Ein Muss: Prüfmittelmanagement
Prüfmittel unterliegen im Zeitablauf Veränderungen, seien sie durch Verschleiß, Verschmutzung, Verstellung, Beschädigung, physikalische oder chemische Umwelteinflüsse bedingt. Dies führt dazu, dass sie ungenau werden, die Folge sind fehlerhafte Prüfergebisse. So fordert auch die ISO 9001, dass Ihr Unternehmen geeignete Prüfmittel bereitstellt, um konforme Produkte herstellen zu können. Die Grundlage dafür bildet ein effektives Prüfmittelmanagement als wesentliches Element Ihres QM-Systems.
Ungeeignete Prüfmittel verursachen hohe Kosten
Anforderungsgerechte Qualitätsprüfungen können Sie nur mit einwandfreien und zuverlässigen Prüfmitteln durchführen. Ansonsten ermitteln Sie Prüfergebnisse, die zu kostentreibenden Fehlbewertungen führen. So ist es möglich, dass Sie mit Mängeln behaftete Produkte an Ihre Kunden schicken, was dann Reklamationen, Nacharbeit, Ausschuss oder gar Rückrufe zur Folge hat. Andererseits besteht die Gefahr, Gutteile als Ausschuss zu qualifizieren und dann zu vernichten.
Produkthersteller sind verpflichtet, ihre Prüfmittel auf die Kontrollfähigkeit bezüglich sicherheitsrelevanter Merkmale zu überprüfen, dies zu dokumentieren und nachzuweisen, dass die Prüfmittel regelmäßig überwacht werden. Daher ist es wichtig, dass Sie die Eignung, Zuverlässigkeit und Ausführungsqualität Ihrer Prüfmittel sicherstellen. Ein effizientes Prüfmittelmanagement ist hier gefordert.
Auf die richtigen Prüfmittel kommt es an
Zunächst kommt es für Sie auf die Auswahl von geeigneten Prüfmitteln an, die sich nach den anfallenden Prüfaufgaben in Ihrem Unternehmen richten. Dabei hat jedes Prüfmittel bestimmte Anforderungen hinsichtlich seiner Genauigkeit, Wiederholpräzision, Stabilität, Vergleichspräzision und Linearität zu erfüllen.
Achten Sie aber auch auf Nebenbedingungen Ihrer Prüfmittel. Dazu gehören eine einfache Handhabung, Bediener- und Wartungsfreundlichkeit sowie möglichst kurze Prüfzeiten. Bei Prüfmitteln können Sie unterscheiden zwischen Standardprüfmitteln, die Sie aus Katalogen von Prüfmittelanbietern nach den Vorgaben bestimmter Normen oder Richtlinien bestellen können, und Sonderprüfmitteln, die Sie für spezielle Prüfungen benötigen.
Wichtig: Prüfmittelfähigkeit sicherstellen
Bevor Sie ein Prüfmittel einsetzen, prüfen Sie zunächst, ob es den vorgegebenen Anforderungen, also den Spezifikationen für den geplanten Einsatzzweck, entspricht. Wichtige Referenzdokumente dazu sind Zeichnungen, das Pflichtenheft, gesetzliche Vorschriften und Normen.
Dazu führen Sie eine Prüfmittelfähigkeitsuntersuchung am Einsatzort des Prüfmittels durch, mit der Sie feststellen können, ob dieses unter den gegebenen Umwelteinflüssen wie Lichtverhältnisse, Staub, Schwingungen, Luftfeuchtigkeit und Temperatur die angestrebte Genauigkeit erreicht. Erst danach dürfen Sie das Prüfmittel freigeben.
Prüfmittel erfassen – aber wie?
Wichtig ist auch, dass Sie Ihre Prüfmittel datentechnisch erfassen und sie mithilfe von Stammdaten für jedes Prüfmittel in einer Prüfmittelliste inventarisieren. Zu den Stammdaten gehören insbesondere die Bezeichnung der Prüfmittelgruppe, die Prüfmittelnummer, der Standort, der Prüfnachweis, das Prüfintervall, der Prüfmittelverantwortliche, die Fabrikat-, Herstell- und Inventar-Nummer, der Hersteller, das Datum des Ersteinsatzes, der Prüfbereich, die Prüfgenauigkeit sowie das Datum der letzten Überwachung.
Hinweis
Achten Sie darauf, dass Sie alle Prüfmittel mit einer Inventar- oder Prüfmittelnummer, mit der das Prüfmittel eindeutig identifizierbar und unterscheidbar ist, kennzeichnen. Darüber hinaus sollte das Kennzeichen Auskunft über den Kalibrierstatus des Prüfmittels geben.
Unverzichtbar: Zeitliche Kalibrierintervalle festlegen
Bevor Sie Ihre Prüfmittel in Betrieb nehmen, haben Sie im Rahmen einer Kalibrierplanung Kalibrierungsintervalle zu bestimmen. Dabei handelt es sich um den zeitlichen Abstand zwischen zwei Kalibrierungen eines Prüfmittels. Für die Festlegung eines Kalibrierintervalls gibt es keine allgemeingültigen Vorgaben, da sie sich nach verschiedenen Kriterien richtet . Eine Kalibrierung in bestimmten Intervallen ist jedoch nicht zwingend.
Sie können sie auch durchführen, wenn Sie eine Notwendigkeit erkennen. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein Prüfmittel nicht bestimmungsgemäß angewendet oder gewartet wurde, beschädigt worden ist oder über einen längeren Zeitraum nicht eingesetzt wurde.
