25.05.2020

Chatbots und Technik-Dokumentation

Das Wort Chatbot setzt sich aus zwei Wortteilen zusammen: Chat, was so viel heißt wie „Unterhaltung” oder „Plauderei”, und Bot, eine Kurzform für „Roboter”. Chatbots sind nur im übertragenen Sinne Roboter. Es sind Programme, die auf menschliche Ansprache in Form von Text reagieren und darauf bestimmte Aktionen durchführen. Diese Aktionen sind beispielsweise die Suche nach Informationen oder die Ausführung einer bestimmten Handlung. Dabei können Chatbots auch in Dialog mit dem Anwender treten und beispielsweise Rückfragen stellen.

Chatbot

Chatbots sind bereits überall …

Chatbots sind meist in bestehende Kommunikations-Plattformen integriert. Sie begegnen uns heute vor allem in Anwendungen wie dem Facebook Messenger, Twitter, Microsoft Teams, Slack, WhatsApp oder Telegram. Auch E-Mails können sie automatisiert beantworten. Immer öfter sind sie auch in mobilen Apps, Webseiten und Webshops zu sehen, wenn sich in einer Ecke ein Chat-Fenster öffnet, das uns freundlich Unterstützung anbietet – ein wenig wie das freundliche Personal im Einzelhandel oder ein digitaler Portier.

Abseits der textbasierten Anwendungen begegnen uns die Verwandten der Chatbots in Form von virtuellen Sprachassistenten wie Amazon Alexa, Google Assistant oder Microsoft Cortana.

Nutzen von Chatbots

Ein Vorteil von Chatbots besteht darin, dass sie besonders nutzerorientiert sind. Anstatt den Anwender selbst eine Information auf einer Webseite oder eine Funktion auf der grafischen Benutzeroberfläche suchen zu lassen, kann er seinen Wunsch einfach sprachlich mitteilen. Es ist dann die Aufgabe der Software, die Sucharbeit zu erledigen, was sie oft viel besser und schneller kann als der Mensch.

Dabei können Chatbots nicht nur einfachen Anweisungen folgen, sondern dem Anwender auch passend zum Kontext verwandte Themen oder Aktionen vorschlagen.

Nutzen für die Technik-Dokumentation

Hier liegt auch ein möglicher Nutzen für die Technik-Dokumentation. Vor allem dort, wo Dokumentation in direkten Kontakt mit Anwendern kommt. Beispielsweise auf Webseiten mit Anwenderdokumentation, auf denen ein Chatbot den Besucher über einen Fragendialog an die richtige Stelle leitet und ähnliche Themen vorschlägt. Vielleicht beantwortet der Chatbot auch die häufig gestellten Fragen (FAQ) und entlastet den Kundenservice des Unternehmens.

Alles getreu dem Grundsatz: Je schneller und barrierefreier der Anwender die relevanten Informationen findet, desto mehr Wert kann die vorhandene Dokumentation entfalten.

Beispiele für Chatbots

Beispiele für Chatbots gibt es viele. Aktuell werden sie überwiegend im Bereich E-Commerce und Vertrieb (Service und Beratung auf Webseiten und in mobilen Apps), aber auch für alltägliche Anwendungen wie den Wetterbericht, Nachrichten und Kochrezepte verwendet. Unternehmen, die bereits Chatbots einsetzen, sind beispielsweise:

  • H&M: Über die Plattform „KIK Bot Shop” fungiert ein Chatbot als virtueller Modeberater und ist wohl vor allem bei Teenagern beliebt. Hat sich der Kunde für ein Outfit entschieden, wird er zum Onlineshop von H&M weitergeleitet.
  • Uber: Über den Facebook-Messenger können Fahrzeugdienste bestellt werden.
  • Lufthansa: Ebenfalls über den Facebook Messenger können Kunden Fragen rund um Reisen und Services stellen und erhalten beispielsweise Informationen zu Abflugzeiten, Status des Flugs oder zulässigem Freigepäck. Auch Umbuchungen bei Flugausfällen lassen sich darüber regeln.

