10.03.2016

Normabschnitt 8 „Betrieb“: Änderungen bei der Produktion und Dienstleistungserbringung (Teil 3)

Dieses Mal widmen wir uns den Änderungen, die das ehemalige 7.5 Produktion und Dienstleistungserbringung betreffen. Hier hat sich einiges getan. Neu hinzugekommen ist beispielsweise ein eigener Abschnitt 8.5.5 zu Tätigkeiten nach der Lieferung.

Die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen wird in Abschnitt 8.3 der ISO 9001:2015 thematisiert

Beherrschte Bedingungen schaffen

Ein wesentlicher Aspekt bei der Produktion und Dienstleistungserbringung (Abschnitt 8.5) ist die Schaffung beherrschter Bedingungen. Was solche beherrschten Bedingungen beinhalten kann, wurde erweitert oder deutlicher formuliert. Hierzu zählen z.B.

  • die Verfügbarkeit von dokumentierten Informationen
  • die Durchführung von Überwachungs- und Messtätigkeiten in geeigneten Phasen, nicht nur am Produkt, sondern auch am Prozess
  • die Nutzung einer geeigneten Infrastruktur und Umgebung
  • die Benennung von kompetenten Personen einschließlich jeglicher erforderlicher Qualifikation
  • die Validierung von Prozessen, sofern das Ergebnis nicht verifiziert werden kann

Allerdings handelt es sich um Forderungen, die nur erfüllt werden müssen, wenn sie tatsächlich zutreffend sind. Neu ist diesbezüglich, dass die Durchführung von Maßnahmen zur Verhinderung menschlicher Fehler explizit gefordert wird. Hier bietet sich als Methode das Poka Yoke an.

Poka Yoke

Poka Yoke kommt aus dem japanischen und steht für Fehler vermeiden. Hierbei geht es insbesondere um Fehler, die durch unbeabsichtigte menschliche Fehlhandlungen entstehen, wie z.B.

  • Unwissenheit
  • Falsch verstehen
  • Verwechseln
  • Vergessen
  • Fehlinterpretation

Poka Yoke versucht durch Gestaltungsmaßnahmen am Produkt (z.B. die fehlende Ecke einer SIM-Karte, damit diese nicht falsch herum eingelegt werden kann) oder an Betriebsmitteln (Maschine lässt sich erst starten, wenn das zu bearbeitende Teil richtig eingespannt wurde) den Fehler auszuschließen.

Sollte dies nicht möglich sein, soll die Fehlhandlung möglichst nach der Ursache entdeckt werden (z. B. Farbcodierungen bei Zuleitungen für Lautsprecher-/Mikrofonanschlüsse).

Eigentum des Kunden

Der Abschnitt 8.5.3 (vormals 7.5.4) ist um das Eigentum der externen Anbieter erweitert worden. Hat also ein Unternehmen z.B. Transportverpackungen vom Lieferanten vor Ort, so muss es sorgsam damit umgehen, diese kennzeichnen (sofern sie nicht schon durch den Lieferanten klar gekennzeichnet sind), verifizieren, schützen und sichern. Wird z.B. bei der Verifizierung eine Beschädigung oder ein Verlust festgestellt, muss dies dem Lieferanten mitgeteilt und eine Aufzeichnung darüber, was sich ereignet hat, erstellt werden. Für die Kundenseite wurden diesbezüglich keine neuen Normforderungen hinzugefügt.

 

Produkterhaltung

Die Produkterhaltung Abschnitt 8.5.4 (vormals 7.5.5) ist nach wie vor sehr kurz gehalten. Was unter Erhaltung zu verstehen ist, steht in den Anmerkungen.

Dies schließt Folgendes ein:

  • Kennzeichnung (z.B. der Verpackung)
  • Handhabung
  • Schutz vor Verunreinigungen – NEU!
  • Verpackung
  • Lagerung
  • Übertragung bzw. Transport – NEU!
  • Schutz

Hier ist festzustellen, dass es zum einen neue Aspekte zu berücksichtigen gibt. Zum anderen versucht man mit der „Übertragung“ den Dienstleistungsgedanken zu betonen, der aber nach wie vor schwer darzustellen sein wird.

 

Jetzt wird’s konkret: Tätigkeiten nach der Lieferung

Neu hinzugekommen ist ein eigener Abschnitt zu Tätigkeiten nach der Lieferung.

Diese wurden in der 2008er Version nur nebenbei erwähnt. Gemeint sind hiermit z.B.

  • Tätigkeiten auf Grund von Gewährleistungsbestimmungen,
  • vertragliche Pflichten, wie z. B. die Instandhaltung oder
  • ergänzende Dienstleistungen (wie bspw. Wiederverwertung oder Entsorgung).

Die Organisation muss zunächst einmal die erforderlichen Tätigkeiten definieren und dann diese Anforderungen auch erfüllen. Dabei muss sie die gesetzlichen und behördlichen Anforderungen ebenso wie Kundenanforderungen oder Rückmeldungen vom Kunden berücksichtigen.

 

Überwachung von Änderungen prüfen und steuern

Unter Abschnitt 8.5.6 geht die neue Norm erneut auf Änderungen ein. Dabei bezieht sie sich die Änderungen am Produkt oder der Dienstleistung, wohingegen Abschnitt 6.3 sich mit Änderungen am Managementsystem auseinandersetzt.

Eine Wechselwirkung der beiden Punkte ist jedoch nicht zu vermeiden.

Die Norm fordert künftig von Unternehmen, dass die Änderungen überprüft und gesteuert werden – und zwar in einem Umfang, der notwendig ist, um die Konformität mit den Anforderungen aufrechtzuerhalten. Dies wird wieder einmal ein Punkt sein, der Unternehmen recht viel Handlungsspielraum von Seiten der Norm bietet, jedoch in manchen Unternehmen durch wesentlich stringentere gesetzliche Rahmenbedingungen oder Kundenforderungen so nicht umgesetzt werden kann.

Autor*in: Stefanie Gertz