Sisha-Rauchen bei defekter Lüftungsanlage verbieten?
Eine Ordnungsbehörde wollte das Verbot des Rauchens von Wasserpfeifen mit Zwangsgeldern durchsetzen. Der Gastwirt rief das VG Köln an (Beschl. vom 27.10.2022, Az. 1 L 2008/21).
Erkenntnisse einer Ortsbesichtigung nicht im Bescheid aufgeführt
Eine Ordnungsbehörde ordnete gegenüber einem Gastwirt einer Sisha-Gaststätte an:
- Das Rauchen und Bereitstellen von Wasserpfeifen (Shishas), die mit Kohle bzw. organischen Materialien befeuert werden, sowie die Lagerung glühender Kohlen und anderer glühender organischer Materialien für den Betrieb von Wasserpfeifen (Shishas) wird in den Betriebsräumen Ihrer Gaststätte … untersagt.
- Ausgenommen vom Verbot nach Ziffer 1 ist Ihre Gaststätte, insofern nachfolgend aufgelistete Maßgaben der Ziffern 2.1 bis 2.6 eingehalten bzw. erfüllt werden:
(Es folgen Vorgaben zum Betrieb der Lüftungsanlage und zu Kohlenmonoxidwarnmeldern sowie Feuerlöschern, Hinweisschildern und Warnmeldern) - Für den Fall der Nichtbeachtung dieser Verfügung wird die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000 Euro angedroht.
Der Gastwirt erhob keinen Widerspruch. Bei einer Kontrolle wurde später festgestellt, dass die Lüftungsanlage und der Warnmelder für Kohlenmonoxid fehlerhaft waren sowie andere Mängel bestanden. Außerdem bemerkten die Mitarbeiter der Ordnungsbehörde, dass Shishas trotz Nichteinhaltung der Maßgaben nach Ziffern 2.1 bis 2.6 bereitgestellt und geraucht wurden. Sie hielten ihre Feststellungen in einem Vermerk fest.
Die Ordnungsbehörde setzte Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 20.000 Euro in einem Bescheid fest, erwähnte in der Begründung hierzu jedoch nicht, dass Sishas bereitgestellt und geraucht wurden. Der Gastwirt klagte gegen die Zwangsgeldfestsetzung und beantragte das Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
VG vergleicht Bescheid und Ergebnis der Ortsbesichtigung
Das VG prüfte die Begründung der Zwangsgeldfestsetzung und verglich diese mit dem Ergebnis der Ortsbesichtigung:
- Die in Ziffer 1.) aufgegebene Verpflichtung besteht nach dem Wortlaut und der Systematik des Tenors der Ordnungsverfügung allein in der Unterlassung des Rauchens und Bereitstellens von Wasserpfeifen und der Lagerung glühender Materialien. Die Verpflichtung besteht aber nicht auch in der Einhaltung der dem Tenor nachfolgenden „Maßgaben“ zu Lüftungsanlagen, Kohlenmonoxid-Meldern, Feuerlöschern, Hinweisen und Warnschildern.
- Diese enthalten nach der Regelungssystematik keine selbständig angeordneten und durchsetzbaren Handlungsverpflichtungen, sondern stellen vielmehr lediglich die Voraussetzungen dar, bei deren Vorliegen vom Rauchverbot abgesehen wird.
- Die von der Ordnungsbehörde getroffenen Feststellungen beziehen sich nicht auf das Unterlassen des Rauchens und Bereitstellens von Wasserpfeifen, sondern auf die weiteren „Maßgaben“.
- Obwohl ausweislich der Verwaltungsvorgänge im Rahmen der ordnungsbehördlichen Kontrolle festgestellt wurde, dass Shishas trotz Nichteinhaltung der Maßgaben nach Ziffern 2.1 bis 2.6 bereitgestellt und geraucht wurden, fanden diese Feststellungen keinen Eingang in den Bescheid zur Festsetzung der Zwangsgelder.
Kein Austausch der Begründung durch das Gericht
Das VG zog sich auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zurück und kam zu dem Ergebnis, dass ein Austausch der Begründung durch das Gericht bei einer Ermessensentscheidung nicht in Betracht kommt und begründete dies wie folgt:
- Verwaltungsakte werden mit Zwangsmitteln nach pflichtgemäßem Ermessen der Vollstreckungsbehörde (hier: § 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 VwVG NRW) durchgesetzt.
- Der Austausch der Begründung einer Ermessensentscheidung ist nicht Aufgabe des Gerichts.
Ergebnis
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldfestsetzung wurde wiederhergestellt, weil diese rechtswidrig ergangen ist.
Hinweis: Wesentliche Merkmale festhalten und prüfen!
Dieser Fall lehrt, in der Praxis die wesentlichen Merkmale des Sachverhaltes aus der Akte festzuhalten und zu prüfen, ob diese auch Eingang in den Tatbestand und die Begründung des Bescheides gefunden haben. Erstellen Sie hierzu eine Liste und haken Sie diese bei dem Formulieren des Verwaltungsaktes ab. Gelingt das, bleiben Ihnen Urteile wie dieses erspart.