16.02.2017

Stellt das Anbringen privater Parkkrallen eine Erpressung dar?

Das Geld liegt auf der Straße, meinte ein Abschleppunternehmer und erfand ein neues Geschäftskonzept: Unberechtigt auf Privatgrund parkende Fahrzeuge wollte er kostenlos abschleppen und sich an den Fahrzeugführern schadlos halten. An dem abgeschleppten Kfz wurde eine Parkkralle angebracht, die erst nach Begleichen der Abschleppkosten entfernt wurde. Vor dem BGH (Urteil vom 20.12.2016, Az. 1 StR 253/15) musste sich der Abschleppunternehmer wegen Erpressung verantworten.

Bordellparkplatz

Ein kreativer Abschleppunternehmer bot im Rahmen eines neu geschaffenen Geschäftsmodells zwischen 2008 und 2012 Supermarktbetreibern, Krankenhäusern und Hausverwaltungen an, auf deren Grundstücken unberechtigt parkende Kraftfahrzeuge für diese kostenneutral zu entfernen. Im Gegenzug traten diese ihre Ansprüche gegen die Fahrzeugführer auf Schadenersatz an den Abschleppunternehmer ab. Diese Ansprüche wollte der Abschleppunternehmer gegenüber den Falschparkern eintreiben.

Schilder auf den Grundstücken der Vertragspartner wiesen deutlich darauf hin, dass es sich um Privatparkplätze handelt und dass widerrechtlich parkende Kfz kostenpflichtig abgeschleppt werden. In 14 Fällen brachte der Abschleppunternehmer eine Parkkralle an den jeweils falsch parkenden Kfz an und schleppte diese ab.

Gegenüber den Fahrzeugführern berief sich der Abschleppunternehmer auf sein Zurückbehaltungsrecht am abgeschleppten Fahrzeug und erklärte, er werde die Parkkrallen erst abnehmen und den Abstellort des abgeschleppten Pkw erst verraten, wenn ihm vor Ort die Kosten des Abschleppens und der Verwahrung vollständig gezahlt werden.

Der Abschleppunternehmer wurde von betroffenen Fahrzeugführern wegen Erpressung angezeigt.

Entscheidungsgründe

Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, begeht eine Erpressung (§ 253 StGB). Die Rechtswidrigkeit muss sich als verwerflich zum angestrebten Zweck darstellen.

Diese Voraussetzungen sah der BGH ebenso wie die Vorinstanz als nicht erfüllt an und begründete dies wie folgt:

  • Die eingeforderten Beträge waren nicht überhöht, indem etwa in unzulässiger Weise Kosten für die allgemeine Parkraumüberwachung gefordert worden seien.
  • Der Abschleppunternehmer hatte sich zuvor umfassend durch Einholen externer Rechtsgutachten beraten lassen.
  • Zudem war der Abschleppunternehmer wegen des Ergebnisses seiner rechtlichen Beratung von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt. Soweit keine Parkkrallen zum Einsatz kamen, war nicht festzustellen, dass der Abschleppunternehmer rechtswidrig gehandelt hat.
  • Insgesamt war er somit gutgläubig.

Ergebnis

Der BGH sprach den Abschleppunternehmer vom Vorwurf der Erpressung frei.

Hinweis

Es ist nicht zulässig, Parkkrallen an Fahrzeugen anzubringen, die unberechtigt auf Privatparkplätzen abgestellt sind. Der Einsatz einer Parkkralle lässt sich auch nicht durch Besitzkehr, Selbsthilfe, Notwehr, Einwilligung oder durch andere schuldrechtliche Verhältnisse rechtfertigen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)