23.10.2017

Kaufrechtliche Mängelhaftung: Neue Rechte für den Käufer bei Aus- und Einbaukosten

Der Gesetzgeber hat im März 2017 ein Gesetz beschlossen, welches am 01.01.2018 in Kraft treten wird. Hiermit schafft der Gesetzgeber eine neue Regelung zu Aus- und Einbaukosten, die künftig nicht nur bei einem Kaufvertrag zwischen einem Unternehmen und einem privaten Endverbraucher, sondern auch bei einem Kaufvertrag zwischen Unternehmern (B2B-Geschäft) im Rahmen der Nacherfüllung bei Vorliegen von Mängeln verschuldensunabhängig vom Verkäufer zu ersetzen sind.

Mängelhaftung: Das müssen Käufer wissen

Warum wurde die Gesetzesänderung vorgenommen?

Liegt ein Mangel vor, hat ein Käufer bestimmte Rechte. Nach der bisherigen Rechtslage fehlt hierin eine Haftung des Verkäufers für den Ausbau einer mangelhaften und den Einbau einer mangelfreien Sache. Solche Kosten, die nicht selten in keiner Relation zum Kaufpreis stehen, könnten allenfalls im Wege eines Schadensersatzanspruchs zu ersetzen sein, jedoch würde dies aufseiten des Verkäufers ein Verschulden hinsichtlich des Mangels erfordern. Wenn der Verkäufer jedoch nicht zugleich Produzent des Teils ist, sondern z.B. ein Händler oder Handwerker, der seinerseits das Produkt nur vom Großhandel oder sonst woher bezogen hat, liegt ein Verschulden in aller Regel nicht vor. Dann bleibt der Käufer nach der bisherigen Rechtslage auf den Aus- und Einbaukosten sitzen.

Allerdings hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2011 zur Auslegung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie – also im B2C-Geschäft – entschieden, dass der Verkäufer einer beweglichen Sache im Rahmen der Nacherfüllung gegenüber einem Verbraucher verpflichtet ist, die bereits in eine andere Sache eingebaute mangelhafte Kaufsache auszubauen, die Ersatzsache einzubauen und die Kosten für beides zu tragen (EuGH NZBau 2008, 2037). Der Bundesgerichtshof (BGH) legte daraufhin § 439 BGB in seiner bisherigen Fassung so wie vom EuGH gefordert aus und bejahte eine Ersatzpflicht des Verkäufers für Aus- und Einbaukosten (BGH NJW 2012, 1073). Aber dies galt nur bei einem Kaufvertrag mit einem Verbraucher (B2C-Geschäft).

Für einen Kaufvertrag zwischen Unternehmern galt dies nicht (BGH NJW 2008, 2837). Dies ist landläufig als ungerecht empfunden worden.

Was wurde beschlossen?

Der Gesetzgeber hat ein „Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung“ beschlossen. Mit dem Gesetz werden zum einen die allgemeinen Regeln des Werkvertragsrechts im BGB um spezifische Regelungen eines Bauvertragsrechts ergänzt. Darum geht es in diesem Beitrag nicht, sondern um den zweiten Bestandteil dieses Gesetzes: die Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung. Hiermit soll die unterschiedliche Behandlung von B2B-Geschäft und Verbrauchsgüterkauf (B2C-Geschäft) beendet werden. Es wird ein Nacherfüllungsanspruch des Käufers neu eingeführt, der einheitlich einen Anspruch auf Ersatz von Aus- und Einbaukosten regelt. Nicht nur Verbrauchern, sondern auch Unternehmern als Käufer wird nun ein verschuldensunabhängiger Anspruch gegen den Verkäufer der mangelhaften Kaufsache auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten zustehen.

Wann tritt die Gesetzesänderung zur Mängelhaftung in Kraft?

Die Änderungen der kaufrechtlichen Mängelhaftung werden am 01.01.2018 in Kraft treten. Für alle Verträge, die noch 2017 geschlossen werden, gilt das neue Recht noch nicht (Artikel 229 EGBGB).

Welche neuen Gesetze werden eingeführt?

In § 439 BGB wird ein neuer Absatz 3 eingeführt:

„Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen. § 442 Abs. 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass für die Kenntnis des Käufers an die Stelle des Vertragsschlusses der Einbau oder das Anbringen der mangelhaften Sache durch den Käufer tritt.“

Das ist die Kernvorschrift der neuen Regelung. Wenn eine mangelhafte Kaufsache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck eingebaut oder angebracht worden ist, ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder nachgelieferten Sache zu ersetzen. Weiter ist erforderlich, dass der Käufer gutgläubig war, also im Zeitpunkt des Einbaus oder des Anbringens den Mangel nicht kannte.

