Verkehrsbeschränkung: ohne bestehende Gefahr kein Anspruch
Das VG Neustadt hat mit Urteil vom 31.08.2020 entschieden, dass ein Anwohner keinen Anspruch auf Ausweisung einer verkehrsberuhigten Zone als Einbahnstraße und auf Sperrung für Durchgangsverkehr hat (VG Neustadt, Urteil vom 10.08.2020, Az. 3 K 1457/18.NW).
Sachverhalt
Die Kläger sind seit 1986 Anwohner einer Straße, die im Norden ca. 3 m breit ist und sich im weiteren Verlauf Richtung Süden verbreitert. Vor dem Anwesen der Kläger beträgt die Straßenbreite einschließlich Gehwegflächen ca. 4,67 m. Seit 1989 ist die Einfahrt für Kraftfahrzeuge mit Ausnahme des Anliegerverkehrs verboten. Zudem wurde die Straße nach Beschwerden der Kläger über zu hohe Geschwindigkeiten als Tempo-30-Zone und danach auch noch im Norden einschließlich des Teilstücks, an dem das Anwesen der Kläger liegt, als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen, in dem nur mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf.
Nach jahrelangen Beschwerden der Kläger über die behauptete Befahrung der Straße durch Nichtanlieger entfernte die zuständige Verbandsgemeinde die Beschilderung, die den motorisierten Nichtanliegern bisher die Durchfahrt verbot. Mit ihrer Klage wandten sich die Kläger zum einen gegen die Entfernung dieser Beschilderung und die damit verbundene Freigabe der Straße für den Durchgangsverkehr. Zum anderen begehrten sie die Einführung einer Einbahnstraßenregelung und/oder weitere straßenverkehrsbehördliche Maßnahmen zur Verringerung und Beruhigung des Verkehrs.
Keine Verkehrsbeschränkung oder Verbote ohne Bestehen einer Gefahrenlage
Das VG hat die Klage abgewiesen: Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürften nach der Straßenverkehrsordnung nur erfolgen, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage bestehe.
Keine Rechtsbetroffenheit
Im Übrigen könnten straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen nur bei einer eigenen Rechtsbetroffenheit eingefordert werden. Vorliegend sei maßgeblich, dass nach dem Ergebnis von verschiedenen mehrtägigen Verkehrszählungen im Schnitt lediglich etwa 200 Fahrzeuge pro Tag die Straße benutzten und dass bei der Verkehrszählung nach der Öffnung der Straße für den Durchgangsverkehr keine höhere Verkehrsbelastung festgestellt worden sei. Da in dem maßgeblichen Bereich ohnehin nur Schrittgeschwindigkeit zugelassen sei, brächte eine Sperrung für den motorisierten Durchgangsverkehr folglich keine nennenswerte Entlastung, wobei die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch die Polizei zu kontrollieren sei.
Kein Anspruch auf Ausweisung der Straße als Einbahnstraße
Die Kläger könnten auch nicht die Ausweisung der Straße als Einbahnstraße verlangen. Falls nämlich der Begegnungsverkehr wegfalle, müsse man mit einer Zunahme der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten rechnen. Außerdem stünden sonstige Möglichkeiten zur Beruhigung des Verkehrs der Straßenverkehrsbehörde nicht zur Verfügung. Für bauliche Maßnahmen, die hier allerdings nicht in Streit stünden, sei die Ortsgemeinde als Straßenbaulastträger zuständig.
Hinweis
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz gestellt werden.
Quelle: Pressemitteilung des VG Neustadt