18.08.2016

Nachhaltigkeitsmanagement und seine Auswirkungen auf QM-Systeme

Es ist nicht nur die neue ISO 9001:2015, die einen konsequenten Dialog mit den relevanten Anspruchsgruppen (Stakeholder) wie die der Öffentlichkeit fordert. Auch der anhaltende Trend zu nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen, die demographische Entwicklung, der Klimawandel und die weltweite Verknappung von Ressourcen zwingen Ihr Unternehmen in aller Regel dazu, sich mit Fragen der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Um welche Handlungsfelder es dabei geht und welche Auswirkungen dies auf Ihr QM-System hat, erfahren Sie hier.

QM-Systeme ermöglichen Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen

Warum gesellschaftliche Verantwortung übernehmen?

Was hat Ihr Unternehmen davon, wenn es gesellschaftliche Verantwortung übernimmt? Dies wird nicht nur Vertrauen bei Ihren Kunden, in der Öffentlichkeit und gegenüber anderen Anspruchsgruppen schaffen, sondern auch Ihre Chancen verbessern, die besten Mitarbeiter zu gewinnen. Darüber hinaus wirkt ein Nachhaltigkeitsmanagement positiv auf Ihre Investoren, die Sie so zur Bereitstellung weiterer Finanzmittel bewegen können. Letztendlich verbessert ein gesellschaftlich verantwortliches Handeln das Image Ihres Unternehmens und stärkt damit dessen Wettbewerbsfähigkeit. Die Abbildung zeigt die Systematik des Nachhaltigkeitsmanagements.

 

Systematik Nachhaltigkeitsmanagement
Systematik des Nachhaltigkeitsmanagements

Handlungsfeld 1: Betrieblicher Umweltschutz

Ein erstes Handlungsfeld ist der betriebliche Umweltschutz. Hier sollte Ihr Unternehmen darlegen, was es unternimmt, um die Umweltbelastung möglichst gering zu halten. Die Grundlage dafür bilden Umweltziele, die sich z.B. auf die Energieeinsparung, die Effizienz des Ressourceneinsatzes, auf Recyclingquoten, den Werkstoffeinsatz, die Vermeidung und Verwertung von Abfällen und die Reduzierung von Sondermüll beziehen. So beginnt der betriebliche Umweltschutz bereits mit einer recyclinggerechten Konstruktion. Eine wichtige Aufgabe des betrieblichen Umweltschutzes besteht ferner darin, dass Sie Ihre Mitarbeiter zu einem umweltbewussten Handeln „erziehen“.

Handlungsfeld 2: Mitarbeiter

Auch der verantwortungsvolle Umgang mit Ihren Mitarbeitern ist für Sie ein Thema. So sollte es selbstverständlich sein, alle Ihre Mitarbeiter in Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes zu schulen. Darüber hinaus können Sie Ihren Mitarbeitern Gesundheitsdienstleistungen anbieten. Dies sind z.B. freiwillige jährliche Untersuchungen, ärztliche Beratungen auf Wunsch oder Familiengesundheitstage. In dieses Handlungsfeld fallen ferner Maßnahmen zur flexiblen und familienfreundlichen Arbeitszeitgestaltung. Beispiele sind Jahresarbeitszeitkonten, Gleitzeit, Sabbaticals, Home-Office, Teilzeit und Elternzeit, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Ergänzend können Sie betriebliche Möglichkeiten der Kinderbetreuung schaffen. Zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Ihren Mitarbeitern gehört auch, dass negative Faktoren wie Stress am Arbeitsplatz offen angesprochen werden dürfen.

Handlungsfeld 3: Diversity Management

Ein weiteres Handlungsfeld bilden alle Aktivitäten, die darauf gerichtet sind, jegliche Arten von Diskriminierung in Ihrem Unternehmen zu verhindern. Ihr Ziel ist es hier, die Chancengleichheit für alle Ihre Mitarbeiter unabhängig von ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit etc. zu erhöhen. Dies betrifft nicht nur den Zugang zu Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, sondern auch den alltäglichen Umgang der Mitarbeiter untereinander.

Weitere Beispiele für das Diversity Management sind die Einrichtung von alters- und gesundheitsfördernden Arbeitsplätzen sowie die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung, die über die gesetzlichen Pflichtvorgaben hinausgeht. Der gezielten Berücksichtigung der Verschiedenheit beim Mitarbeitereinsatz liegt die Erkenntnis zugrunde, dass ungleiche Belegschaften in der Regel erfolgreicher agieren als Mitarbeiterteams in einer homogenen Zusammensetzung. Auf diesem Wege kann Ihr Unternehmen ggf. auch seine interkulturellen Kompetenzen erweitern.

Handlungsfeld 4: Absatz- und Beschaffungsmarkt

Auch das Verhalten Ihres Unternehmens am Absatz- und Beschaffungsmarkt bietet Möglichkeiten für ein verantwortungsvolles Auftreten. Dazu gehören die Gewährleistung von fairen Geschäfts-, Vermarktungs- und Werbepraktiken genauso wie der faire Umgang mit Ihren Konkurrenten und Lieferanten. Dass Ihr Unternehmen nur sichere Produkte in Verkehr bringt, sollte genauso selbstverständlich sein wie die Förderung des Verbraucherschutzes und eine umfassende Kundeninformation über die Produkte und Dienstleistungen.

