18.12.2024

Wann verpflichtet ein Schlagloch in der Straße zum Ersatz des Schadens?

Ist die Gemeinde für ein ca. 1 qm großes Schlagloch verkehrssicherungspflichtig (OLG Naumburg, Urt. vom 07.03.2024, Az. 2 U 65/23)?

Schlagloch

1 m2 großes Schlagloch …

Der Fahrer eines PKW fuhr mit seinem Fahrzeug außerhalb der Ortslage in ein ungefähr 60 bis 75 cm breites und damit 1 m² großes und 7 cm tiefes Schlagloch. Es war länger als breit und wies somit eine eher rechteckige Form auf. Das Schlagloch befand sich auf der rechten Fahrbahn zur Mitte der Straße.

Die Gemeinde lehnte die Übernahme der Kosten für den zerstörten Reifen und die beschädigte Felge ab. Der Fahrer klagte auf Übernahme der Kosten plus Zinsen.

… war hinreichend erkennbar

Das den Schaden am PKW verursachende Schlagloch ist schon wegen seiner Größe nicht mehr mit einem ordnungsgemäßen Straßenzustand zu vereinbaren. Von ihm geht jedoch noch keine akute Gefährdung für Straßenbenutzer aus, aus der heraus sich eine Handlungspflicht der Gemeinde ergab. Ihr steht die hinreichende Erkennbarkeit des Schlaglochs entgegen.

Über den Tellerrand geschaut

Über den Fall hinaus enthält das Urteil des OLG noch einige aufschlussreiche Passagen:

  • Da die öffentlich-rechtlich gestaltete Amtspflicht zur Sorge für die Verkehrssicherheit inhaltlich der allgemeinen Straßenverkehrssicherungspflicht entspricht, sind die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur weiteren inhaltlichen Konkretisierung der allgemeinen Straßenverkehrssicherungspflicht auf die Amtspflichten übertragbar.
  • Danach gehen die Verkehrssicherungspflichten nicht so weit, dass der Pflichtige für alle nur denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge zu treffen hat, sondern nur für diejenigen, die den konkreten Umständen nach zur Beseitigung einer Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Denn es darf davon ausgegangen werden, dass ein Straßenbenutzer sich an die gegebenen Straßenverhältnisse anpasst und etwaige Schäden durch sorgsames Verhalten abwenden kann.
  • Nach diesen Maßstäben verbietet sich eine verallgemeinernde, schematisierende Betrachtungsweise etwa dahingehend, dass generell erst ab einer Tiefe von 15 cm eines Schlaglochs eine Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht in Betracht kommt. Es kommt stets auf eine Gesamtschau aller relevanter Umstände des Einzelfalls an unter Heranziehung des zuvor benannten Maßstabs.

Ergebnis

Insbesondere im Hinblick auf die hinreichende Erkennbarkeit des Schlaglochs durfte die Gemeinde davon ausgehen, dass ein Straßenbenutzer bei Anwendung der ihm abzuverlangenden eigenen Sorgfalt in der konkreten Situation sich durch Abbremsen und eine umsichtige Fahrweise, auch aus Eigeninteresse, an die Straßenverhältnisse anpasst und etwaige Schäden entsprechend abwenden kann. Die Klage wurde daher abgewiesen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)