Wirksamkeit einer Ersatzzustellung an GmbH-Geschäftsführer
Dem alleinigen Geschäftsführer einer GmbH kann ein an ihn persönlich wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten gerichteter Bußgeldbescheid unter der Adresse der Gesellschaft wirksam durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt werden (VGH BW, Beschluss vom 23.04.2018, Az. 10 S 358/18).
Die Verkehrsbehörde hatte dem Fahrzeugführer wegen Erreichens von neun Punkten im Fahreignungsregister die Fahrerlaubnis entzogen. Der Betroffene wehrte sich gegen die Zustellung des Bußgeldbescheids mit Nebenfolgen, da dieser nicht an ihn persönlich, sondern unter der Adresse der pp. GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer der Betroffene ist, zugestellt wurde.
Klage und Beschwerde des Betroffenen blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
- Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
- Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und hat die Fahrerlaubnisbehörde – ohne dass ihr insoweit Ermessen eingeräumt wäre – die Fahrerlaubnis zu entziehen, sobald sich im Fahreignungsregister ein Punktestand von acht oder mehr Punkten ergibt.
- Mit Blick auf die hierauf gestützte Entziehungsverfügung macht die Beschwerde allein geltend, in den Geschäftsräumen einer GmbH könne eine wirksame Ersatzzustellung von an deren Geschäftsführer persönlich gerichteten Schriftstücken gemäß §§ 178, 180 ZPO nicht erfolgen. Dieser Einwand gegen die Berücksichtigung der mit dem Bußgeldbescheid geahndeten Verkehrsverstöße, die im Fahreignungs-Bewertungssystem mit zwei Punkten bewertet wurden, greift nicht durch.
- Voraussetzung für die Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister ist, dass die zugrunde liegende Straftat oder Ordnungswidrigkeit rechtskräftig geahndet ist. Ein Bußgeldbescheid wird rechtskräftig, wenn gegen ihn – wie hier – nicht innerhalb von zwei Wochen nach seiner Zustellung Einspruch erhoben wird.
- Für die Zustellung des Bußgeldbescheids gelten gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 OWiG i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 LVwZG die Regeln der §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Bußgeldbescheid danach wirksam unter der Adresse der pp. GmbH zugestellt werden konnte. § 180 Satz 1 i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erlaubt eine Ersatzzustellung durch Einlegen des zuzustellenden Schriftstücks in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten, wenn die Zustellung nicht ausführbar ist, weil weder der Zustellungsempfänger selbst noch eine dort beschäftigte Person als Ersatzzustellungsempfänger angetroffen wird. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO).
- Diese Regelung gilt für den Antragsteller als GmbH-Geschäftsführer ungeachtet dessen, dass der Bußgeldbescheid keine Angelegenheit der Gesellschaft betraf, sondern an ihn persönlich gerichtet war. Denn die Ersatzzustellung im Geschäftsraum kann auch dann erfolgen, wenn die Sendung keine geschäftliche, sondern eine persönliche Angelegenheit betrifft. Die Zustellungsvorschriften regeln insoweit kein Rangverhältnis des Zustellungsortes.
- § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO setzt für die Ersatzzustellung in Geschäftsräumen nicht voraus, dass der Zustellungsempfänger selbst Gewerbetreibender ist. Angeknüpft wird vielmehr allein an den Begriff des Geschäftsraums, der weit auszulegen ist. Es genügt insoweit, dass dem Zustellungsadressaten der Geschäftsraum wie ein eigener zugerechnet werden kann. Dies ist beim Antragsteller als alleinigem Geschäftsführer der pp. GmbH der Fall.
Hinweis
Die Entscheidung enthält zahlreiche Verweise auf Rechtsprechung und Literatur.
Der Beschluss ist abrufbar unter http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE180001530&psml=bsbawueprod.psml&max=true&doc.part=L&doc.norm=all