Die neue ISO 50001:2018: Die Übergangsfrist läuft
Am 21.08.2018 hat die ISO die Revision der ISO 50001 „Energy management systems - Requirements with guidance for use“ veröffentlicht. Auf die deutsche Fassung „Energiemanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung“ mussten die Anwender bis Dezember 2018 warten. Trotzdem läuft der Countdown, also die dreijährige Übergangsfrist, bereits seit August 2018.
ISO 50001:2018 ist auf alle Unternehmen anwendbar
Die Norm legt laut Einführungstext Anforderungen für die Einführung, Umsetzung, Wartung und Verbesserung eines Energiemanagementsystems (EnMS) fest. Damit wird bezweckt, Organisationen die Möglichkeit zu geben, einem systematischen Ansatz durch die kontinuierliche Verbesserung der Energieeffizienz und des Energiemanagementsystems zu folgen. Sie gilt grundsätzlich für jede Organisation, unabhängig von Typ, Größe, Komplexität, geografischer Lage, Organisationskultur oder den angebotenen Produkten und Dienstleistungen.
Sie ist für alle Aktivitäten im Bereich Energieeffizienz anwendbar, die von der Organisation verwaltet und gesteuert werden. Sie wird unabhängig von der Menge, Nutzung oder Art des Energieverbrauchs angewandt und verlangt nach einem Nachweis der kontinuierlichen Verbesserung der Energieeffizienz.
Die neue ISO 50001 legt selbst kein zu erreichendes Ausmaß der Verbesserung fest. Einer der wichtigsten Punkte ist sicherlich, dass sie unabhängig genutzt oder an andere Managementsysteme angepasst bzw. in diese integriert werden kann.
Vorteile eines Energiemanagementsystems
Mithilfe eines Energiemanagementsystems (EnMS) soll die energiebezogenen Leistung („energy performance“) eines Unternehmens kontinuierlich verbessert werden. Wenn die Umsetzung dieses systematischen Ansatzes gelingt, können Unternehmen
- ihre energiebezogenen Leistungen verbessern,
- ihre Energieeffizienz erhöhen und
- gleichzeitig ihre Energienutzung optimieren.
Gründe für die Revision der ISO 50001:2011
Die Neufassung wurde notwendig, weil das zuständige ISO Komitee TC 301 anlässlich der turnusgemäßen Überprüfung der Norm (regelmäßig alle fünf Jahre) Handlungsbedarf gesehen hat. Außerdem war schon seit längerem geplant, die Norm aus dem Jahr 2011 auf die neue High Level Structure (HLS) umgestellt umzustellen.
Hinweis
Von der Revision sind alle Unternehmen betroffen, die nach DIN EN ISO 50001 zertifiziert sind oder sich zertifizieren lassen wollen.
High Level Structure gilt seit sechs Jahren
Seit 2012 verlangt die ISO, Managementsystem-Normen einheitlich aufzubauen. Vorgegeben ist eine Grundstruktur aus zehn inhaltlichen Abschnitten (sogenannte High Level Structure). Damit soll Unternehmen, die neben der ISO 50001 noch andere Managementsysteme (bspw. ISO 9001, ISO 14001 oder ISO 45001) eingeführt haben bzw. einführen, die Anwendung erleichtert werden.
Konkret bedeutet dies, dass die Anforderungen zu bestimmten Themen immer im selben Abschnitt zu finden sind, so dass die Integration der Systeme erleichtert wird und Synergien genutzt werden können (Stichwort Integrierte Managementsysteme, kurz IMS). Außerdem ergeben sich für Unternehmen, die mehrere Zertifizierungen vornehmen müssen, Kostenvorteile.
Die neue ISO 50001: wichtige Punkte der Revision
Wie schon erwähnt, folgt die ISO 50001:2018 jetzt der High Level Structure, die nach einem Beschluss der ISO für alle neuen Managementsystem-Normen gilt. Dadurch mussten zunächst auch einige Begriffe angepasst werden. So ersetzt bspw. die Formulierung „dokumentierte Information“ (neuer Abschnitt 7.5 die bisherigen „Dokumente“ und „Aufzeichnungen“ in Abschnitt 4.5.4 der ISO 50001:2011). Nachfolgend die für Unternehmen m. E. wichtigsten Veränderungen:
Interne und externe Themen
Beim Aufbau von EnMS sind künftig interne und externe Themen aus dem Kontext des Unternehmens im Rahmen des Energieplanungsprozesses zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die Anforderungen und Erwartungen der interessierten Parteien.
