdenken und Weiterbearbeiten gewonnen, als wenn Sie 10 Minuten lang vergeblich über dem Einstiegssatz gebrütet hätten.

Sich inspirieren lassen

Beschäftigen Sie sich mit dem Handwerk des Textens. Schauen Sie sich an, was andere machen. Lesen Sie (nicht nur Fachtexte, auch Romane, Ratgeber oder Reportagen), vergleichen Sie, ergründen Sie, warum ein Text Sie anspricht:

  • Was klingt gut?
  • Was weckt Aufmerksamkeit?
  • Was hätten Sie gern so ähnlich selbst gelöst?
  • Was können Sie übernehmen, um eigene Texte zu veredeln: die Art, Beispiele einzuführen? Ein raffiniertes Satzbaumuster? Die einprägsamen Kernsätze, die das Wesentliche in kurzen Worten auf den Punkt bringen?

Gute Seiten

Thomas Mann. Schwere Stunde. In: Thomas Mann. Erzählungen. Fischer 1997: Die 1905 erschienene Novelle erzählt von Schillers Kampf mit Selbstzweifeln und Schreibblockaden. Unbedingt lesen!

https://www.gutenberg.org/ebooks/12053

Heinrich von Kleist. Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden. 1805: Interessanter Aufsatz über das Wechselverhältnis von Sprache und Denken.

Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden

Impuls: Aktuell sein ist alles

Nutzwert ist gut, Nutzwert plus Neuigkeitswert besser. Frischen Sie Fachinformationen deshalb grundsätzlich durch alles auf, was aktuell, gefragt oder in aller Munde ist. Sie befriedigen damit die Gier nach Neuem, wirken informiert und am Puls der Zeit.

Checkliste Aktualität

So holen Sie aus Neuerungen und Neuheiten ein Maximum an Nutzwert heraus:

  • Nutzen Sie Aktuelles als Aufhänger, Beispiel oder wörtliches Zitat.
  • Auch gut: Fassen Sie Neuerungen in einem eigenen Kasten zusammen – im Sinne eines „Extrablatts“.
  • Lassen Sie sich von Ihrem Ansprechpartner im Verlag beraten, welche gesetzlichen Neuerungen oder aktuellen Entwicklungen Ihr Beitrag berücksichtigen soll.
  • Berichten Sie von Neuerungen im Präsens. Sie unterstreichen damit die Relevanz für den Leser.
    Statt: „Vor kurzem erfolgte eine Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen.“
    Schreiben Sie: „Beim Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten neu die folgenden Regelungen: …“
  • Informieren Sie Ihre Leser nicht nur, dass es eine Neuerung gibt:
    „Die verschärfte EnEV-Neufassung tritt ab 1. Oktober 2009 in Kraft.“
    Erläutern Sie darüber hinaus, welche Verpflichtungen oder Möglichkeiten sich daraus ergeben:
    „Für Bauherren, die ab 1. Oktober eine Bauanzeige erstatten, einen Bauantrag einreichen oder bei nicht genehmigungspflichtigen Baumaßnahmen mit dem Bauen beginnen, bedeutet das: …“

Autorin: Dr. phil. Doris Märtin
Dr. Märtin schreibt Sachbücher und Ratgeber, berät in Fragen rund um Kommunikation und Wirkung und arbeitet als Trainerin für Unternehmen und Seminaranbieter. Ihr Know-how über Sprachpsychologie und Business-Kommunikation teilt sie auf ihrem Blog http://sage-und-schreibe.dorismaertin.com. Zu ihren erfolgreichsten Büchern zählen Smart talk. Sag es richtig! und Leise gewinnt.
www.dorismaertin.de