Taschenrechner ist kein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO
Ein Taschenrechner ist kein elektronisches Gerät im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO, das der Kommunikation, Information oder Organisation bzw. der Unterhaltungselektronik oder der Ortsbestimmung dient bzw. dienen soll (OLG Oldenburg, Beschluss vom 25.06.2018, Az. 2 Ss (OWi) 175/18).
Der Betroffene wurde nach vorherigem Bußgeldbescheid im Einspruchsverfahren vom Amtsgericht wegen einer vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeit –„Halten eines elektronischen Gerätes während der Fahrt in Tateinheit mit Geschwindigkeitsüberschreitung“ – zu einer Geldbuße von 100 € verurteilt.
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Das Amtsgericht hat unter anderem Folgendes ausgeführt:
„Auf dem Lichtbild … ist zu sehen, dass der Betroffene ein technisches Gerät in seiner Hand vor das Gesicht hält … Der Verteidiger hat in der Hauptverhandlung erklärt, hierbei handele es sich nicht um ein Mobiltelefon, sondern um einen Taschenrechner. Tatsächlich könnte es sich um dieses Gerät gehandelt haben, wobei sich allerdings die Frage stellt, warum sich der Betroffene diesen Taschenrechner vor das Gesicht hält. Nach der Neufassung des § 23 Abs. 1 StVO unterliegt auch das Halten und Aufnehmen eines mobilen Flachrechners dem Verbot dieser Vorschrift.“
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde und macht geltend, dass ein Taschenrechner nicht unter das Verbot des § 23 Abs. 1a StVO falle.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat angeregt, die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des materiellen Rechts zuzulassen, und ist ebenfalls der Ansicht, dass ein Taschenrechner nicht § 23 Absatz 1a StVO unterfalle.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wurde das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben.
Entscheidungsgründe
- Die zugelassene Rechtsbeschwerde hat insoweit Erfolg, als die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 23 Absatz 1a StVO keinen Bestand hat.
- Nach der Neufassung des § 23 StVO, die auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, darf derjenige, der ein Fahrzeug führt, ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur unter den in Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Voraussetzungen benutzen. Dabei sind Geräte im Sinne des Satzes 1 auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorecorder, auch Diktiergeräte, Walkman (Aufzählung im Verordnungsentwurf nicht abschließend).
- Ein Taschenrechner unterfällt dieser Norm nicht. Ein Taschenrechner lässt sich nicht als ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation bzw. der Unterhaltungselektronik oder der Ortsbestimmung dient bzw. dienen soll, bezeichnen.
- Vom vollständigen Verbot der Nutzung von elektronischen Geräten während der Fahrt hat der Verordnungsgeber abgesehen, weil es ein Übermaß darstellen würde.
- Es verbleibt die Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts um 13 km/h, die vom Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt worden ist und gegen die sich die Rechtsbeschwerde auch nicht wendet. Zwar hat das Amtsgericht den Betroffenen insgesamt wegen einer vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeit verurteilt, während es in den Urteilsgründen heißt, der Betroffene habe zumindest fahrlässig gehandelt. Da jedoch die Feststellungen keinerlei Anhaltspunkte dafür bieten, dass der Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung vorsätzlich begangen haben könnte, erkennt das Gericht die Regelgeldbuße für eine fahrlässige Begehung in Höhe von 20 € an.
Der Beschluss ist abrufbar unter https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=OLG%20Oldenburg&Datum=25.06.2018&Aktenzeichen=2%20Ss%20OWi%20175%2F18