03.09.2020

Sperrung des Barmener Badesees ist rechtswidrig

Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen ist die Sperrung des Barmener Sees durch die Stadt Jülich rechtswidrig gewesen (VG Aachen, Beschluss vom 16.07.2020, Az. 7 L 460/20).

Sperrung Barmener Badesee

Sachverhalt

Die Stadt hatte bereits im April am See sechs Schilder mit der Aufschrift „Anlage geschlossen – Zur Vermeidung des SARS-COV-2 Virus“ aufgestellt und damit die Nutzung des Badestrandes und des Barmener Sees selbst durch die Allgemeinheit untersagt. Berufen hatte sich die Stadt dabei auf die CoronaschVO. Gegen die fortdauernde Sperrung hatte sich ein Bürger gewandt – erfolgreich.

Coronaschutz-Verordnung keine Rechtsgrundlage

Ein Verbot der Nutzung des Barmener Sees ergibt sich nicht bereits unmittelbar aus der CoronaschVO. Diese gibt zwar für Schwimmbäder und ähnliche (Wellness-)Einrichtungen bestimmte Hygiene- und Infektionsschutzstandards vor, die im Fall ihrer Nichteinhaltung zu einem Nutzungsverbot führten. Rechtsgrundlage für Anordnungen wäre § 28 Abs. 1 IfSG gewesen.

Der See stellt kein Schwimmbad o.Ä. dar

Beim Barmener Badesee handele es sich aber offenkundig um keine Badeanstalt (weder um ein Schwimmbad noch um eine ähnliche Einrichtung). Insofern fällt der See auch nicht unter die Voraussetzungen der CoronaschVO.

Unzureichende Ermessensausübung

Ungeachtet dessen kann die Stadt gestützt auf das Infektionsschutzgesetz zwar Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten anordnen. In diesem Fall müsste sie aber ihr Ermessen ausüben und die tragenden Ermessenserwägungen nachvollziehbar dokumentieren. Hier ist schon nicht klar, ob die Stadt überhaupt ihr Ermessen ausgeübt hat. Weder der Entscheidung selbst noch den wenigen Unterlagen im Verwaltungsvorgang ist zu entnehmen, auf welche maßgeblichen Erwägungen die Stadt die Sperrung des Badesees gestützt hat (Ermessensausfall).

Umwandlung in ein Naturschutzgebiet rechtfertige keine seuchenrechtliche Allgemeinverfügung

Soweit sie sich später darauf berufen hat, der Barmener See liege in einem Landschaftsschutzgebiet, für das die Umwandlung in ein Naturschutzgebiet erwogen werde, rechtfertige dies keine seuchenrechtliche Allgemeinverfügung. Gleiches gilt, soweit die Stadt die Sperrung zusätzlich mit fortwährenden Regelverstößen durch Verschmutzung, Vermüllung und Lärmbelästigung begründet hat.

Der Beschluss ist abrufbar unter https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_aachen/j2020/7_L_460_20_Beschluss_20200716.html

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)