01.08.2017

Return on Quality: Die Wirtschaftlichkeit von QM-Maßnahmen belegen

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Unternehmen, die eine hohe Affinität zu Maßnahmen der Organisationsentwicklung und des Qualitätsmanagements haben, typischerweise den wirtschaftlichen Nutzen von QM-Maßnahmen bewerten. Eine finanzielle Bewertung wird oft als unmöglich argumentiert. Dieser Artikel zeigt Optionen auf, wie man sich hinsichtlich der Frage der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen aufstellen kann. Das heißt nicht, dass alle Probleme lösbar sind, aber dass man zumindest Inspirationen erhält, die ggf. Probleme lösen helfen.

Die Wirtschaftlichkeit von QM-Maßnahmen belegen

Das Grundproblem – Return on Quality

Unternehmen werden oft von Kaufleuten gelenkt. Diese nutzen Kenngrößen für den Unternehmenserfolg, die EBIT oder ROI heißen. Wenn also jemand im Unternehmen die Idee einbringt, durch eine Maßnahme das (Qualitäts-)Managementsystem zu verbessern, entwickeln diese Entscheider reflexartig die Überlegung, ob sich diese QM-Maßnahme rechnet. Jedoch ist die Bewertung solcher QM-Maßnahmen aus der kaufmännischen Perspektive oft nicht so ohne weiteres möglich.

Rentabilitätsverbesserungen durch QM-Maßnahmen

Das Problem ist nicht neu. Prof. Gert F. Kamiske hat schon in den 80er Jahren diese Frage in seinem Buch „Effizienz und Qualität“ thematisiert, indem er die These aufgestellt hat, dass Maßnahmen des Total Quality Managements zu erheblichen Rentabilitätsverbesserungen führen, wenn sie in ihrem Zusammenspiel miteinander wirksam werden.

Die Gretchen-Frage

Wie belege ich die Wirtschaftlichkeit? Es gibt nun unendlich viele denkbare Situationen, die zu besprechen jede Grenze überschreiten würden. Daher möchte ich anhand von wenigen typischen Maßnahmen die Handlungsoptionen erläutern.

1. Ad-hoc-Maßnahmen

Diese Maßnahmen sind von Wirtschaftlichkeitsüberlegungen nicht betroffen, da sie meist schon umgesetzt sind, ehe ein Entscheider im Unternehmen davon Notiz nimmt. Im Regelfall sind die Aufwendungen für diese Maßnahmen gering, so dass sie „unter dem RADAR“ fliegen.

 2. KVP-Maßnahmen

Eine KVP-Maßnahme kommt selten alleine – die Geschäftsführung sieht oft nicht endende Scharen von Maßnahmen, die Mannjahre an Arbeitsleistung verschlingen und oft nicht direkt eine Wertschöpfung generieren oder verbessern. Durch eine Priorisierung werden die offensichtlich weniger nützlichen QM-Maßnahmen aus dem Rennen genommen. Die Priorisierungskriterien enthalten üblicherweise Aspekte wie „Aufwand“ und „Nutzen“.

Expertenrat

Ein kaufmännisch geprägter Mensch wird unruhig, wenn diese Kriterien nur attributiv bewertet werden. Attribute wie „hoch“ oder „niedrig“ geben kein klares Bild der Lage.

Logarithmische Überlegungen können da helfen: bis 100,- Euro oder innerhalb einer Mannstunde  erledigt, bis 1000,- Euro oder innerhalb 1 Manntags erledigt, bis 10000,- Euro oder innerhalb 10 Manntage erledigt oder schließlich größer 10000,- Euro und über 10 Manntage Aufwand. Damit haben Sie griffigere Attribute als „niedrig“, „mittel“ und „hoch“. Ich habe erlebt, dass Führungskräfte mit diesen Attributen leichter zu Entscheidungen kommen.

Dasselbe gilt für den Nutzen: ich kann finanzielle Intervalle festlegen, die die QM-Maßnahme charakterisiert. Beispielsweise könnten diese so lauten:

  • „kein wirtschaftlicher Vorteil“,
  • bis zu 1000,– Euro Kostenersparnis pro Monat,
  • bis zu 10000,– Euro Kostenersparnis pro Monat und
  • über 10000,– Euro Kostenersparnis pro Monat.

Es ist wichtig, sich situativ Gedanken zu machen, welche Festlegungen in der eigenen Situation sinnvoll sind.

3. Maßnahmen aus externen Audits

Die externen Auditoren fordern Maßnahmen, die nicht zur Diskussion stehen, weil typischerweise die Aufrechterhaltung eines Zertifikats daran hängt. Damit entfällt in der Regel die Diskussion QM um den Nutzen. Dies ist im Einzelfall schade, weil der Geschmack zurückbleibt, dass man die Maßnahme nur für das Zertifikat macht, was schlimmstenfalls tatsächlich so ist.

