19.08.2020

Widerruf der Gaststättenerlaubnis und gleichzeitige Gewerbeuntersagung zulässig?

Einer Gaststättenbehörde wurden die hohen Schulden eines Gastwirts zu viel. Sie widerrief die Gaststättenerlaubnis und untersagte gleichzeitig jede weitere Gewerbeausübung nach § 35 GewO. Der Gastwirt klagte gegen das harte Durchgreifen (VG Würzburg, Urteil vom 24.06.2020, Az. W 6 K 19.236).

Widerruf Gaststättenerlaubnis Gewerbeuntersagung

Über 60.000 Euro Schulden und Nichtabgabe der Vermögensauskunft

Die Schulden eines Gastwirts wuchsen in wenigen Jahren von rund 30.000 Euro auf ungefähr das Doppelte. Die Gaststättenbehörde widerrief die Gaststättenerlaubnis nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 GastG des Bundes und untersagte ihm daraufhin jede weitere Gewerbeausübung nach § 35 Abs. 1 GewO. Der Gastwirt berief sich auf eine schmerzhafte Trennung von der Ehefrau.

Widerruf der Gaststättenerlaubnis rechtmäßig

Das VG Würzburg kam zum gleichen Ergebnis wie die Gaststättenbehörde und sah das Tatbestandsmerkmal der Unzuverlässigkeit als erfüllt an. Diese ergibt sich daraus, dass er einerseits hohe Schulden angehäuft und andererseits seinen Gaststättenbetrieb trotz anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit fortgeführt hat. Weil keine tragfähigen Anzeichen für eine alsbaldige Besserung seines Verhaltens und seiner wirtschaftlichen Situation erkennbar waren, war auch die Zukunftsprognose negativ.

Keine „mildernden Umstände“

Der Begriff der gaststätten- bzw. gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit stellt die Grundlage für eine Maßnahme der Gefahrenabwehr dar. Daher bestimmt sich sein Inhalt ausschließlich nach objektiven Kriterien, so das VG Würzburg. Unerheblich ist es daher, ob den Gewerbetreibenden ein Verschuldensvorwurf trifft oder ihm diesbezüglich „mildernde Umstände“ zur Seite stehen.

Zusätzliche Gewerbeuntersagung rechtmäßig?

Eine Gewerbeuntersagung kann jedoch nicht auf § 35 Abs. 1 GewO gestützt werden, wenn für die Untersagung eines ausgeübten erlaubnispflichtigen Gewerbes wegen der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in der GewO oder in gewerberechtlichen Nebengesetzen eine abschließende Regelung besteht. Setzt die jeweilige Gewerbeerlaubnis (hier nach dem GastG des Bundes) spezialgesetzlich die gewerberechtliche Zuverlässigkeit voraus, haben deshalb nach § 35 Abs. 8 Satz 1 GewO auch spezielle Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf Vorrang vor der Untersagung nach § 35 Abs. 1 GewO.

Die Unzulässigkeit einer erweiterten Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO neben der Rücknahme oder dem Widerruf einer Gaststättenerlaubnis folgt im Übrigen nicht nur aus § 35 Abs. 8 Satz 1 GewO, sondern auch daraus, dass eine erweiterte Gewerbeuntersagung nur in Verbindung mit einer einfachen Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ausgesprochen werden darf.

Ergebnis

Wird einem Gastwirt die Gaststättenerlaubnis widerrufen, kann ihm wegen § 35 Abs. 8 Satz 1 GewO auch bei bestehender gewerbeübergreifender Unzuverlässigkeit nicht zugleich präventiv gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO die künftige Gewerbeausübung untersagt werden. Insoweit bestätigte das VG Würzburg den Widerruf der Gaststättenerlaubnis, hob aber die erweiterte Gewerbeuntersagung auf.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)