Flankiert wird diese Kernvorschrift durch weitere Gesetzesänderungen:

  • Ergänzung des AGB-Rechts, dass man von diesem neuen Recht in AGB nicht abweichen darf und dass entsprechende AGB-Klauseln unwirksam sind (§ 309 Nr. 8 b) cc) BGB neue Fassung);
  • Einführung eines neuen § 445a BGB, mit dem der Verkäufer, der seinem Käufer auf Ersatz von Aus- und Einbaukosten haftet, einen Rückgriffsanspruch gegen seinen Verkäufer hat;
  • Einführung eines neuen § 445b BGB zur Verjährung eines solchen Rückgriffsanspruchs gegen den Verkäufer frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt, in dem der Verkäufer die Ansprüche seines Käufers erfüllt hat.

Kann der Verkäufer einer Haftung für Aus- und Einbaukosten entgehen?

Für die Praxis ist es natürlich von erheblicher Bedeutung, ob ein Verkäufer nun das neue Gesetz dadurch umgehen kann, dass er mit seinem Käufer etwas anderes vereinbart.

Hierbei ist zwischen AGB und Individualvereinbarung zu unterscheiden.

Nach der Begründung des Gesetzgebers soll es möglich bleiben, dass der Verkäufer seine Haftung für Aus- und Einbaukosten vertraglich abbedingt. Dies gilt aber nur, wenn er eine Individualvereinbarung schließt. Das bedeutet aber, dass er einen Käufer finden muss, dem eine solche Haftungsbeschränkung bewusst ist und der sich trotzdem damit einverstanden erklärt. Ein gewiefter Käufer würde dies wohl nicht tun.

In den AGB ist ein Ausschluss einer Haftung für Aus- und Einbaukosten definitiv unwirksam. Das nun eingeführte Klauselverbot in § 309 Nr. 8 b) cc) BGB neue Fassung gilt unmittelbar nur für die Verwendung von AGB gegenüber Verbrauchern (B2C-Geschäft).

Im B2B-Geschäft gelten solche Klauselverbote zwar nicht unmittelbar. Allerdings entfalten sie ihre Wirkung mittelbar über die Generalklausel des § 307 BGB, der unangemessene Benachteiligungen in AGB-Klauseln grundsätzlich verbietet. Es ist daher davon auszugehen, dass auch im B2B-Geschäft eine AGB-Klausel unwirksam ist, die die Haftung des Verkäufers für Aus- und Einbaukosten beschränkt oder gar ausschließt. Eine Ausnahme soll nach der Gesetzesbegründung nur dann gelten, wenn sie durch die besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Verkehrs angezeigt ist. Bisher konnte aber noch niemand sagen, welches Beispiel hierunter fallen könnte.

Welche Maßnahmen sind nun geboten?

Auch wenn die Gesetzesänderung erst am 01.01.2018 in Kraft treten wird, sollte man jetzt schon die Verträge und AGB anpassen.

Üblicherweise regelt man in Einkaufs-AGB, dass dem Käufer sämtliche gesetzlichen und vertraglichen Rechte ungekürzt zustehen. Hiermit will man eine widersprechende Formulierung zu üblichen Haftungsbeschränkungen in Verkaufs-AGB kreieren, damit sich solche widersprechenden AGB-Klauseln gegenseitig aufheben. In eine solche Klausel in Einkaufs-AGB sollten die §§ 445a, 445b BGB neue Fassung ausdrücklich aufgenommen werden. Als Käufer sollte man auch darauf achten, in Individualvereinbarungen (als Gegenstück zu AGB) Vereinbarungen zu treffen, dass die gesetzlichen Rechte zum Rückgriff in der Lieferantenkette unberührt bleiben.

Ein Anpassungsbedarf der üblichen Verkaufs-AGB ergibt sich aus dem neuen Gesetz nicht unmittelbar. Auch hier sollte man allerdings darauf achten, in den AGB eine Klausel etwa wie folgt zu verwenden: „Der Verkäufer ist berechtigt, nach den gesetzlichen Bestimmungen eine Nacherfüllung zu verweigern.“ Üblicherweise ist eine solche Klausel in den Verkaufs-AGB enthalten. Sie gilt dann auch für das neue Gesetz.

Autor*in: Dirk Mecklenbrauck