4. Maßnahmen auf Wunsch der Fachabteilungen

Wenn eine Maßnahme von einer Fachabteilung beauftragt wird, gilt in vielen Unternehmen die Regel, dass der Auftraggeber zahlt. Damit ist die Lage hinsichtlich der Argumentation gegenüber der Geschäftsführung stark vereinfacht. Entweder die Diskussion wird mit der Fachabteilung ausgetragen, oder die Diskussion findet erst gar nicht statt, weil es sich um ein Prestige-Projekt eines Bereichs handelt. Auch in Unternehmen sind Entscheidungen nicht immer rational. Solange Entscheidungen zum Nutzen des Unternehmens fallen, ist die Argumentation sicher sekundär. Trotzdem wäre auch in diesem Fall eine wirtschaftliche Bewertung hilfreich, um den Eindruck von Ausritten einzelner Führungskräfte zu vermeiden.

5. QM-Maßnahmen aus internen Audits

Wenn man die Ergebnisse interner Audits als Grundlage für Maßnahmen hört, kommen bei manchen Kollegen Assoziationen wie „Synchron-Schwimmen“ und „Managementsystem- Ästhetik“ auf. In diesem Fall lohnt sich die wirtschaftliche Bewertung der Maßnahmen definitiv, um den Nutzen des Auditprogramms zu belegen. Ich kenne Kollegen, die ganz bewusst aufzeigen, dass die gesamten QM-Aktivitäten in Summe den Aufwand einspielen, der durch die Mitarbeiter und Budgets aufgewendet wird. Es ist in vielen Fällen möglich, die Aufwendungen für die Managementaktivitäten durch Effizienzsteigerung zu kompensieren. Hier ist die DMAIC-Methode zu empfehlen. Viele Kollegen neigen dazu, eine Problemstellung direkt anzugehen, ohne zuvor den Ist-Zustand beleuchtet zu haben.

Beispiel

Wenn ich beispielsweise in einer Verpackungsstraße ein Verbesserungspotenzial in dem Wartungszustand einer Maschine als Auditfeststellung bearbeite, so beginne ich damit, den Umfang der Stillstände zu analysieren.

Der resultierende wirtschaftliche Schaden lässt sich daraus errechnen. Somit kann ich anhand der Auswirkung des Potenzials den zu hebenden Nutzen messen. Wenn ich am Ende die Maßnahme abschließe, so kann ich feststellen, dass durch die Bearbeitung der Maschine ein monatlicher Mehrwert von x Euro für das Unternehmen gehoben wurde. Wenn diese wirtschaftlichen Effekte über das Jahr kumuliert werden, entstehen teilweise erschreckend große Zahlen.

6. QM-Maßnahmen aufgrund von Reklamationen

Die Reklamation ist einer der Königsgründe für eine Maßnahme. Das kaufmännische Verständnis sieht den Kunden im Mittelpunkt der Geschäftsaktivität. Demnach werden Maßnahmen zur Bearbeitung von Kundenreklamationen typischerweise nicht auf ihre Wirtschaftlichkeit hin hinterfragt. Gerade darin liegt eine Chance. Wenn sich zeigt, dass in Ihrem Unternehmen Potenziale dazu führen, dass Kunden dadurch negativ beeinflusst werden, so kann man die Reklamationskosten (intern/extern) hervorragend dazu nutzen, sich Gedanken über mögliche Verbesserungsprojekte zu machen, deren wirtschaftliches Potenzial sich in den Reklamationsauswertungen widerspiegelt. Daher ist hier ein wunderbarer Einstieg in Verbesserungsaktivitäten, die in ihren Auswirkungen sowohl die Kundenwahrnehmung – und damit das Image des Unternehmens – als auch die wirtschaftliche Effektivität der Wertschöpfung positiv beeinflussen, gegeben.

7. QM-Maßnahmen aufgrund behördlicher Anordnung

Besonders im Umweltbereich gilt es gelegentlich, schärfere behördliche Auflagen zu erfüllen. Dazu werden in der Regel Projekte gestartet, die oft nur mit Kosten assoziiert werden. Aber auch hier sollte man sich immer Gedanken machen, welche positiven Effekte von einem Projekt ausgehen, oder ob dieses Projekt so geplant werden kann, dass über alles gesehen eine günstige Bilanz dabei herauskommt.

Beispiel

In einer Firma wurden Wärmetauscher in die Abwärme der Produktionsanlagen gebaut. Diese gingen einher mit speziellen Filtern, die nur mit einer geringeren Befeuchtung der Luft funktionieren konnten. Die Bewertung der Maßnahme nach Ausführung zeigte, dass man nicht nur eine erhebliche Energiemenge aus dem Wärmetauscher gewinnen konnte, sondern auch große Mengen Wasser. Wäre das Wasser sauber gewesen, hätte das Projekt einen riesigen wirtschaftlichen Nutzen generiert und sich schon im zweiten oder dritten Jahr amortisiert. Durch die Notwenigkeit, das Wasser zu reinigen, war der wirtschaftliche Erfolg zwar geringer, ab trotzdem schloss das Projekt mit einer leicht positiven Bilanz ab.

Resümee

Es lohnt sich in vielen Fällen, die Wirtschaftlichkeit von QM-Maßnahmen zu bewerten. Selbst dann, wenn diese Bewertung nicht von Dritten eingefordert wird, gehört es zum Selbstverständnis eines Managementsystemverantwortlichen, dass er die Auswirkungen der eigenen Arbeit messbar macht.

Autor*in: André Moll (Dr. Moll ist Geschäftsführer der ILEP, die excellenten Unternehmen den Ludwig-Erhard-Preis verleiht.)