Verstoß gegen das Ladenschlussgesetz ohne Verkauf von Waren?
Ist allein im Öffnen einer Verkaufsstelle ein Verstoß gegen das Ladenöffnungsgesetz zu sehen? Diese Frage musste das OLG Oldenburg (Beschl. vom 17.09.2018, Az. 2 Ss (OWi) 217-18) beantworten.
Für den 30.07.2017 wurde im Gebiet einer Stadt in Niedersachsen durch Allgemeinverfügung die Sonntagsöffnung in der A-Straße zugelassen. Obwohl das Ladengeschäft eines Gewerbetreibenden in der B-Straße liegt, öffnete er sein Geschäft zum Zweck des Verkaufs. Dem Gewerbetreibenden war bekannt, dass er für die Ladenöffnung keine Genehmigung hatte und dass auch kein Ausnahmefall nach dem Niedersächsischen Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) vorlag. Dennoch schaltete er an den Tagen vor der Ladenöffnung Werbung und kündigte in der Öffentlichkeit die Öffnung seines Ladengeschäfts für den 30.07.2017 an.
Das Gewerbeamt erließ einen Bußgeldbescheid gegen den Ladeninhaber. Dieser wehrte sich vor dem Amtsgericht mit dem Argument, es sei nicht zu einem Verkauf gekommen. Das Amtsgericht verurteilte den Gewerbetreibenden. Dieser erhob Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
- Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NLöffVZG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig als Inhaberin oder Inhaber einer Verkaufsstelle entgegen § 3 Abs. 2 an Sonntagen oder staatlich anerkannten Feiertagen verkauft, ohne dass einer der in den § 4 und 5 genannten Ausnahmefälle vorliegt.
- Fraglich ist, welche Absichten der Landesgesetzgeber mit dieser Formulierung verfolgt hat.
- Nach dem Entwurf des § 3 Abs. 1 NLöffVZG sollte an Werktagen die Öffnung von Verkaufsstellen und das gewerbliche Anbieten in der Zeit von 0 bis 24 Uhr zulässig sein. Tatsächlich in das Gesetz eingeflossen ist aber die Formulierung, dass an Werktagen Waren ohne zeitliche Beschränkung verkauft werden dürften.
- Hintergrund dieser Änderung war, dass das Anbieten, das nicht unmittelbar zu einem Verkaufsvorgang führt, nicht mehr gesetzlich beschränkt werden sollte (vgl. Niedersächsischer Landtag, Drucksache 15/3610, Seite 1, 2, 4).
- Diese Absicht des Gesetzgebers war auch der Grund dafür, dass die Formulierung im Entwurf des § 1 NLöffVZG, wonach das Gesetz auch für das Anbieten an jedermann im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit im direkten persönlichen Kontakt mit dem Kunden gelten sollte, im Gesetzgebungsverfahren dahingehend geändert worden ist, dass der Geltungsbereich des NLöffVZG auf das gewerbliche Verkaufen von Waren beschränkt wurde.
- Unter Berücksichtigung der Absichten des Gesetzgebers und des Wortlauts des NLöffVZG kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass allein die reine Ladenöffnung, wenn auch verbunden mit der Absicht, Verkäufe zu fördern, zur Erfüllung des Tatbestands § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NLöffVZG ausreicht.
- Dies gilt auch für die bloße Bereitschaft, ggf. unmittelbar an einem Sonntag einen Kaufvertrag zu schließen.
- Erforderlich ist vielmehr, dass es tatsächlich zu einem Verkauf gekommen ist. Das Anbieten, und sei es im direkten persönlichen Kontakt, sollte nach dem Willen des Gesetzgebers nicht untersagt sein.
- Weil das Gewerbeamt den Nachweis eines tatsächlichen Verkaufs nicht geführt hat, kann die Verurteilung durch das Amtsgericht keinen Bestand haben.
Praxishinweis
Für den Praktiker liegt es auf der Hand: Wer ein Ladengeschäft öffnet, will auch verkaufen. Aber darauf kommt es nach dem Wortlaut des NLöffVZG nicht an. Maßgeblich ist nur ein dokumentierter, also aktenkundig erwiesener Verkauf. Das Gewerbeamt hätte sich somit an dem Tag der Sonntagsöffnung in den Außendienst begeben müssen, um den Sachverhalt aufzuklären. Nur so hätte es in diesem Fall dem Gewerbetreibenden Verkäufe nachweisen können.
Der Beschluss ist abrufbar unter https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/a3b3cbff-bf2a-4595-a5b7-93fbbd1b272c