19.06.2017

Teurer Spaß – Gaststättenbehörde übersieht die Genehmigungsfiktion

Weil eine Gaststättenbehörde im Erlaubnisverfahren die gesetzliche Genehmigungsfiktion übersehen hat, muss sie dem Antragsteller ab dem Eintritt der Fiktion Schadensersatz in Höhe des entgangenen Gewinns in Höhe von rund 18.000 Euro leisten – zzgl. Gerichts- und Anwaltskosten (BGH, Urteil vom 20.04.2017, Az. III ZR 460/17).

Gaststättenbehörde Gaststätte Spielhalle

Der Betreiber einer Spielhalle beantragte am 17. November 2011 bei der zuständigen Gaststättenbehörde die Erlaubnis, diese auch als Gaststätte nutzen zu dürfen. Dieselben Räumlichkeiten sollten von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr als Spielhalle und von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr als Barbetrieb genutzt werden.

Die Gaststättenbehörde suchte rechtlichen Rat bei dem Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde. Dieses teilte mit, das Rauchen in der beantragten Gaststätte sei nach dem Landesnichtraucherschutzgesetz unzulässig, hingegen während der Zeit der Nutzung als Spielhalle uneingeschränkt zulässig. Daher sei der Raum, der als Spielhalle genutzt werde, nicht geeignet, um darin eine Gaststätte zu betreiben. Mit Bescheid vom 01. Juni 2012 versagte die Gaststättenbehörde die beantragte Gaststättenerlaubnis.

Entscheidungsgründe

  • Die in § 42 a LVwVfG geregelte Genehmigungsfiktion ist entsprechend § 6a GewO auch für Verfahren nach dem Gaststättengesetz (Bund) anzuwenden, solange keine landesrechtlichen Regelungen entgegenstehen.
  • Die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Gaststättenerlaubnis lagen nicht vor, weil der Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 Nr. 2 GastG des Bundes gegeben war: Der beabsichtigte Betrieb der Gaststätte würde gegen § 7 Landesnichtraucherschutzgesetz (LNRSchG) verstoßen.
  • Dennoch war der ablehnende Bescheid vom 01. Juni 2012 rechtswidrig. Mit Ablauf des 17. Februar 2012 wurde die Erteilung der Erlaubnis durch die Gaststättenbehörde gemäß § 6a Abs. 2 GewO i.V. mit § 31 GastG (Bund) fingiert. Aus diesem Grund war für einen Ablehnungsbescheid kein Raum vorhanden.

Ein Unglück kommt selten allein. Daher kam es für die Gaststättenbehörde noch dicker:

  • Die rechtswidrige Versagung der Gaststättenerlaubnis stellt eine schuldhafte Verletzung der Amtspflicht zu gesetzmäßigem Verhalten dar. Die im Jahr 2009 eingeführte Genehmigungsfiktion hätte den Bediensteten der Gaststättenbehörde bekannt sein müssen.
  • Die Genehmigungsfiktion, so der BGH weiter, tritt auch dann ein, wenn der Antrag auf Gaststättenerlaubnis noch nicht entscheidungsreif ist, weil z.B. die Baubehörde das Gebäude noch nicht abgenommen und keinen Schlussabnahmeschein ausgestellt hat. Denn die Gaststättenbehörde hätte die Frist von drei Monaten nach § 42 a Abs. 2 LVwVfG angemessen verlängern können.
  • Eine Verletzung der Amtspflicht zu gesetzmäßigem Verhalten ist auch darin zu sehen, dass der Antragsteller nicht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG zeitnah auf die eingetretene Genehmigungsfiktion hingewiesen wurde. Die Gaststättenbehörde hätte bei richtiger Sachbehandlung das Erlaubnisverfahren einstellen und den Antragsteller entsprechend unterrichten müssen.

Ergebnis

Dem Betreiber der Spielhalle steht gegen die beklagte Gemeinde als Trägerin der Gaststättenbehörde ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V. mit Art. 34 Satz 1 GG zu. Die Höhe des Schadensersatzes wurde mit 17.700 Euro beziffert. Hierzu kommen noch die Gerichtskosten.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)