Widerruf der Gaststättenerlaubnis bei Verstoß gegen das NRSG? Eine wichtige Entscheidung für die Praxis!
Gibt es eine Regelvermutung in dem Sinn, dass ein Gastwirt bei dreimaliger Begehung einer Ordnungswidrigkeit unzuverlässig ist? Diese Frage musste das OVG Saarlouis entscheiden (OVG Saarlouis, Beschluss vom 04.11.2014, Az. 1 B 310/14).
Ein Gastwirt schloss mit einem eingetragenen Verein, dem „SRC Raucherclub“, einen Gastgebervertrag. Danach stellte der Gastwirt dem Raucherclub den Gastraum mit Toiletten unbefristet und unentgeltlich als Vereinslokal zur Verfügung. Zutritt sollten nur Vereinsmitglieder und deren maximal drei Gäste haben. Der Gastwirt sollte den Gästen zu angemessenen Preisen Speisen und Getränke zur Verfügung stellen.
Das Gewerbeamt lehnte es ab, eine entsprechende Gewerbeummeldung entgegenzunehmen. Der Gastwirt betreibt weiterhin eine Gaststätte, die unter das NRSG des Saarlandes fällt, argumentierte das Gewerbeamt.
Bei mehreren Kontrollen wurde festgestellt, dass in den Räumen des SRC geraucht wird. Der Gastwirt erhielt drei Bußgeldbescheide. Das Gewerbeamt untersagte dem Gastwirt den Betrieb der Gaststätte mit der Begründung, es greife die Regelvermutung des § 6 Abs. 2 Satz 2 SNRauchSchG, nach der ab einer dreimaligen Begehung von Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift in der Regel vermutet werde, dass die Betreiberin oder der Betreiber der Gaststätte die für den Gewerbebetrieb gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 und 2 des GastG des Bundes erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze.
Der Beschluss
- Der gewerberechtliche Gaststättenbegriff, den sich § 1 Abs. 1 SGastG zu eigen gemacht hat, umfasst auch Gaststättenräume, zu denen nur Mitglieder eines bestimmten Vereins Zutritt haben. Weil keine Zusammenkunft stattfindet, zu der aus einem bestimmten Anlass individuell, d.h. personenbezogen, eingeladen wurde (geschlossene Gesellschaft), ist das Vereinslokal als Gaststätte i.S.d. § 1 Abs. 1 SGastG zu qualifizieren.
- Die materielle Rechtmäßigkeit der Verfügung setzt nach § 4 Abs. 4 Satz 1 SGastG ferner voraus, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gastwirt die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Satz 2 der Vorschrift bezeichnet unter anderem Personen als unzuverlässig, die befürchten lassen, dass sie Vorschriften des Gesundheits- oder Lebensmittelrechts oder des Arbeits- oder Jugendschutzes, insbesondere des Nichtraucherschutzgesetzes, nicht einhalten werden.
- Der Tatbestand der persönlichen Unzuverlässigkeit setzt voraus, dass der Gewerbetreibende nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Demgemäß stellt sich die Prognose, er werde das Gewerbe künftig nicht ordnungsgemäß ausüben, als ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen gezogener Schluss auf das wahrscheinliche zukünftige Verhalten des Gewerbetreibenden dar. Eine solche Prognose wurde aber nicht erstellt.
- Eine „Regelvermutung“ wie im vorliegenden Fall ist bei summarischer Prüfung nicht geeignet, den Schluss zu rechtfertigen, der Gastwirt werde auch künftig gegen die Vorschriften des NRSG verstoßen und sei daher persönlich unzuverlässig.
Ergebnis
Die Untersagungsverfügung des Gewerbeamtes ist offensichtlich rechtswidrig.
Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis
Nehmen Sie in der Verwaltungspraxis Abstand von pauschalen Schlussfolgerungen oder Regelvermutungen. Entscheiden Sie immer konkret und bezogen auf den Sachverhalt. Im vorliegenden Fall hätte es durchaus Ansatzpunkte für eine negative Prognoseentscheidung gegeben. Diese Chance hat aber das Gewerbeamt nicht genutzt.
Losgelöst von dieser Problematik empfehlen wir den Beschluss des OVG Saarlouis zur vertieften Lektüre, weil er grundlegende Ausführungen zu der Frage enthält, wie eine Gaststätte und ein Vereinslokal rechtlich zu trennen sind und wer der Betreiber des Lokals ist. Zum Beschluss im vollen Wortlaut kommen Sie über diesen Link.