10.09.2024

Tätersuche mit Google

Das VG Berlin (Urteil vom 26.06.2024, Az. VG 37 K 11/23) blamierte die Zulassungsstelle, weil diese nach einer ergebnislosen Zeugenbefragung die Ermittlungen nach einem Fahrer einstellte, der deutlich zu schnell unterwegs war, ohne sein Bild online zu suchen.

Google

Der Raser als lachender Dritter

Ein Fahrzeug der Oberklasse wurde in Berlin mit einer um 30 km/h überhöhten Geschwindigkeit geblitzt. Auf dem Messfoto war der Fahrer deutlich zu erkennen. Weil das Kfz auf eine Firma zugelassen war, vernahm die Behörde eine Mitarbeiterin der Firma als Zeugin. Angaben zum Fahrer machte die Mitarbeiterin aber nicht.

Die Behörde stellte das Bußgeldverfahren ein und ordnete für das Tatfahrzeug ein Jahr lang eine Fahrtenbuchauflage an. Die Firma klagte.

Fahrtenbuch nur bei Unmöglichkeit der Ermittlung des Fahrers

31a Abs. 1 Satz 1 StVZO erlaubt es, dem Halter eines Fahrzeugs nach einer Verkehrsregelüberschreitung eine Fahrtenbuchauflage zu erteilen, wenn es unmöglich war, den Fahrer zu ermitteln. Dies sei der Fall, so die Behörde. Weitere Ermittlungen seien „uferlos“ und nicht erfolgversprechend.

Richter ermittelt den Fahrer

Im Prozess trat der Richter fernsehreif in Aktion: Mittels der Google-Bildersuche rief er das Bild des Geschäftsführers der Firma auf und fand damit umgehend den Täter, dessen Bild mit dem auf dem Messfoto identisch war.

Das VG richtete danach deutliche Worte an die Behörde: Es sei nicht vermittelbar, dass diese einfache und naheliegende Ermittlungsmöglichkeit nicht genutzt werde. Gerade bei einem Fahrzeug der Oberklasse liege die Nutzung durch den Geschäftsführer nahe und die Suche sei alles andere als „uferlos“.

Ergebnis

Die Praxis, eine Fahrtenbuchauflage als Sanktion für die fehlende Mitwirkung des Halters bei der Fahrzeugführerermittlung zu verhängen, verletzt den Untersuchungsgrundsatz nach § 46 OWiG i.V. mit § 160 Abs. 1 und 2 StPO, wenn sich noch andere Ermittlungsmöglichkeiten geradezu aufdrängen. Die Fahrtenbuchauflage war daher rechtswidrig angeordnet und wurde aufgehoben.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)