18.12.2024

Um die Ecke gedacht

Das OVG Münster (Beschl. vom 15.10.2024, Az. 4 B 1112/23) zeigt auf, wie virtuos die Vorschriften von GewO und Gaststättenrecht miteinander verwoben sind.

Cocktailstand

Sieben auf einen Streich

Ein Gastwirt war mit seinem „Mobilen Cocktailstand auf Veranstaltungen“ auf einer Herbstwoche aufgrund einer Gestattung nach § 12 Abs. 1 GastG des Bundes vertreten. Im Rahmen dieser Veranstaltung provozierte er einen Polizeieinsatz, in dessen Verlauf sieben Polizeibeamte verletzt wurden. Drei Polizeibeamte waren anschließend dienstunfähig. Darüber hinaus ist er mit seinem Stand aufgrund einer Gewerbeanzeige bei privaten Veranstaltungen tätig.

Die zuständige Gaststättenbehörde verfügte die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO und widerrief die Gestattung.

Welche Bedeutung hat § 35 Abs. 8 GewO …

Das OVG rollte den Fall von hinten auf: Nach § 35 Abs. 8 Satz 1 GewO kann eine für das ausgeübte Gewerbe erteilte Zulassung nicht aufgehoben werden, wenn aufgrund der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden für einzelne Gewerbe besondere Vorschriften zum Untersagen oder Schließen des Betriebs bestehen. Es soll vermieden werden, dass ein Gewerbe wegen Unzuverlässigkeit nach zwei verschiedenen Vorschriften untersagt werden kann. Die Gewerbeuntersagung kann folglich nicht auf § 35 Abs. 1 GewO gestützt werden, wenn für das Untersagen des ausgeübten Gewerbes in der GewO oder in gewerberechtlichen Nebengesetzen eine abschließende Regelung besteht.

Setzt die jeweilige Gewerbeerlaubnis spezialgesetzlich die gewerberechtliche Zuverlässigkeit voraus, haben die Vorschriften über die Rücknahme und den Widerruf (siehe § 15 Abs. 1 und 2 GastG) nach § 35 Abs. 8 GewO somit regelmäßig Vorrang vor der Untersagung nach § 35 GewO. Die Gesamtheit der Vorschriften von § 35 Abs. 1 bis 7a GewO ist dann nicht anwendbar.

… und was folgt daraus?

Als Kenner der Materie sezierte das Gericht den Fall wie folgt:

  • Die Anwendung von § 35 Abs. 1 bis 7a GewO ist hinsichtlich der gewerblichen Tätigkeit auf der Herbstwoche ausgeschlossen. Denn diese beruht auf einer erteilten Gestattung nach dem GastG des Bundes.
  • Diese Gestattung ist von der Gewerbeuntersagung jedoch nicht betroffen, weil sie widerrufen wurde.
  • Die Gewerbeuntersagung kann sich daher nur auf die dauerhaft ausgeübte gewerbliche Betätigung „Mobiler Cocktailstand auf Veranstaltungen“ beziehen. Denn für diesen Betrieb verfügt der Gastwirt über keine gaststättenrechtliche Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GastG des Bundes, deren Widerruflichkeit die Anwendung der Vorschriften über die Gewerbeuntersagung sperren könnte.

Ergebnis

Für die Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist somit nur Raum für die erlaubnisfreie Tätigkeit bei privaten Veranstaltungen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)