Prozessvisualisierung: So bilden Sie Ihre Unternehmensprozesse ab
Um ein funktionierendes Prozessmanagement zu leben, ist es notwendig, eine einheitliche und für alle eindeutige und verständliche Dokumentation der Prozesse sicherzustellen. Die Dokumentation sollte den Menschen im Unternehmen als Navigationsmittel dienen, um sich im Managementsystem zurechtzufinden. Zusätzlich muss sie Nachweise über die in die Unternehmenspraxis umgesetzten Normanforderungen erbringen.
Transparente Visualisierung eines Prozesses
Viele unterschiedliche Symbole sind nur für den Insider bzw. Fachmann eine echte Hilfe. Eine umfangreiche Nomenklatur erschwert den Mitarbeitern (Beteiligten, Berufsgruppen) das Verständnis der Prozesse beträchtlich. In der Regel reichen einige wenige, aber dafür klare und gut unterscheidbare Symbole für die Prozessvisualisierung völlig aus.
Symbole festlegen
Für die grafische Prozessdarstellung ist entscheidend, dass mit einer einheitlichen Symbolik gearbeitet wird, d.h., die Sinnbilder müssen unternehmensintern standardisiert werden.
Eine Vielzahl unterschiedlicher Symbole ist nur für den Prozessfachmann hilfreich, verwirrt hingegen denjenigen ohne spezielles Know-how. Dies betrifft auch eine zu große Begriffsvielfalt, die es den Mitarbeitern erschwert, Prozesse zu verstehen. Meistens reichen einige wenige, dafür aber prägnante Symbole für die Prozessvisualisierung aus.
In der Praxis haben sich Symbole für den Prozessablauf etabliert, die sich an der DIN 66001 „Informationsverarbeitung; Sinnbilder und ihre Anwendung“ orientieren. Eine abweichende Symbolverwendung ist nicht ratsam, da gewohnte Symbole für den Betrachter leichter verständlich sind. Folgende Symbole können empfohlen werden:
Prozessablaufdiagramme
In einem Prozessablaufdiagramm werden die Prozessarbeitspakete, deren Ablauffolge und der dazugehörige Informationsfluss beschrieben. Dies kann durch eine verbale Dokumentation erfolgen, wird aber meistens sinnvollerweise durch grafische Flussdiagramme ergänzt. Bei der grafischen Darstellung ist unbedingt darauf zu achten, dass eindeutig hervorgeht, welche Prozessschritte durch welche organisatorische Einheit bzw. welchen Funktionsbereich durchgeführt werden. Die Reihenfolge der Schritte wird mit Pfeilen dargestellt. Jeder Prozessschritt muss durch irgendetwas ausgelöst sein bzw. in einen nachfolgenden Prozessschritt oder in einen Prozessoutput münden. Prozessschritte können nummeriert werden.
Über Prozessablaufdiagramme können Prozesse einfach, nachvollziehbar und verständlich modelliert werden, denn logische und zeitliche Verknüpfungen lassen sich am übersichtlichsten in grafischer Form darstellen. Die Vorteile einer grafischen Darstellung sind:
- Auch komplexe Prozesse können übersichtlich dargestellt werden.
- Ein- und Ausgangsgrößen sind auf einen Blick ersichtlich.
- Ressourcentransparenz und Verantwortungstransparenz werden erreicht.
- Das Verständnis komplexer Unternehmensgeschehnisse wird ermöglicht und so die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit gefördert.
Folgende Punkte müssen bei einem Prozessablaufdiagramm beachtet werden:
- Vollständigkeit: In einem Prozessmodell dürfen keine wesentlichen Objekte (Ergebnisse oder Tätigkeiten) fehlen.
- Ablaufrichtung: Die Reihenfolge der Elemente (wer ist von wem abhängig?) ist klar. Vorgänger-Nachfolger-Beziehungen werden zeitlich geordnet (in einer Vorwärtsrichtung) durchlaufen.
- Durchgängigkeit: Ein Prozess ist nur dann realisierbar, wenn alle Inputs mit allen Outputs auf lückenlosen Pfaden zusammenhängen. Dies muss in einem Modell (sog. Mapping) bewiesen werden.
- Widerspruchsfreiheit: Ein Prozess darf keine unerfüllbaren Forderungen enthalten.
- Redundanzfreiheit: Ein Prozess darf keine Doppelverläufe haben, in denen dasselbe gemacht und scheinbar dieselben Ergebnisse erzeugt werden wie an anderen Stellen im Prozess.
Folgende Kriterien sollten für eine standardisierte Prozessdarstellung fixiert sein:
Prozessname
Der Prozessname muss aussagekräftige und eineindeutig sein sowie Art und Inhalt des Prozesses selbsterklärend darstellen.
