Elektromagnetische Störgrößen
Um die elektromagnetische Verträglichkeit zwischen Geräten und/oder Systemen sicherzustellen, werden die dabei verwendeten Produkte derart spezifiziert, dass einerseits Grenzwerte für die Aussendung leitungs- und strahlungsgeführter Störgrößen beim Betrieb eines solchen Produkts einzuhalten sind. Auf der anderen Seite wird gefordert, dass diese Produkte auch eine angemessene Störfestigkeit gegen Störgrößen, die von Einrichtungen aus seiner Umgebung erzeugt werden können, besitzen.
Bei der Festlegung solcher Grenzwerte für die Aussendungen und für die Pegel zur Störfestigkeit sollte ein ausreichender Abstand zwischen Grenzwerten und Pegeln beachtet werden. Als Bezugsgröße für die Festlegung dienen in der Regel Verträglichkeitspegel zur betrachteten Störgröße.
Da die Notwendigkeit zur Sicherstellung der Verträglichkeit sich nicht auf bestimmte Störgrößen oder Phänomene beschränken lässt, ist es übliche Praxis, Aussendungsgrenzwerte und Störfestigkeitspegel im Frequenzbereich zu spezifizieren, wobei aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur solche Frequenzbereiche berücksichtigt werden, in denen maßgebliche Phänomene auftreten können.
Im niederfrequenten Bereich ist über diesen Ansatz gegenwärtig der Frequenzbereich bis 2 kHz bezüglich der Aussendung erfasst. In der Praxis hat sich dabei die Begrenzung der 5. Harmonischen als am wichtigsten herausgestellt, Störungen aufgrund von Harmonischen oberhalb der 13. Oberschwingung wurden nur extrem selten berichtet.
Im hochfrequenten Bereich sind von dem technischen Normungskomitee CISPR festgelegte Aussendungsgrenzwerte schon seit Jahrzehnten für nahezu alle elektrischen und elektronischen Produkte anwendbar. Diese Grenzwerte zielen jedoch primär nicht auf die Sicherstellung einer elektromagnetischen Verträglichkeit ab, sondern eher auf den Schutz von Funkdiensten, das allerdings auch die erstere Zielstellung unterstützt. Die Festlegung dieser CISPR-Grenzwerte basiert auf einem Ansatz, bei dem sowohl die notwendigen Nutzfeldstärken zu beachten sind als auch statistische Argumente hinsichtlich der Verbreitung und des Betriebs von Störgrößen erzeugenden Geräten angewandt werden.
Daher wurden CISPR-Grenzwerte vorwiegend in Frequenzbereichen aufgestellt, in denen Funkdienste geschützt werden sollen. Dies ist im Wesentlichen oberhalb von 150 kHz der Fall (mit 150 kHz als der unteren Frequenz für Radiostationen im Langwellenbereich), sowie für wenige Dienste bei bestimmten Frequenzen unterhalb von 150 kHz.
Konsequenterweise wurde in der Vergangenheit der Frequenzbereich von 2 kHz bis 150 kHz als nicht sehr relevant für die Ableitung von CISPR-Grenzwerten (und wie im Folgenden erläutert, als auch nicht sehr relevant für die allgemeine Beeinflussungssituation) erachtet. Diese Vernachlässigung hat sich kürzlich aber stark verändert, da dieser Frequenzbereich aufgrund neuer Themen wie „Smart Grid“, „Smart Metering“ (z.B. Zählerfernauslesung), Signalübertragung auf Netzleitungen stark an Bedeutung zugenommen hat. Damit ergibt sich die Notwendigkeit, diesen Frequenzbereich bezüglich seiner EMV-Spezifikationen näher zu beleuchten; dies bedeutet die Betrachtung der Aussendungswerte und Störfestigkeitspegel zusammen mit den anzuwendenden Mess- und Prüfmethoden in diesem Frequenzbereich.
Elektromagnetische Störgrößen im Frequenzbereich von 2 kHz bis 150 kHz
Der Frequenzbereich von 2 kHz bis 150 kHz stand bisher mehr oder weniger außerhalb des Fokus der im EMV-Bereich Beteiligten.
Anforderungen an die Begrenzung von Störaussendungen existieren im Wesentlichen unterhalb von 2 kHz (Harmonische) sowie oberhalb von 150 kHz. Seit einigen Jahren haben sich dann auch Störaussendungsanforderungen im Frequenzbereich oberhalb von 1 GHz durchgesetzt, zumindest für moderne informationstechnische Produkte. Es ist leicht zu erkennen, dass im Frequenzbereich 2 kHz bis 150 kHz eine Lücke bezüglich der Störaussendungsanforderungen besteht. Dies dürfte zum großen Teil auch auf die Tatsache zurückzuführen sein, dass nur wenige Beeinflussungssituationen auftraten, die ihre Ursache in einer Unverträglichkeit bezüglich der elektromagnetischen Phänomene in diesem Frequenzbereich besitzen.
Einige Ausnahmen bezüglich der Festlegung von Störaussendungsanforderungen betreffen wenige Produktgruppen, für die leitungsgeführte Grenzwerte festgelegt wurden, wie beispielsweise Induktionskochherde oder Beleuchtungseinrichtungen.
Neben den Störaussendungen, die eher unabsichtlich beim Betrieb von elektrischen Geräten in diesem Frequenzbereich erzeugt werden, werden Teile dieses Bereichs auch für die Kommunikation auf Niederspannungsleitungen verwendet. Hierbei ist der Bereich bis 95 kHz der Kommunikation für den Niederspannungsnetzbetreiber vorbehalten und der Frequenzbereich darüber für die Signalübertragung durch Netzverbraucher bestimmt. Entsprechende Aussendungsgrenzwerte sowohl für absichtlich erzeugte Signale als auch für die unerwünschten Aussendungen solcher Kommunikationsgeräte finden sich in der Norm EN 50065-1.
Ausführliche Informationen zum Thema erhalten Sie im Produkt „Elektromagnetische Verträglichkeit“.