Darüber hinaus muss Ihr Unternehmen die Regeln des fairen und lauteren Wettbewerbs beachten. Bei der Auswahl der Lieferanten sollte Nachhaltigkeit ebenfalls ein wichtiges Kriterium sein. Zulieferer, die Menschenrechte verletzen, sind grundsätzlich tabu. Selbstredend dürfen Korruption und Bestechung keinen Platz in Ihrem Unternehmen finden. Zum fairen Umgang mit Ihren Lieferanten gehört natürlich auch, dass Sie Lieferantenrechnungen zeitnah begleichen.

Handlungsfeld 5: Corporate Volunteering

Beim Corporate Volunteering geht es darum, dass Ihr Unternehmen das Know-how seiner Mitarbeiter – in aller Regel kostenlos – in den Dienst der Allgemeinheit stellt. Dazu gehört, dass Sie Ihre Mitarbeiter für eine bestimmte Zeit freistellen, damit diese gemeinnützige Aufgaben wahrnehmen können. Das Spektrum der Möglichkeiten kann von Vorträgen zu Wirtschaftsthemen in Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen über die Unterstützung der Kinder- und Jugendarbeit bis hin zur Beteiligung an Kultur- und Bildungsprojekten reichen.

Versuchen Sie herauszufinden, welche Ihrer Mitarbeiter sich bereits in ihrer Freizeit schon ehrenamtlich engagieren. Sprechen Sie diese direkt an und setzen Sie sie als Multiplikatoren ein. So können sie die Kollegen motivieren, sich ihrerseits für gemeinnützige Anliegen einzusetzen.

Handlungsfeld 6: Gesellschaft

Darüber hinaus kann Ihr Unternehmen auch die Möglichkeit nutzen, sich selbst in der Gesellschaft zu engagieren. Dieses Engagement betrifft nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft des Unternehmensstandorts, sondern darüber hinaus die nationale und internationale Ebene. Möglichkeiten des gesellschaftlichen Engagements sind bspw.

  • Spenden und Stipendien,
  • Öko- und Sozialsponsoring,
  • Kooperationen mit Schulen und anderen Bildungsträgern, – Unterstützung von Sportvereinen und kulturellen Einrichtungen,
  • Hilfe beim Aufbau von Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern oder Beteiligung an anderen Infrastrukturprojekten,
  • Bereitstellung von Sach- und Geldmitteln zur Linderung von Katastrophenfolgen (Flut, Sturm, Trockenheit, Erdbeben etc.)

Nachhaltigkeitsleitbild und -ziele bestimmen

Doch wie integrieren Sie das breite Spektrum von Handlungsoptionen in Ihr bestehendes QM-System? In einem ersten Schritt geht es darum, dass Sie Ihre Qualitätspolitik um ein Nachhaltigkeitsleitbild ergänzen. Bei der Formulierung von Nachhaltigkeitsleitsätzen können Sie sich z.B. an den unten aufgeführten Standards orientieren. Analoges gilt für Ihre Qualitätsziele. Ihr Nachhaltigkeitsmanagement ist nur dann glaubwürdig, wenn Sie verbindliche Nachhaltigkeitsziele ableiten und Wege aufzeigen, wie Sie diese erreichen wollen.

An diesen Standards können Sie sich orientieren:

  • GRI-Guidelines der Global Reporting Initiative (GRI)
  • OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen
  • Prinzipien des Global Compact-Projekts
  • Social Accountibility 8000 (Zertifizierungsnorm)
  • ISO 26000 (Leitfaden)
  • IQNet SR 10 (Spezifikation zur Zertifizierung)
  • Umweltnorm ISO 14001 (Zertifizierungsnorm)
  • EMAS-Verordnung

 

Nachhaltigkeitsmanagement in Prozessorganisation integrieren

Bevor Sie mit der Integration Ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten in die Prozessorganisation Ihres Unternehmens beginnen, empfiehlt es sich, zunächst einen Ansprechpartner für alle Nachhaltigkeitsbelange zu benennen. Beginnen Sie danach mit der Analyse der oben genannten Handlungsfelder.

Wenn Ihr Unternehmen noch keine Nachhaltigkeitsprogramme aufgelegt hat, können Sie zunächst in einem enger gefassten Bereich beginnen, bevor Sie Ihre Aktivitäten stufenweise auf andere Handlungsfelder ausdehnen. Richten Sie Ihre Nachhaltigkeitsprogramme und -maßnahmen am  PDCA-Zyklus aus. Wichtig ist, dass Sie von Beginn an Ihre Arbeitnehmervertreter einbeziehen.

Auditprogramm um Nachhaltigkeitsaudits ergänzen

Vergessen Sie nicht, Ihr Nachhaltigkeitsmanagement zu evaluieren. Ergänzen Sie dazu Ihr bestehendes Auditprogramm um interne Nachhaltigkeitsaudits. Setzen Sie auch die Managementbewertung ein. Weitere Möglichkeiten bestehen in der Befragung Ihrer Anspruchsgruppen, in der Analyse von Kennzahlen, z.B. zu Umweltauswirkungen oder zum Ressourceneinsatz oder in einem externen Nachhaltigkeitsrating.

Engagement muss kommuniziert werden

„Tue Gutes und rede darüber“. Entsprechend dieser Maxime sollten Sie Ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten sowohl intern, also gegenüber Ihren Mitarbeitern, als auch extern, insbesondere gegenüber Ihren Kunden, Lieferanten, Anrainern, Behörden und Investoren kommunizieren. Wichtig ist, dass diese Kommunikation authentisch wirkt. Dazu gehört, dass Sie Schwächen, Probleme und kritische Fakten offenlegen und nicht verschweigen. Neben den klassischen Medien können Sie auch eigene Veranstaltungen vor Ort einsetzen.

Autor*in: Jens Harmeier