Prozesskategorie
Welchen Platz nimmt der Prozess in der Prozesshierarchie ein, wo ist er in der Prozesslandschaft angesiedelt (Führungsprozess, Kernprozess, Unterstützungsprozess, Verbesserungsprozess)?
Prozesszweck
Was soll mit diesem Prozess erreicht werden und warum ist dieser Prozess für die Organisation wichtig bzw. welchen Einfluss hat der Prozess?
Prozessinput
Ausreichende Darstellung des benötigten bzw. vorausgesetzten Inputs (Produkt/Leistung/Information):
- Benennung der Zulieferung (Was?)
- Präzisierung der Anforderungen in Form von Merkmalen und Merkmalswerten (Wie?)
- Benennung des Lieferanten bzw. Vorprozesses (Lieferant)
- Prozessoutput
Ausreichende Darstellung des erwarteten bzw. geplanten Outputs (Produkt/Leistung)
- Benennung des/der Kunden bzw. des Folgeprozesses (Kunde)
- Benennung des Ergebnisses (Was?)
- Präzisierung der Anforderungen in Form von Merkmalen und Merkmalswerten (Wie?)
Prozesseigner
Bevor mit der eigentlichen Prozessarbeit begonnen werden kann, muss für jeden Prozess ein Prozesseigner benannt werden.
Prozessteam
Die Teammitglieder sind namentlich aufzuzählen und der Rhythmus der Meetings ist zu fixieren. Wenn der Prozess läuft und alle notwendigen Schnittstellen geregelt sind, reduzieren sich diese Meetings z.B. auf zunächst monatliche, dann quartalsweise Zyklen, weil die Aufgabe nicht mehr in der Aufbauarbeit, sondern „nur“ noch in der stetigen Verbesserung besteht. Wenn es zu unerwarteten Störungen kommt, ist auch jederzeit eine kurzfristige Einberufung möglich.
Schnittstellen
Schnittstellen sind Prozesse oder Stellen (z.B. Kunden, Lieferanten, Abteilungen), an denen Produkte, Unterlagen, Informationen etc. als Input oder Output übergeben bzw. von denen oder für die Dienstleistungen erbracht werden.
Prozesskennzahlen
Prozesskennzahlen dienen als Grundlage für die Messung und Steuerung der Prozessleistungen.
Erforderliche Ressourcen
In welcher Arbeitsumgebung findet der Prozess statt und welche Geräte, Maschinen, Betriebsmittel, Infrastruktur etc. werden benötigt?
Mitgeltende Unterlagen
Unterlagen, die für einen sicheren Prozessablauf relevant sind, sind z.B. die folgenden:
- Arbeitsanweisung
- Checklisten
- Vordrucke/Formulare
- Wartungspläne
- Sicherheitsdatenblätter
- Entsorgungsnachweise
- Schichtbuch
Prozessbeteiligte
Prozessbeteiligte sind jene Mitarbeiter, die im Prozess tätig sind, und jene Personen, die für die Prozessdurchführung unbedingt erforderlich sind.
Verteiler
Wer bekommt die Prozessbeschreibungen innerhalb der Organisation?
Prozessbeschreibungen sollten an Personen außerhalb des Unternehmens nur mit Genehmigung weitergeleitet werden. Sie sollten grundsätzlich nur für den internen Gebrauch vorgesehen sein.
Änderungsdienst
Prozessdokumentationen müssen ständig an die betrieblichen Erfordernisse angepasst werden, weshalb ein Änderungsdienst eingerichtet sein muss. Wer ist zuständig für Änderungen, Prozessfreigabe, Registrierung und Verteilung?
Die Visualisierung eines Prozesses ist nicht dann abgeschlossen, wenn man keine Informationen mehr abbilden kann, sondern wenn keine Informationen mehr weggelassen werden können. Eine Methode zur transparenten Visualisierung bieten die Swimlane (= Schwimmbahnen)-Diagramme.
Swimlane-Darstellung
Die Swimlane-Methode ist ein bereichsübergreifendes Flussdiagramm (Cross-Functional Process Flowchart).
Swimlane-Diagramme, die eine Kombination von Zuständigkeis- und klassischen Flussdiagrammen darstellen, können Geschäftsprozesse am deutlichsten veranschaulichen, weil sie ihren Schwerpunkt in der Beschreibung von bereichsübergreifenden Prozessabfolgen mit den auftretenden Schnittstellen haben. Für den Betrachter einer Prozessgrafik sind in der Regel folgende Fragen wichtig:
- Wo bin ich bzw. wo ist meine Rolle, Abteilung oder Bereich?
- Was sind meine Prozesse, Tätigkeiten, Entscheidungen?
- In welcher Reihenfolge laufen die Prozesse ab? Welche Input-/Output-Informationen bzw. Schnittstellen betreffen mich?
All dies wird mithilfe der Swimlane-Methode übersichtlich und für jeden verständlich abgebildet.