06.08.2024

Voraussetzungen für das Anordnen einer Radwegbenutzungspflicht

Vor dem OVG Lüneburg (Beschl. vom 09.07.2024, Az. 12 LA 42/23) stritten sich die Straßenverkehrsbehörde und betroffene Radfahrer um die Pflicht, einen 200 m langen Radweg zu benutzen.

Radwegbenutzungspflicht für 200 m

Die Straßenverkehrsbehörde ordnete für eine 200 m lange Strecke die Pflicht zum Benutzen des vorhandenen Radwegs durch Zeichen 237 an. Begründet wurde dies mit einem hohen Verkehrsaufkommen von ca. 13.000 Kfz pro Tag. In Fahrtrichtung „West“ sei nur eine Fahrspur mit einer Breite von 2,50 m vorhanden. Das Überholen von Radfahrern sei bei vorschriftsmäßigen Verhalten der Kfz-Führer nicht möglich. Im Einzelfall könne dies zu gefährlichen Überholversuchen führen. Gefährdet sind sowohl die Radfahrer als auch die entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer.

Voraussetzung: konkrete Gefahr …

Rechtsgrundlage für die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht ist § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Abs. 9 Satz 3 StVO, begann das OVG seine Ausführungen. § 45 Abs. 9 Satz 3 StVO setzt für Verbote und Beschränkungen des fließenden Verkehrs – auch bei Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht – eine Gefahrenlage voraus, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter, insbesondere Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum, erheblich übersteigt. Erforderlich ist somit eine konkrete Gefahr, die auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruht.

… für die Verkehrssicherheit oder den Verkehrsablauf

Ob eine derartige Gefahrenlage vorliegt, richtet sich u.a. nach der VwV-StVO und den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Ausgabe 2010. Nach Abschnitt 1 der VwV-StVO zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO, Ziffer I. 2., Satz 2, kommt die Anlage von benutzungspflichtigen Radwegen im Allgemeinen dort in Betracht, wo es die Verkehrssicherheit oder der Verkehrsablauf erfordern.

Hieran gemessen liegen die Voraussetzungen von § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Abs. 9 Satz 3 StVO vor, bestätigte das OVG die Einschätzung der Straßenverkehrsbehörde. Die Benutzung der Fahrbahn durch Radfahrer führt zu einer Störung des Verkehrsablaufs, die die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht im konkreten Fall gebietet. Das Radfahren auf der Fahrbahn führt auch bei rechtmäßigem Verhalten der übrigen Verkehrsteilnehmer wegen größeren Rückstaus zu einer Störung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, der die Straßenverkehrsbehörde grundsätzlich durch verkehrsleitende Regelungen und Beschränkungen begegnen kann.

Ergebnis

Zum Erfüllen der Voraussetzungen für die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht reicht es bereits aus, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse (zumindest) für die Flüssigkeit des Verkehrs eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung des Rechtsguts der Ordnung des Verkehrs erheblich übersteigt.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)