Dokumentation in der Cloud
„Cloud“ ist ein für viele bekannter und dennoch unklarer Begriff. Müssen wir uns als Technik-Redakteure damit auseinandersetzen oder arbeiten wir auch künftig weiter lokal auf unseren Laptops und allenfalls in einem lokalen Firmennetzwerk (LAN)? Die Antwort ist eindeutig: Die Zukunft der Technik-Informationen liegt in der Cloud.
Angefangen mit E-Mail-Servern, die schon lange in der Cloud liegen, werden wir voraussichtlich all unsere Erstellprozesse von Technik-Dokumentationen – und unsere Nutzer auch ihre Nutzungsprozesse – immer mehr über sogenannte Cloud-Services abwickeln. Daher sollten Technik-Redakteure wissen:
- Was steckt alles im Begriff „Cloud“?
- Was heißt „Cloud Native“ bzw. „cloudnative“?
- Was sind Cloud-Services?
- Wie ändern Cloud-Services unsere Arbeit als Technik-Redakteure?
- Wie erstellen wir künftig Technik-Dokumentationen und wie nutzen unsere Anwender künftig Technik-Dokumentation, wenn alles über die Cloud läuft?
Cloud – vom Angstwort zum Zukunftstreiber
Lange Jahre galt „Cloud“ als Synonym für eine unsichere Datenhaltung „irgendwo im Internet“ und nicht im vermeintlich sicheren lokalen Netzwerk (LAN). Der Begriff „Cloud“, zu deutsch „Wolke“, verdeutlicht das Prinzip: Wo der physikalische Speicher im Internet liegt, das ist für den Anwender unbekannt, der Anwender muss sich über die Verwaltung des Speichers keine Gedanken machen.
Erstmals bekannt wurde dieses Prinzip 2004 durch Facebook. Facebook bot seinen Mitgliedern die Möglichkeit, Fotos und Videos online zu speichern und zu veröffentlichen. Dropbox war dann einer der ersten bekannten Filehosting-Dienste (Synonym: Cloud Storage) und auch bekannt für die größten Sicherheitsskandale.
Die Snowden-Affäre 2013 brachte ein erstes Umdenken: Stichwort DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) und mehr. Datensicherheit, die Lage der jeweiligen Dateiserver in den USA statt in Deutschland oder Europa, Privatsphäre, Datenschutz der personenbezogenen Daten und die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung standen nun im Mittelpunkt. Cloud galt zeitweise als systemimmanent unsicher. Das Motto in der Technik-Dokumentation hieß nun einige Zeit lang: alles, nur keine Cloud-Services!
Der Virenbefall von Firmenrechnern auch in vermeintlich sicheren LANs hat inzwischen allerdings gezeigt, dass Daten in einem LAN nicht automatisch sicherer sind als in einem Cloud-Speicher. Schließlich hat auch die Coronapandemie das Umdenken in Richtung Cloud beflügelt: Abgesehen von der typischen Bedingung, Cloud-Server in Deutschland oder Europa vorzuhalten, sind alle größeren Unternehmen klar ausgerichtet auf eine Cloud-Strategie. Nur so lassen sich die rasante Weiterentwicklung im Softwarebereich, die internetbasierte Verknüpfung zwischen Maschinen und Software und auch die zunehmende weltweite Kollaboration von temporären Teams überhaupt noch managen.
Dateimanagement, die ersten Cloud-Services
Die erste und einfachste Stufe eines Cloud-Services bilden die Datenspeicher in der Cloud mit den entsprechenden Dateifunktionen, wie Dropbox, Amazon Drive, Google Drive oder Microsoft OneDrive.
Im kommerziellen Umfeld ist nach meiner Erfahrung oft OneDrive von Microsoft erlaubt oder bevorzugt. Das liegt wohl daran, dass viele Unternehmen bereits ihre Mailserver in die Microsoft-Cloud gestellt haben und Benutzer auch einen Microsoft-Account besitzen.
Industrie 4.0/IoT (Internet of Things) – die Treiber für weitergehende Cloud-Services
Industrie 4.0 bzw. das Internet der Dinge (Internet of Things) haben die internetbasierten Technologien stark vorangetrieben und inzwischen sind alle größeren Unternehmen klar ausgerichtet auf eine Cloud-Strategie.
Der Vorteil für den Anwender: Er muss sich weder über einzurichtende Hardware noch über Software als zu installierende Applikation Gedanken machen. Software wird in diesem Konzept als „Continuous Delivery on Demand“ verstanden und im Hintergrund permanent aktualisiert, und das ohne Unterbrechungen und ohne manuelle Eingriffe durch den Anwender.
Unter einer Cloud bzw. Cloud-Computing verstehen wir also heutzutage üblicherweise die internetbasierte Bereitstellung verschiedenster Dienstleistungen:
- Infrastructure as a Service (IaaS)
- Platform as a Service (PaaS)
- Software as a Service (SaaS)
- Information as a Service (IaaS)
Ausblick: Redaktionssysteme in der Cloud
Redaktionssysteme sind heutzutage noch weitgehend im LAN eines Unternehmens installiert. Der Zugriff erfolgt hier meist über Remote-Desktop-Konzepte. Bei dieser Remote-Technologie ist ein einfacher Cloud-Ansatz wie folgt gelöst: Man stellt einfach den Redaktionssystemserver und den Fat-Client eines klassischen Redaktionssystems im Rahmen einer „Infrastructure as a Service“ und „Software as a Service“ zur Verfügung. Die benötigte Remote-Desktop-Software am lokalen Rechner wird dann einfach durch eine Browserlösung bereitgestellt. Insbesondere der Redaktionssystem-Marktführer in Deutschland, Schema ST4, bewirbt so den Betrieb von ST4 als Web-Anwendung, die über die Microsoft Azure Cloud läuft. Die App-Oberfläche, d.h. alle Features und Funktionen von ST4, sind so im Browser verfügbar.
Cloud-Protagonisten bezeichnen eine solche Lösung nicht als „echte“ Cloud-Lösung, was wiederum zu dem neuen Begriff „Cloud Native“ bzw. „cloudnative“ geführt hat.
Fazit
Dieser Beitrag versucht, zahlreiche Facetten des Themas „Dokumentation in der Cloud“ aufzugreifen. Die Thematik umfasst komplexe technologische Aspekte, die einen Autor auf der Erstellerseite und einen Dokumentationsnutzer auf der Nutzerseite praktisch weniger interessieren müssen. Dennoch lassen sich aus den technologischen Aspekten einige Chancen und Herausforderungen an das künftige Arbeiten eines Technik-Redakteurs ableiten: Die klassische Thematik eines Dateihandlings wird uns Autoren mehr und mehr abgenommen. Die Informationen werden künftig vermehrt als kleine Informationseinheiten, basierend auf Use Cases und möglichen Fragestellungen der Anwender, verwaltet. Die Cloud ermöglicht, genau wie bei der Software heute schon üblich, künftig ein Information-as-a-Service in Echtzeit, wobei die Informationen laufend aktualisiert werden.
Die große Herausforderung wird die Kontrolle der Informationsflüsse sein, da auch aus Haftungsgründen jederzeit nachvollziehbar sein muss, welche Informationen einem Anwender zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung gestellt wurden.