Verbot von Riesenohren in der Innenstadt: Gericht verlangt vom Ordnungsamt deutlich sichtbare Ermessensentscheidung
Eine Stadt untersagte das Aufstellen eines Riesenohrs als Werbeständer. Sie berief sich pauschal auf die Gestaltungsrichtlinie der Stadt. Dem OVG Koblenz war das zu wenig. Das Gericht bemängelte die nicht vorhandene Ermessensentscheidung (Urteil vom 04.12.2014, Az. 1 A 10294/14.OVG).
Ein Optiker und Akustiker betreibt in der Innenstadt ein Ladengeschäft. Er beantragte bei der Stadtverwaltung, vor seinem Laden einen Werbeständer in Form eines großen Ohrs aus gelbem Kunststoff mit einem pfeilförmigen Zusatzschild „Hörtest“ aufstellen zu dürfen.
Die Stadt lehnte den Antrag ab, weil das Vorhaben mit der Richtlinie zur Gestaltung von straßenrechtlichen Sondernutzungen unvereinbar ist. Sonderformen wie Riesentelefone oder Riesenohren seinen ausgeschlossen, argumentierte die Stadt.
Der Optiker und Akustiker erhob nach erfolglosem Widerspruch Klage. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab, das OVG Koblenz gab der Klage statt.
Das Urteil
- Entscheidungen über Sondernutzungen sind Ermessensentscheidungen nach den Straßengesetzen der Bundesländer.
- Die vom Stadtrat der Stadt beschlossene Gestaltungsrichtlinie hat Vorgaben in Bezug auf Qualität und Quantität von Werbeständern in der Innenstadt hinreichend deutlich festgelegt.
- Die Gestaltungsrichtlinie, so das Gericht, schließt ihrem Wortlaut nach die Verwendung eines Riesenohrs nicht generell aus. Nach der Richtlinie sollen lediglich besonders aufdringliche Werbeständer vermieden werden.
- Weil sich die Abmessungen des Riesenohres im Rahmen der Vorgaben der Gestaltungsrichtlinie halten, kann das Riesenohr im Einzelfall gleichwohl den Gestaltungsvorgaben gerecht werden.
- Die Stadt hätte hierzu eine Ermessensentscheidung treffen müssen und sich nicht generell auf die Gestaltungsrichtlinie stützen dürfen.
Ergebnis
Das OVG hob den Ablehnungsbescheid auf und verpflichtete die Stadt, über die Erteilung der beantragten Erlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis
Auch dieses Urteil zeigt, wie gefährlich es für die Verwaltung ist, schematisch ohne Abwägung der gegenläufigen Interessen zu entscheiden. Machen Sie es sich zur Regel, bei Entscheidungen auf der Grundlage von Ermessensnormen das Ermessen deutlich sichtbar auszuüben.