Kalibrieranweisungen erstellen – so geht’s
In einem weiteren Schritt erstellen Sie Kalibrieranweisungen für Ihre Prüfmittel, um sicherzustellen, dass alle Kalibrierungen in gleicher Weise durchgeführt werden und somit zu vergleichbaren Ergebnissen führen. In einer Kalibrieranweisung sollten Sie insbesondere aufführen,
- die Prüfmittel oder Prüfmittelgruppen, also den Anwendungsbereich,
- Angaben zur Vorbereitung der Kalibrierung (z. B. Reinigen oder Sichtprüfungen auf Beschädigungen),
- Normale und Hilfsmittel, die Sie für die Kalibrierung benötigen,
- Angaben zu Beschaffenheits-, Sicherheits- und Funktionsprüfungen,
- Einsatzbedingungen,
- Daten und Berechnungsformeln zur Durchführung der Kalibrierung,
- Beschreibung des Kalibriergegenstandes und des Kalibrierverfahrens,
- Erläuterungen zur Messgeräteunsicherheit und
- Angaben zur Auswertung und Dokumentation der Kalibrierergebnisse.
Prüfmittel kalibrieren – damit alles im Lot bleibt
Die Überwachung Ihrer Prüfmittel erfolgt mithilfe von Kalibrierungen – auch metrologische Bestätigung genannt – auf der Grundlage Ihrer Kalibrieranweisungen.
Eine Kalibrierung dient dazu, die Prüfunsicherheit, die mit jeder Prüfung einhergeht, offenzulegen, um diese verstehen und beurteilen zu können. Sie ermöglicht es Ihnen, Prüffehler zu kalkulieren, da sie die systematischen Abweichungen zwischen einem angezeigten und dem richtigen, also dem wahren Prüfwert darlegt.
Die Kalibrierung zeigt Ihnen, ob Sie das Prüfmittel weiterverwenden, nur eingeschränkt weiterverwenden oder nicht mehr verwenden dürfen. Die Ergebnisse der Kalibrierungen weisen Sie durch Kalibrierprotokolle nach.
Umgang mit fehlerhaften Prüfmitteln
Prüfmittel, die Sie nicht mehr uneingeschränkt verwenden dürfen, sperren Sie unverzüglich, sondern sie aus und kennzeichnen sie, so dass diese nicht mehr zu Prüfzwecken eingesetzt werden können, bis die Ursache für ihre Mängel gefunden und mit entsprechenden Maßnahmen beseitigt wurde.
Nach einer Justierung oder Instandsetzung haben Sie die Prüfmittel erneut zu kalibrieren. Ggf. ist auch eine Rückstufung eines Prüfmittels möglich, wobei Sie dann neue Fehlergrenzen festzulegen haben. Nicht mehr verwendbare oder rückstufbare Prüfmittel kennzeichnen Sie entsprechend und stellen eine zügige Entsorgung sicher.
Hinweis
Achten Sie darauf, dass Sie bei der Lagerung Ihrer Prüfmittel die Lagerbedingungen entsprechend den Herstellerangaben, insbesonder hinsichtlich der Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit, einhalten. Wichtig ist auch, dass Sie die Prüfmittel bei der Lagerung – aber auch beim Einsatz – gegen Verstellung sichern, die das Messergebnis ungültig machen würden. Regeln Sie ferner, welcher oder welche Mitarbeiter ausschließlich Zugriff auf die gelagerten Prüfmittel haben dürfen.
Erfolgsfaktor: Prüfmittelmanagementsoftware
Obwohl eine manuelle Vorgehensweise im Prüfmittelmanagement mithilfe von geeigneten Formblättern durchaus erlaubt ist, sollten Sie auch die Anschaffung einer Prüfmittelmanagementsoftware erwägen. Den Kosten, die diese verursacht, steht ein nicht zu unterschätzender Nutzen gegenüber.
So bietet eine Software nicht nur eine vollautomatische Terminüberwachung, sie ermöglicht zudem eine effiziente Verwaltung und Überwachung aller Prüfmittel, eine automatische Erzeugung von Identifikationsnummern, die Einbindung aller Vorgabe- und Nachweisdokumente des Prüfmittelmanagements sowie eine Vielzahl von statistischen Auswertungsverfahren und grafischen Auswertungen.
Gretchenfrage im Unternehmen: Prüfmittelmanagement outsourcen?
Wenn Sie das Prüfmittelmanagement in Ihrem Unternehmen selbst betreiben möchten, empfiehlt es sich, dafür einen Prüfmittelbeauftragen zu ernennen, für diesen die Verantwortlichkeiten und Befugnisse zu bestimmen und eine entsprechende Stelle einzurichten.
Sie haben aber auch die Möglichkeit, das benötigte Prüfmittelmanagement an ein externes Prüflabor zu vergeben. Dieses sollte nicht nur über eine angemessene technische Kompetenz verfügen, sondern auch unparteilich, unabhängig und von einer akkreditierten Einrichtung wie dem Deutschen Kalibrierdienst (DKD) zertifiziert sein.
Bedenken Sie: Ein Outsourcing des Prüfmittelmanagements führt nicht selten zu Kosteneinsparungen von bis zu 70 Prozent. Außerdem verbessert es die Kostenstruktur in Ihrem Unternehmen, da Sie durch eine Ausgliederung Ihre Fixkosten senken.
Expertentipp
Eine wertvolle Anleitung zur Implementierung Ihres Prüfmittelmanagements bietet die DIN EN ISO 10012:2004. Diese international anerkannte Norm enthält Forderungen an das Qualitätsmanagement von Prüfmitteln, um sicherzustellen, dass nur Prüfmittel mit einer beabsichtigten Genauigkeit eingesetzt werden, sowie Anleitungen zur Umsetzung dieser Forderungen.