19.11.2024

DIN EN ISO 13849-1: Funktionale Sicherheit im modernen Maschinenbau

Die DIN EN ISO 13849-1 ist eine internationale Norm, die die sicherheitstechnischen Anforderungen und Designprinzipien für Steuerungen sicherheitsbezogener Teile von Maschinen definiert. Sie ist besonders wichtig für die Maschinen- und Anlagenbauindustrie, da sie sich mit der funktionalen Sicherheit von Maschinensteuerungen befasst.

Mensch-Roboter-Kooperation

Titel der Norm

DIN EN ISO 13849-1:2023-12
Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen – Teil 1: Allgemeine Gestaltungsleitsätze (ISO 13849-1:2023); Deutsche Fassung EN ISO 13849-1:2023

Anwendungsbereich der DIN EN ISO 13849-1

Die Norm behandelt sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen (SRP/CS, Safety-Related Parts of Control Systems). Dazu gehören:

  • Hardware und Software dieser Steuerungen
  • Ihre Fähigkeit, im Fall eines Fehlers die Maschine in einen sicheren Zustand zu bringen oder eine gefährliche Situation zu vermeiden

Die Norm wird in unterschiedlichen Phasen des Maschinenlebenszyklus angewandt, von der Konzeption über das Design bis zur Verifikation.

Zentrale Konzepte der Norm

Performance Level (PL):

  • Eine zentrale Metrik, um die Zuverlässigkeit sicherheitsbezogener Steuerungen zu bewerten.
  • Der PL wird auf einer Skala von PLa (niedrig) bis PLe (hoch) gemessen.

Er basiert auf:

  • MTTFd (Mean Time to Dangerous Failure)
  • DC (Diagnosefähigkeit) und
  • CCF (Common Cause Failure)

Risikobewertung:

Die Norm erfordert eine Analyse der potenziellen Risiken, um den benötigten PL für jede Sicherheitsfunktion zu bestimmen.

Architekturklassen (Categories):

Steuerungen werden in fünf Kategorien (B, 1, 2, 3, 4) klassifiziert. Jede Kategorie definiert die Anforderungen an die Struktur und die Fehlerreaktionen:

B: Grundlegende Sicherheitsanforderungen

1: Verwendung bewährter Komponenten

2-4: Höhere Fehlertoleranzen und Redundanzmechanismen

Software- und Systemdesign:

Beinhaltet Anforderungen an die Entwicklung und Verifikation der Software sicherheitsbezogener Steuerungen.

Zusammenhang zu anderen Normen

Die DIN EN ISO 13849-1 ist eng mit anderen Normen verknüpft, insbesondere:

  • IEC 62061: Fokussiert auf die funktionale Sicherheit elektrischer Steuerungen
  • Maschinenrichtlinie 2006/42/EG: Gesetzlicher Rahmen für Maschinensicherheit in Europa

Typische Anwendungsfälle

  • Not-Aus-Schaltungen
  • Zweihandbedienung
  • Sicherheitslichtvorhänge
  • Bewegungsüberwachungssysteme

Wichtige Neuerungen der DIN EN ISO 13849-1 (2023-02 Ausgabe)

Die DIN EN ISO 13849-1:2023-02 bringt wichtige Änderungen und Klarstellungen gegenüber der Vorgängerausgabe mit sich. Hier sind die wesentlichen Neuerungen im Überblick:

Klarstellungen und Präzisierungen

Einige Begriffe wurden überarbeitet und klarer definiert, um Missverständnisse zu vermeiden, beispielsweise in Bezug auf „sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen“ (SRP/CS).

Verständlichkeit der Kategorien

Die Anforderungen an die Kategorien (B, 1, 2, 3, 4) wurden genauer erläutert, insbesondere in Bezug auf redundante Architekturen und Fehlerreaktionen.

Änderungen bei der MTTFd-Berechnung

Der maximale MTTFd-Wert (Mean Time to Dangerous Failure) für einzelne Kanäle bleibt bei 100 Jahre, jedoch wurde die Handhabung in Kombination mit anderen Parametern wie dem Diagnosedeckungsgrad (DC) und der Architektur verbessert.

Einführung neuer Berechnungshilfen

Die Berechnungsansätze für MTTFd und die Berücksichtigung von Bauteilausfallwahrscheinlichkeiten wurden aktualisiert, um sie konsistenter zu gestalten.

Überarbeitete Anforderungen an Common Cause Failures (CCF)

Die Maßnahmen zur Vermeidung gemeinsamer Fehler (Common Cause Failures) wurden klarer formuliert.

Es wurden zusätzliche Beispiele und Leitlinien hinzugefügt, um die Bewertung von CCF nachvollziehbarer zu machen.

Integration moderner Technologien

Die Norm enthält mehr Details zur Berücksichtigung sicherheitskritischer Software, insbesondere bei der Entwicklung, Verifikation und Validierung.

Der zunehmender Einsatz von programmierbaren elektronischen Systemen (PES) und deren Auswirkungen auf Sicherheitsfunktionen wurden berücksichtigt.

Klarere Vorgaben zur Validierung

Der Prozess der Validierung sicherheitsbezogener Steuerungsteile wurde detaillierter beschrieben, um die Verifizierung von Sicherheitsfunktionen zu vereinfachen und Anforderungen an die Testmethoden und Nachweise wurden präzisiert.

Praxisbezug und Benutzerfreundlichkeit

Es wurden weitere Beispiele und Hinweise für die praktische Umsetzung ergänzt, um Anwendern die Umsetzung in realen Maschinensteuerungen zu erleichtern.

Anpassung an internationale Normen

Die Norm wurde stärker an verwandte internationale Standards wie die IEC 62061 (funktionale Sicherheit von elektrischen Steuerungen) angeglichen.

Verbesserte Risikobewertung

Die Verbindung zwischen der Risikobeurteilung und der Auswahl eines geeigneten Performance Levels (PL) wurde klarer beschrieben.

Die Beispiele für die Zuordnung von PL zu spezifischen Maschinenanwendungen wurden erweitert.

Diese Änderungen sollen dazu beitragen, die Anwendung der Norm in der Praxis zu erleichtern und die Sicherheit moderner Maschinen noch besser zu gewährleisten.

Vorteile der Anwendung

  • Sicherstellung, dass Maschinensteuerungen internationalen Sicherheitsstandards entsprechen
  • Reduktion von Haftungsrisiken
  • Unterstützung bei der CE-Kennzeichnung für den europäischen Markt

Hinweis

Grundsätzlich bleibt es auch in der neuen Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 dabei, dass grundlegende Anforderungen an die Funktionale Sicherheit in den wesentlichen Anforderungen (Anhang III MVO) geregelt sind, die konkrete Ausgestaltung dann aber in den Normen wie der EN ISO 13849-1 oder der EN IEC 62061 behandelt wird.

Weitere Ausführungen zu den Normänderungen finden Sie in unserem Produkt „Maschinenverordnung“.

Autor*in: Elisabeth Maurer