Neue Entscheidungen: Sonntägliche Ladenöffnung weiter umstritten
Auch im letzten Monat mussten sich die Gerichte wieder mit zahlreichen Anträgen auseinandersetzen, die zum Ziel hatten, verordnete Öffnungen von Verkaufsstellen an Sonntagen zu verhindern. Wir geben einen kurzen Überblick über die wichtigsten Entscheidungen.
Das Ladenöffnungsgesetz NRW (Fassung März 2018) ist einschränkend auszulegen
(OVG Münster, Beschluss vom 02.11.2018, Az. 4 B 1580/18)
- Wegen der sehr weit gefassten gesetzlichen Voraussetzungen für die Freigabe der Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen ist das LadÖffnG NRW einschränkend auszulegen, damit das durch das Grundgesetz gewährleistete Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes gewahrt bleibt.
- Aus diesem Grund ist es nicht ausreichend, wenn einer der in § 6 LadÖffnG NRW (Fassung vom 22.03.2018) bezeichneten Sachgründe für eine sonn- oder feiertägliche Öffnung von Verkaufsstellen in allgemeiner Weise gegeben ist.
- Jede Gemeinde muss im jeweiligen Einzelfall prüfen und begründen, ob die für die Ladenöffnung angeführten Gründe ausreichend gewichtig sind, um eine Ausnahme von der Arbeitsruhe am Sonntag zu rechtfertigen.
Begriff des „öffentlichen Interesses“ im LadÖffnG NRW vom März 2018
(OVG Münster, Beschluss vom 02.11.2018, Az. 4 B 1577/18)
- Mit dem Erfordernis des „öffentlichen Interesses“ in § 6 LadÖffnG NRW (Fassung vom 22.03.2018) will der Gesetzgeber erklärtermaßen dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag für die Sonn- und Feiertagsruhe aus Art. 139 WRV i.V.m. Art. 140 GG und den hieraus vom Bundesverfassungsgericht insbesondere in seinem Urteil vom 01.12.2009, Az. 1 BvR 2857, 2858/07, abgeleiteten Anforderungen Rechnung tragen.
- Ob ein dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag des Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV genügender Sachgrund besteht, ist von der zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde im jeweiligen Einzelfall zu prüfen und zu begründen. Von dieser Pflicht ist sie durch die gesetzliche Verankerung möglicher Sachgründe in § 6 Abs. 1 Satz 2 LÖG NRW (Fassung vom 22.03.2018) nicht entbunden.
Sonntägliche Ladenöffnung kein Grund für eine Dringlichkeitsentscheidung
(VG Köln, Beschluss vom 02.11.2018, Az. 1 L 2569/18)
- Soweit der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin zusammen mit einem weiteren Ratsmitglied unter Bezugnahme auf die Dringlichkeit den Erlass einer Rechtsverordnung zur sonntäglichen Ladenöffnung ohne Einberufen des zuständigen Gremiums beschlossen hat, ist dies nicht ausreichend.
- Gemäß der Gemeindeordnung (hier § 60 Abs. 1 Satz 2 GO NRW) kann der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin mit einem Ratsmitglied entscheiden, wenn die Einberufung des Rats und des Hauptausschusses nicht rechtzeitig möglich ist und die Entscheidung nicht aufgeschoben werden kann, weil sonst erhebliche Nachteile oder Gefahren entstehen können.
- Der Beschluss über eine sonntägliche Ladenöffnung ist insbesondere nicht notwendig, um erhebliche Nachteile oder Gefahren abzuwehren.
Ladenöffnung im Gewerbegebiet
(OVG Münster, Beschluss vom 02.11.2018, Az. 4 B 1580/18)
In einem Gewerbegebiet sollten am Sonntag zwei Möbelhäuser wegen einer in der Nähe stattfindenden Veranstaltung („Roisdorfer Martinimarkt“) öffnen dürfen. Das Oberverwaltungsgericht entschied:
- Erfolgt eine Ladenöffnung am Sonntag in räumlicher Nähe zu einer örtlichen Veranstaltung am selben Tage, ist die gesetzliche Vermutung in § 6 Abs. 1 Satz 3 LÖG NRW (Fassung vom 22.03.2018) widerlegt, wonach der für die Annahme eines öffentlichen Interesses erforderliche Zusammenhang mit einer örtlichen Veranstaltung vorliegt, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe hierzu sowie am selben Tage erfolgt. In diesem Fall fehlt der Ladenöffnung der weiterhin erforderliche Annexcharakter in Bezug auf die Veranstaltung.
- Die Ladenöffnung dient auch nicht dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LÖG NRW).
- Sie steigert auch nicht die überörtliche Sichtbarkeit der Gemeinde als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie als Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 LÖG NRW).
Grundsatz der inhaltlich hinreichenden Bestimmtheit bei Verwenden eines Lageplans
(OVG Koblenz, Beschluss vom 24.10.2018, Az. 6 B 11337/18)
Eine Stadt verfügte die sonntägliche Ladenöffnung und kennzeichnete das betreffende Gebiet in einem Lageplan. Das Oberverwaltungsgericht entschied:
- Es entspricht dem Grundsatz der inhaltlich hinreichenden Bestimmtheit, wenn auf einem Lageplan Teilbereiche des Stadtgebiets schwarz umrandet werden (Innenstadtbereich um die Fußgängerzone), um kenntlich zu machen, welche Ladengeschäfte an einem genau beschriebenen Tag (Sonntag, den 28.10.2018) in der Zeit von 13.00 bis 18.00 Uhr geöffnet sein dürfen.
- Aus der Darstellung auf dem Lageplan muss hinreichend verlässlich zu entnehmen sein, wo die Grenze des von der Sonntagsöffnung erfassten Teilbereichs des Stadtgebiets verläuft.
- Die Grenzlinien entlang einer Straße sind so zu zeichnen, dass unschwer zu erkennen ist, dass dort, wo die Grenzlinie entlang einer Straße gezeichnet ist, nur die innerhalb liegende Straßenseite von der Regelung erfasst sein soll, während dort, wo die Grenzlinie versetzt zur Straße gezeichnet ist, die Verkaufsstellen zu beiden Seiten der Straße erfasst sein sollen.