Welche Anforderungen sind an die Hygiene in Prostitutionsbetrieben zu stellen?
Die Betreiberin eines Bordells nahm es offenbar mit der Hygiene nicht so genau. Da sie Auflagen zur Prostitutionserlaubnis nicht nachkommen wollte, rief sie den VGH München an (Beschl. vom 24.09.2024, Az. 22 CS 24.1007).
Prostitutionserlaubnis mit Auflagen zur Hygiene, …
Die Betreiberin einer Prostitutionsstätte erhielt die unbefristete Erlaubnis zum Betrieb des Prostitutionsgewerbes. Die Erlaubnis wurde u.a. mit folgenden Auflagen erteilt:
- Ziffer 5.9: In der Prostitutionsstätte muss für die Prostituierten, gemessen an der Anzahl der Arbeitszimmer, ein ausreichender Vorrat an Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln vorgehalten werden. Dieser ist für unbefugte Dritte unzugänglich sowie gemäß Verbraucherhinweisen zu lagern. Auf etwaige Verfallsdaten ist zu achten. Abgelaufene Artikel dürfen nicht im Betrieb vorgehalten werden und sind in blickdichten Behältnissen (z.B. Mülltüten) zu entsorgen.
- Ziffer 5.15: Ferner haben sämtliche Toilettenräume über einen Abfallbehälter, Handwaschgelegenheiten (Handwaschbecken mit fließendem Wasser), Mittel zum hygienischen Reinigen und Desinfizieren der Hände, gesundheitlich einwandfreie Handtrocknungseinrichtungen, eine ausreichende Temperierung (mind. 21 Grad) und Beleuchtung sowie eine wirksame Belüftung (Fensterlüftung und/oder raumlufttechnische Anlagen) zu verfügen.
Die Betreiberin hielt die Zusätze zur Erlaubnis für zu unbestimmt und stellte einen Antrag auf Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs.
… abgeleitet aus dem ProstSchG
Der VGH begab sich fachkundig in die Tiefen des ProstSchG:
- Rechtsgrundlage für die Auflagen in Ziffer 5.9 Sätze 1–4 der Erlaubnis ist § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ProstSchG, bezüglich Satz 4 auch § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ProstSchG. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG müssen Betreiber eines Prostitutionsgewerbes dafür Sorge tragen, dass die Belange der Sicherheit und Gesundheit von Prostituierten und anderen gewahrt werden; sie trifft eine Mitverantwortung hinsichtlich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Prostituierten. In den für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räumen muss eine angemessene Ausstattung mit Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln jederzeit bereitstehen (§ 24 Abs. 2 Satz 2 ProstSchG). Der Umsetzung dieser Vorschrift dient die Auflage in Ziffer 5.9.
- Die Prostitutionsstätte muss zudem über eine angemessene Ausstattung mit Sanitäreinrichtungen für Prostituierte, Beschäftigte und Kunden verfügen (§§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 18 Abs. 2 Nr. 4 ProstSchG). Aufgrund der Eigenart der Tätigkeit von Prostituierten ist es zweckmäßig und erforderlich, eine Möglichkeit zum hygienischen Reinigen und Desinfizieren der Hände nach jeder Dienstleistung zur Verfügung zu haben. Sinn und Zweck des ProstSchG ist es u.a., unzumutbare Arbeitsbedingungen zu beseitigen.
Was sagt der Grundsatz der Bestimmtheit?
Der VGH nahm sich nun den Einwand der Betreiberin vor und verglich die Auflagen mit § 37 Abs. 1 VwVfG: Der Adressat des Verwaltungsakts muss in die Lage versetzt werden, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zugleich muss er auch eine geeignete Grundlage für Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung sein. Sein Regelungsgehalt ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises analog §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Hinreichend bestimmt ist er, wenn sich sein Regelungsgehalt aus dem Inhalt des Bescheids ohne Weiteres unzweifelhaft entnehmen lässt.
Ergebnis
Das Gericht sah die Auflagen nach dem Anwenden dieser Grundsätze als hinreichend bestimmt an und wies das Ansinnen der Betreiberin auf Aussetzen der Hygienemaßnahmen zurück.