02.04.2015

Prozesslandkarte: So kartographieren Sie Ihr Unternehmen

Die Entwicklung der Prozesslandkarte ist das erste Ergebnis beim Aufbau eines Prozessmanagements nach der Identifikation der Kern-, Support- und Managementprozesse. Sie ist außerdem die Basis für alle weiteren Aktivitäten zur Beschreibung, Modellierung und Optimierung der Teilprozesse und damit ein zentrales Element im Unternehmen. Alle Prozessdokumentationen werden schrittweise von dieser Prozesslandkarte abgeleitet. Dadurch lassen sich Zusammenhänge und Wechselbeziehungen erkennen. Doch wie gehen Sie beim Aufbau Ihrer Prozesslandkarte am besten vor?

Prozesslandkarte: Alle Geschäftsprozesse müssen in Kernprozesse, Management- und Supportprozesse unterteilt werden.

Vorgehen beim Aufbau einer Prozesslandkarte

Ein grundsätzliches Vorgehen zum Aufbau der Prozesslandkarte kann wie folgt definiert werden:

  1. Festlegen der Geschäfts- und Wettbewerbsstrategie
    Die Unternehmensstrategien bestimmen die Kernprozesse und deren Komplexität.
  1. Definition der Kunden-Lieferanten-Beziehungen
    Wenn Zielmärkte und Kundengruppen bekannt sind, müssen noch alle weiteren Geschäftspartner festgelegt werden, die an den Prozessen beteiligt sind. In der Regel sind das Lieferanten von Dienstleistungen oder Rohmaterialien zur Herstellung der Produkte. Die Leistungen und Beziehungen untereinander werden im Groben festgelegt. Weiterhin ist das Ergebnis zu berücksichtigen, das dem Kunden am Ende geliefert werden soll. Hierbei werden die Produktvarianten ersichtlich, die möglicherweise auch unterschiedliche Prozessvarianten aufzeigen.
  1. Identifikation der Hauptprozesse
    Im nächsten Schritt werden die Hauptprozesse benannt, die sich aus der Übersicht von Kernkompetenz, Kunden und Lieferanten ergeben. An dieser Stelle muss nicht unbedingt zwischen Kern- und Supportprozess differenziert werden. Wichtig ist hier, dass alle wesentlichen Prozesse benannt sind. Das Ergebnis ist eine unkategorisierte Übersicht.
  1. Bestimmung der strategischen Bedeutung und des Kundennutzens
    Die identifizierten Prozesse werden nun nach ihrer strategischen Bedeutung bewertet. Liefert der Prozess beim Kunden einen Mehrwert durch die erbrachte Kernleistung, so wird daraus ein Kernprozess entstehen.

Aufteilung in Kernprozesse, Management- und Supportprozesse

In der Regel ergeben sich ein bis drei Kernprozesse, die einen wahrnehmbaren Kundennutzen aufweisen und einen direkten Bezug zur Kernkompetenz besitzen. Haben die Prozesse Qualitäts- und Kontrollaufgaben zur Sicherung des Unternehmenserfolgs zum Zweck, werden sie als Managementprozesse eingeteilt.

Für Supportprozesse wird die Frage nach Eigenfertigung oder Fremdbezug geprüft. Bei Eigenfertigung müssen der Wettbewerbsvorteil und die eigene Kernkompetenz geprüft werden.

Prozesse beschreiben

  1. Kernprozesse, Managementprozesse und Supportprozesse top-down beschreiben
    Sobald die Hauptprozesse des Unternehmens identifiziert und in einer Prozesslandkarte visualisiert sind, müssen die Kernprozesse, Managementprozesse und Supportprozesse top-down bis auf Bearbeitungsebene beschrieben werden. Die Schnittstellen zu anderen Prozessen sind aufzuzeigen.
  1. Prozesse detaillieren und ggf. in Unterprozesse gliedern
    Die Prozessschritte werden in eine zeitliche und logische Reihenfolge gebracht. Bei komplexen Bearbeitungsvorgängen ist eine Gliederung der Prozesse in Unterprozesse sinnvoll. Unterprozesse erhöhen die Übersichtlichkeit.
  1. Prozesse dokumentieren
    Die Prozessabläufe werden um eine formale Prozessdokumentation ergänzt. Diese liefert Informationen über Prozessverantwortliche und Prozesskennzahlen. Die visualisierten Prozesse werden zusätzlich mit allen erforderlichen Dokumenten versehen, die zur Bearbeitung des Objekts notwendig sind. Außerdem können Formulare und Checklisten hinterlegt werden, die zu einer effizienten Arbeit beitragen.

