Qualitätsziele definieren, überwachen und erreichen
Wenn die Qualitätsziele nicht erreicht wurden, stellen sich viele Unternehmen spätestens zum Beginn des Folgejahres die Frage, wie sie die für das QM-System relevanten Ziele definieren können. Die Anforderungen der Norm sind mit der Revision erweitert worden und das zu Recht. Gibt es doch immer noch viele Unternehmen, die diese Ziele nur für den Auditor kreieren und somit ein Parallelsystem zum eigentlichen Managementsystem betreiben.
Differenzierung macht keinen Sinn
In vielen Unternehmen ist es üblich, neben den klassischen Zielen wie Umsatzsteigerungen, EBIT-Vorgaben etc. auch QM-Ziele zu pflegen. Der Unterschied ist, dass die klassischen Ziele den Mitarbeitern vermittelt und die Erfüllung doch zumindest in größeren Abständen überwacht wird. QM-Ziele hingegen dümpeln vor sich hin und im nächsten Managementreview wird festgehalten, dass man die Ziele zu einem Großteil nicht erreichen konnte. Da hier nur Aufwand für den Zertifizierungsauditor betrieben wird, hat das ISO-Komitee die Anforderungen verschärft.
Das fordert die Norm
Nach wie vor muss die Organisation Qualitätsziele schriftlich festlegen und dabei darauf achten, dass sie mit der Politik im Einklang stehen. Außerdem muss sie dabei immer die Produktkonformität bzw. Leistungskonformität im Auge behalten. Auch sollen die Ziele dazu dienen, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Die Ziele müssen überwacht, vermittelt und – wenn erforderlich – auch korrigiert werden.
Expertentipp
Wenn sich z. B. Rahmenbedingungen verändern und einzelne Qualitätsziele nicht mehr erreicht werden können, müssen diese an die neuen Bedingungen angepasst werden. Viele Unternehmen agieren aber erst im Rahmen der Managementbewertung, stellen dort fest, dass die Ziele nicht erreicht wurden und liefern bestenfalls eine Begründung. Ziele sollen aber eine motivierende Wirkung auf Mitarbeiter haben. Weiß ein Mitarbeiter schon nach kurzer Zeit, dass er die gesteckten Ziele nicht erreichen kann, wird er seine Bemühungen einstellen. So geht Leistungspotenzial verloren und Mitarbeiter werden demotiviert.
Zielerreichung muss geplant werden
Damit Qualitätsziele nicht nur reine Makulatur sind, fordert die Norm nun die konkrete Planung der Zielerreichung. Abbildung 1 stellt dar, was dazu bestimmt werden muss.
Zielvorgaben beachten
Sind Sie ein Konzernunternehmen, ist es üblich, dass die Konzernmutter diverse Zielstellungen vorgibt, die dann in den jeweiligen Niederlassungen oder Tochterunternehmen zu berücksichtigen und mit Leben zu füllen sind. Auch können Geldgeber solche Forderungen stellen. Diese müssen als Vorgabe in die Zielematrix einfließen.
Expertentipp
In der Praxis erlebt man häufig, dass die Vorgaben der Konzernmutter unrealistisch und deutlich zu hoch angesetzt sind. Wurde das bisher so hingenommen und musste am Jahresende haarklein argumentiert werden, können wir heute den Spieß herumdrehen. Da alle Vorgaben im Grunde genommen in Teilziele und Maßnahmen heruntergebrochen werden müssen, kann man wunderbar darstellen, wie viele Ressourcen nötig wären, um solch überhöhte Ziele zu erreichen. Mit diesen Zahlen, Daten und Fakten kann man dann mit dem Mutterunternehmen, sofern das möglich ist, eine konstruktive Diskussion starten. Das funktioniert übrigens genauso, wenn Ihr eigener Chef unrealistische Forderungen stellt. Nutzen Sie daher die neuen Anforderungen für sich!
Mit Politik im Einklang
Wie schon erwähnt, müssen die Ziele mit der Politik im Einklang stehen. Das soll heißen, dass alle Ziele der in der Politik festgeschriebenen Richtung folgen müssen. Ergeben sich hier Widersprüche, fallen diese nicht nur Ihrem Zertifizierungsauditor auf. Auch bei Ihren Mitarbeitern könnten Sie durch ein solches Zielkonstrukt an Glaubwürdigkeit verlieren.
Schwammige Qualitätsziele sind tabu
Jedes Ziel muss in irgendeiner Form messbar sein. Wie wollen Sie sonst die Zielerreichung überprüfen? In der Regel haben wir oben angesiedelt die Globalziele (wie z. B. Qualität steigern). Damit daraus aber wirklich konkrete Maßnahmen abgeleitet werden können, müssen Teilziele herausgearbeitet werden (z. B. die Senkung der Reklamationsquote um 5 %). Wenn die Zuständigkeiten und genauen Inhalte des Teilziels auch noch nicht aussagekräftig sind, muss man ggf. auf die Bereichs- oder Abteilungsebene heruntergehen (Versand: keine Reklamationen aufgrund fehlerhafter Verpackungen). Erst dann hat man einen Verantwortlichen (hier den Leiter Versand) und kann konkrete Maßnahmen ableiten (sofern man weiß, was die Gründe für die Verpackungsreklamationen waren).