Chancen und Risiken
Schon im Energieplanungsprozess müssen Chancen und Risiken bestimmt werden, um sicherzustellen, dass das EnMS seine beabsichtigten Ziele erreichen kann, unerwünschte Auswirkungen verhindert oder verringert werde und dass eine fortlaufende Verbesserung des EnMS und der energiebezogenen Leistung realisiert werden kann. Bezüglich der erkannten Risiken und Chancen sind dann entsprechende Maßnahmen abzuleiten und im EnMS und im Energieplanungsprozess zu integrieren und umzusetzen.
Oberstes Management in der Verantwortung
Das oberste Management wird stärker in die Verantwortung genommen. Die Geschäftsführung muss gewährleisten, dass das EnMS die gewünschten Ergebnisse erzielt. Die oberste Leitung ist außerdem dafür verantwortlich, dass das EnMS kompatibel mit der strategischen Ausrichtung des Unternehmens ist und dass die Anforderungen des EnMS in die Geschäftsprozesse integriert werden.
Bildung eines Energie-Teams als Aufgabe der Geschäftsführung
Da der Managementbeauftragte weggefallen ist, ist die Geschäftsführung selbst in der Pflicht, ein sogenanntes Energie-Team (kann ggf. auch nur aus einer Person bestehen) zu bilden. Sie ist ebenfalls verantwortlich, dass diesem Team die entsprechenden Befugnisse eingeräumt werden. Das Energie-Team ist für die operative Betreuung des EnMS zuständig. Es muss die oberste Leitung regelmäßig über die Leistungsfähigkeit und die Verbesserung der energiebezogenen Leistung auf dem Laufenden halten.
In der Revisionsfassung der ISO 50001 werden verschiedene Begrifflichkeiten und Konzepte präzisiert. Dies gilt u. a. für die energetische Bewertung, die Energieleistungskennzahlen und die energetische Ausgangsbasis.
Integration der ISO-Normengruppe 50000 in die ISO 50001:2018
Die gesamte ISO-Normengruppe 50000 wurde stärker in die ISO 50001 integriert. Bspw. wurden die Anleitungen zur Aufstellung und Aktualisierung der Daten aus ISO 50006:2014 aufgenommen. Erstmalig wird verlangt, dass eine „Normalisierung“ von Energiekennzahlen und energetischer Ausgangsbasis erforderlich ist, wenn es Hinweise darauf gibt, dass sich relevante Variablen wesentlich auf die energiebezogene Leistung auswirken können.
„Plan zur Energiedatensammlung“ als Pflicht
Der bisher unter „Überwachung, Messung und Analyse“ geforderte „Plan für die Energiemessung“ wird jetzt als „Plan zur Energiedatensammlung“ Pflicht bezüglich der EnMS-Planung. So wird sichergestellt, dass die erforderlichen Daten zur Überwachung der Hauptmerkmale grundsätzlich erfasst werden müssen, da nur so die Verbesserung der energiebezogenen Leistung und die Wirksamkeit des EnMS nachgewiesen werden kann.
Was Unternehmen und Energiemanager jetzt tun sollten
Für die neue ISO 50001 ist eine dreijährige Übergangsfrist eingeräumt worden. Bis zum 20.08.2021 sind also die alte und die neue Norm parallel gültig. Die meisten akkreditierten Zertifzierer empfehlen allen betroffenen Unternehmen, sich frühzeitig mit den neuen Anforderungen vertraut zu machen. Erforderliche Anpassungen könnten so systematisch geplant werden, die Umstellung auf die überarbeitete Norm kann dann im Rahmen eines Wiederholungsaudits oder planmäßigen Überwachungsaudits durchgeführt werden.
Achtung
Die Übergangsphase beträgt zwar Jahre. Ab dem 21.02.2020, also 18 Monate nach Veröffentlichung der Norm dürfen Erst-, Überwachungs- sowie Zertifizierungsaudits aber nur noch nach der neuen ISO 50001:2018 durchgeführt werden.
Es ist m. E. daher durchaus wichtig, so früh wie möglich mit der Umstellung zu beginnen. Sie können dabei folgendermaßen vorgehen
- Verantwortlichkeiten festlegen und Projektplan erstellen.
- Delta identifizieren (GAP-Analyse).
- Dokumentierte Information ergänzen bzw. neue erstellen.
- Internes Audit durchführen.
- Konkrete Maßnahmen umsetzen (Verantwortlichkeiten, Zeitplan).