Prozesse abgrenzen

Bevor die Prozessabläufe visualisiert werden, ist es erforderlich, die Prozesse voneinander klar abzugrenzen, damit sie eindeutig identifiziert werden können.

Sind die Prozesse identifiziert und in der Prozesslandkarte dargestellt, werden die Prozessschritte erfasst. Sie müssen eindeutig sein und sich von anderen Prozessen abgrenzen. Dadurch werden Redundanzen vermieden und es können Verantwortlichkeiten eindeutig bestimmt werden. Stehen die Prozessebenen – gegliedert in Unterprozesse – fest, können die Prozesse im Detail beschrieben werden.

Hierfür existieren folgende Bestimmungskriterien, die in die Dokumentation eingehen:

  • Prozessname: Zur Prozessabgrenzung muss ein eindeutiger Name festgelegt sein, der in der Prozesslandkarte ebenfalls nur einmal existiert.
  • Schnittstellen: Die Schnittstellen verweisen auf den Vorgänger- und Nachfolgeprozess am Beginn bzw. Ende des Prozesses. Diese Übergabestellen sind besonders kritische Punkte, da zu diesem Zeitpunkt oftmals die Verantwortlichkeit wechselt und die Übergabe häufig mit Informations-, Zeit- und Reibungsverlusten verbunden ist.
  • Input (Auslöser): Der Input beschreibt das Ereignis, das üblicherweise den Prozess anstößt. Das kann ein Bearbeitungsobjekt des Vorgängerprozesses sein, das als Ergebnis aus dem Vorgängerprozess resultiert.
  • Output (Ergebnis): Der Output beschreibt das Ergebnis, das aus diesem Prozess hervorgeht. Das kann wiede­rum ein Bearbeitungsobjekt oder ein Halbfertigerzeugnis sein, das als Input einem Nachfolgeprozess zur Weiterverarbeitung übergeben wird. Das Ergebnis liefert immer einen Beitrag zum Endprodukt für den Kunden am Ende der Prozesskette.
  • Erster Prozessschritt: Der erste Prozessschritt muss eindeutig vom letzten Prozessschritt des Vorgängers abgegrenzt sein. Überschneidungen an dieser Stelle führen zu Reibungsverlusten wie oben beschrieben.

Welche Ressourcen und Hilfsmittel werden benötigt?

Damit der Prozess effizient und effektiv ablaufen kann, werden notwendige Qualifikationen von Mitarbeitern, Arbeitsmittel, Betriebsmittel und Maschinen erfasst. Nicht nur Checklisten und Arbeitsanweisungen, sondern auch die Unterstützung durch IT-Systeme wird ebenfalls an dieser Stelle beschrieben. Ressourcen und Hilfsmittel werden in der Praxis kontinuierlich verbessert.

Eindeutige Prozessziele, definierte Messgrößen

Das Ziel des Prozesses muss eindeutig formuliert sein. Es muss zum Kundenwert beitragen und messbar sein. Es sind auch die wichtigsten Voraussetzungen für die Zielerreichung zu beachten, mit der die Erwartungen der Kunden erfüllt werden. Das führt wiederum zur vollen Kundenzufriedenheit.

Die Prozessziele lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

  • Input-bezogene Prozessziele wie z.B. Verringerung der Anzahl eingehender Beschwerden um 10 % pro Monat
  • Durchführungs-bezogene Prozessziele wie z.B. Reduzierung der Dauer einer Angebotserstellung um drei Tage bis Ende des Jahres
  • Output-bezogene Prozessziele wie z.B. Umsatzwachstum bis zum Jahresende in der Produktsparte A um 25 %

So müssen Ziele formuliert sein

Ziele müssen nach dem SMART-Prinzip formuliert sein:

  • Spezifisch,h. auf den Prozess abgestimmt
  • Messbar durch verständliche und eindeutige Beschreibung des Ziels hinsichtlich Menge, Qualität, Aufwand/Kosten und Zeitraum/Termin
  • Aktiv beeinflussbar durch freies und konkretes Handeln aus eigener Kraft
  • Realistisch innerhalb einer Frist erreichbar, zeitlich und inhaltlich überschaubar und sinnvoll
  • Terminiert auf eine bestimmte Periode

Zielinhalt, Zielausmaß und zeitlicher Bezug müssen erkennbar sein. Zielinhalt ist der sachliche Bezug, z.B.: Gewinn, Umsatz, Durchlaufzeiten, Kosten. Das Zielausmaß beschreibt den Zielerreichungsgrad, z.B.: Umsatzsteigerung um 10 %, Kostensenkung um 200.000 Euro pro Jahr.

Mehrere Ziele müssen unabhängig voneinander und widerspruchsfrei sein. Ziele dürfen sich nicht gegenseitig ausschließen.

Autor*in: Irene Zimmermann