Absolute Zahlen ohne Aussage
Ein weiterer Stolperstein ist, dass immer wieder Vorgaben in absoluten Zahlen gemacht werden. So darf es im nächsten Jahr maximal 100 begründete Reklamationen geben. Eine solche Vorgabe macht keinen Sinn. Wenn sich die Zahl Ihrer Aufträge zeitgleich halbiert, käme es nach dieser Vorgabe zu einer Verschlechterung der Ergebnisse. Legen Sie daher immer relative Zahlen als Maßstab zugrunde, wie z. B. die Senkung der Reklamationsquote um 10 % im Vergleich zum Vorjahr, wobei sich hier die Reklamationsquote als Anzahl der Reklamationen in Verhältnis zur Anzahl der Aufträge versteht.
Qualitätsziele, die bereits erreicht sind
Es macht ebenfalls kaum Sinn, Ziele zu definieren, die das Unternehmen bereits erreicht hat. Ein Unternehmen hat z. B. eine gemessene Kundenzufriedenheit von 97,1 % erreicht. Für das darauffolgende Jahr wird sodann als Ziel eine Zufriedenheit von 95 % gefordert, da diese Zahl immer noch weit über dem Branchenschnitt liegt. Eine solche Vorgehensweise ist nur opportun, wenn im kommenden Zeitraum massive Preiserhöhungen geplant sind, die sehr wahrscheinlich eine Abnahme der Kundenzufriedenheit zur Folge haben wird. Wenn allerdings einfach nur alles beim Alten bleibt, sollte eine derartige Zielgröße besser als Prozesskennzahl festgelegt werden (siehe Praxisbeispiel).
Richtige Kommunikation ist unverzichtbar
Haben Sie Ihr Zielkonstrukt fertig aufgebaut, muss es im Unternehmen kommuniziert werden. Da die erste und zweite Führungsebene in der Regel bei der Erstellung der Vorgaben involviert sind, heißt es nun, die darunterliegenden Ebenen zu informieren. Hier macht es sicherlich keinen Sinn, allen Mitarbeitern das komplette Zielsystem vorzustellen und zu erläutern. Die Mitarbeiter sollten aber auf jeden Fall die Ziele kennen, an deren Erreichung sie maßgeblich beteiligt sind. Letztlich werden in vielen Fällen auch gemeinsam mit den Mitarbeitern geeignete Maßnahmen zur Erreichung der Ziele definiert.
Überwachung ist ein Muss!
Ein großer Fehler ist es, die Ziele bis zum Ablauf des Geschäftsjahres nicht weiter zu beachten. Sicherlich wird es Führungskräfte geben, die alles dafür tun, diese Ziele auch bestmöglich umzusetzen. Es gibt oft aber auch andere, die einfach so weitermachen wie gewohnt. Stellt man dann zum Jahresende fest, dass die Ziele nicht erreicht wurden, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Daher sollte die Zielerreichung regelmäßig überwacht werden, z. B. in monatlichen Führungsmeetings. Ist sie gefährdet, müssen die Gründe festgestellt und Abhilfemaßnahmen geschaffen werden. Machen externe Einflüsse die Zielerreichung unmöglich, muss eine entsprechende Zielkorrektur durchgeführt werden.
Information der Mitarbeiter
Auch sollten die Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen über den aktuellen Stand informiert werden. Wenn diese sich dafür einsetzen, das Unternehmen voranzubringen und an Zielen aktiv mitarbeiten, ist ein wertschätzender Umgang Pflicht. Zeigen Sie ihnen, wozu ihre Bemühungen bisher geführt haben und was noch aussteht. Läuft etwas richtig gut, geizen Sie nicht mit Lob. Die hierdurch entstehende intrinsische Motivation wirkt auf Dauer stärker als finanzielle Anreize.
Praxisbeispiel
Achten Sie bei der Zieldefinition darauf, dass Sie Ziele und Maßnahmen nicht vertauschen. So ist zum Beispiel „Hallendach 1 bis 31.12.2018 sanieren“ kein Ziel, sondern lediglich eine Maßnahme. Mögliche Ziele dahinter könnten sein:
- Reduzierung der Energiekosten in Halle 1 um 25 %
- Vermeidung von Warenbeschädigungen aufgrund von Feuchtigkeit
- Steigerung der Veräußerungsmöglichkeiten der Immobilie
Solche Fehler findet man häufig. Regelmäßig taucht z. B. die Zielsetzung „Einführung eines neuen ERP-Systems“ oder andere Softwaretools auf. Führen Sie sich hier vor Augen, warum Sie die Software ersetzen wollen oder müssen. Wollen Sie die Leistungsfähigkeit Ihres Unternehmens steigern oder ist es vielmehr ein notwendiges Übel, weil Ihre jetzige Software nicht mehr unterstützt wird? Bringen Sie den tatsächlichen Grund auf den Punkt.