Winterdienst in verkehrsberuhigter Zone
In einem verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen 325.1 und 325.2) ohne Abgrenzung Fahrbahn- und Gehwegbereich ist derjenige Bereich straßenrechtlich wie ein Gehweg winterdienstlich zu behandeln, der bevorzugt dem Fußgängerverkehr dient (KG Berlin, Urteil vom 08.09.2017, Az. 4 U 57/16).
Die Klägerin erhob Klage gegen einen Anlieger in einem verkehrsberuhigten Bereich, wo sie vor dessen Anwesen gestürzt war und Schaden erlitt. Der Bereich war nicht geräumt. An dieser Stelle waren Fahrbahn und Gehweg nicht durch bauliche Maßnahmen oder Verkehrszeichen voneinander abgegrenzt.
Der Beklagte berief sich darauf, dass zum einen eine Unterteilung fehle, es sich darüber hinaus um einen verkehrsberuhigten Bereich handle, bei dem sich Fußgänger überall aufhalten könnten. Letztlich reiche es daher, wenn „irgendwo“ geräumt sei. Die Passanten und damit auch die Klägerin seien auf diesen geräumten Bereich zu verweisen.
Dieser Ausführung folgte das Kammergericht nicht, änderte teilweise das Urteil des Landgerichts und hat der Klägerin ein Schmerzensgeld zugesprochen.
Entscheidungsgründe
- Nach Auffassung des Gerichts wird, auch wenn es keine eindeutige Unterscheidung und bauliche Abgrenzung gibt, nach allgemeiner Lebenserfahrung für den Fußgängerverkehr bevorzugt der Bereich genutzt, der einem klassischen Gehweg entspricht.
- Selbst wenn man in der verkehrsberuhigten Zone grundsätzlich nur Schrittgeschwindigkeit fahren darf, setzt sich nach Überzeugung des Gerichts kein Fußgänger der Situation aus, auf Fahrzeuge Rücksicht nehmen und ihnen gegebenenfalls sogar ausweichen zu müssen.
- Der Beklagte ist daher auch im Bereich des Sturzes zur Räumung verpflichtet gewesen und hat sich – da der Gehbereich verschneit war – gegenüber der Klägerin schadensersatzpflichtig gemacht, als diese ausrutschte und sich beim Sturz verletzte.
- Es ist also stets darauf zu achten, dass der Bereich von der Räumpflicht umfasst ist, der klassischerweise von den Fußgängern genutzt wird. Dabei sind die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort ausschlaggebend, nicht die theoretische Einordnung der Fläche nach der Straßenverkehrsordnung.
Das Urteil ist abrufbar unter https://www.berlin-brandenburg.de/einrichtungen/gerichte/entscheidungen-der-gerichte-in-berlin-und-brandenburg/?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE254062017&doc.part=L&doc.price=0.0