Chatbot möchte Betriebsanleitung ersetzen

Um zurück zum Kontext des Technik-Redakteurs zu kommen: Unternehmen haben bereits erste Versuche gestartet, um Technik-Dokumente und Informationen mithilfe von Chatbots zugänglich zu machen. Ein Beispiel dafür ist die Mercedes-Benz AG, die mit ihrem Chatbot Ask Mercedes einen virtuellen Assistenten bereitstellt, der in Teilen die klassische Betriebsanleitung eines Autos zugänglicher machen und in anderen Teilen sogar ersetzen kann. Den Chatbot gibt es als gleichnamige mobile App, er kann aber auch über Facebook Messenger und andere Messenger-Dienste genutzt werden.

Nach Auswahl des Modells beantwortet er beispielsweise Fragen zu Funktionen des Autos und kann dabei helfen, Schalter und andere Bedienelemente im Inneren des Autos zu finden, zu verstehen und auch Störungen zu erkennen.

Dabei ist das Gespräch mit dem Chatbot nicht zwingend einseitig: Er stellt Rückfragen, wenn er die Frage des Fahrers besser verstehen möchte oder mehrere Antwortoptionen zur Wahl stehen. Gleichzeitig kann er Fragen mit Grafiken beantworten. Bisher können so etwa 100 häufig auftretende Fragen beantwortet werden. Der Chatbot erkennt dabei auch, wenn er dem Fahrer nicht mehr weiterhelfen kann, und verweist auf die klassische Betriebsanleitung oder den Kundenservice.

Funktionsweise von Chatbots

Wie ein menschlicher Mitarbeiter benötigt auch der Chatbot das notwendige Wissen, um die Fragen gut beantworten zu können. Dabei gibt es unterschiedliche technische Vorgehensweisen:

  • einfache, fest definierte Frage-Antwort-Kombinationen
  • Aufbau einer Wissensdatenbank, die nach passenden Antworten durchsucht werden kann, ähnlich wie es Suchmaschinen im Internet machen. Dafür ist eine von der genutzten Technologie abhängige Strukturierung der Informationen notwendig, damit diese für den Chatbot nutzbar sind.
  • Kombinationen bzw. Ergänzungen dieser Vorgehensweisen mit lernenden Algorithmen (maschinelles Lernen und „künstliche Intelligenz”, KI), die die Fragen mit der Zeit immer besser beantworten können bzw. verwandte Antworten und Kontexte verknüpfen. Abhängig von der genutzten KI kann sogar teilweise auf die manuelle Pflege einer Wissensdatenbank verzichtet werden, da der Algorithmus diese selbst „antrainiert”.

Unterstützung durch künstliche Intelligenz

Damit der Chatbot eine Reaktion geben kann, muss in jedem Fall der Fragesatz des Anwenders durch einen Algorithmus analysiert werden, um die Frage zu verstehen und eine bestmögliche Antwort geben zu können. Dafür wird der Fragesatz vom Algorithmus zerlegt, wobei Varianten in der Satzstellung und synonyme Begriffe beachtet und Schreibfehler missachtet werden müssen.

Dieser Vorgang wird auch Natural Language Processing (NLP) genannt. NLP erfolgt entweder nach fest programmierten Mustern oder kann ebenfalls durch KI unterstützt werden. Ohne hier tiefer auf das Thema KI eingehen zu können: Damit dies funktioniert, müssen KI-Algorithmen mit entsprechend großen Datenmengen „trainiert” werden. Dabei spielen auch Big-Data-Techniken eine große Rolle.

Weitere Informationen zur Auswahl, den Inhalten und Styleguides für Chatbots finden Sie in unserem Produkt „Technische Dokumentation“.

Autor*in: Thorben Egberts (Scrum Master)