13.12.2021

Wohnungsbordell im Mischgebiet nicht unbedingt unzulässig

Welches Störpotenzial geht von einem „diskreten“ Wohnungsbordell aus (BVerwG, Urteil vom 09.11.2021, Az. 4 C 5.20)?

Wohnungsbordell Mischgebiet

Mieterin beantragt Nutzungsänderung

Die Mieterin dreier miteinander verbundener Wohnungen mit insgesamt 428 m² im zweiten Obergeschoss eines siebenstöckigen Gebäudes beantragte die Änderung einer Wohnnutzung in eine gewerbliche Nutzung zum Betrieb eines Wohnungsbordells als prostitutive Einrichtung. Das Gebäude für das Wohnungsbordell steht nach dem Bebauungsplan in einem Mischgebiet. Der Bauantrag wurde abgelehnt. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Die Mieterin rief das Bundesverwaltungsgericht an.

Unsere Empfehlung
Gewerbeamtspraxis von A-Z online

Gewerbeamtspraxis von A-Z online

Mit Fallbeispielen, Musterschreiben sowie Rechtsgrundlagen zum Thema „Prostitution“.

€ 629.00Jahrespreis zzgl. MwSt.

Online-Version

Wohnungsbordell im Mischgebiet fehlt typisches Störpotenzial

Die Unverträglichkeit bordellartiger Betriebe im Rahmen der Wohnnutzung beruht auf der Annahme, dass die Betriebe nach außen als solche in Erscheinung treten und dies gerade in den Abend- und Nachtstunden zu Störungen insbesondere durch den Zu- und Abgangsverkehr führt.

Dieses typische Störpotenzial kommt einem auf Diskretion angelegten, nach 20.00 Uhr geschlossenen Wohnungsbordell nicht zu. Es unterscheidet sich für den Betrachter nicht erkennbar von der sonst zulässigen Nutzung und zieht daher insbesondere keine Laufkundschaft an.

BVerwG kassiert die Entscheidung des OVG

Die Vorinstanz habe das der Typisierung zugrunde liegende Störpotenzial fehlerhaft bestimmt, weil sie den Begriff der „milieubedingten Unruhe“ zu weit verstanden habe, rügten die Bundesrichter das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Ergebnis

Ein Wohnungsbordell ist in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet bauplanungsrechtlich nicht von vorneherein unzulässig. Ein auf Diskretion angelegtes Wohnungsbordell weist nicht das typische Störpotenzial eines bordellartigen Betriebs auf. Bei Bauanträgen vergleichbarer Art ist daher immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.

Den Begleitumständen des Prostitutionsgewerbes, die keine städtebauliche Relevanz haben, ist mit Auflagen und ordnungsrechtlichen Mitteln zu begegnen.

Weitere Beiträge zum Thema

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)