Sind die Erben eines Hauses auch ohne Erbschein Zustandsstörer?
Die Erben eines stark verfallenen Hauses wehrten sich gegen behördliche Maßnahmen mit der Begründung, sie hätten noch keinen Erbschein. Der VGH München (Beschl. vom 26.02.2024, Az. 9 CS 23.2245) musste entscheiden, ob sie trotzdem zur Gefahrenabwehr herangezogen werden können.
Anordnung baurechtlicher Maßnahmen
Die Erben eines Hauseigentümers wurden mit einer für sofort vollziehbar erklärten Anordnung aufgefordert, das geerbte Gebäude von einer Fachfirma auf Standsicherheit begutachten zu lassen, darüber eine Auftragsbestätigung und unter Angabe einer Frist die Begutachtungsergebnisse vorzulegen sowie die erforderlichen Maßnahmen binnen vier Wochen nach Bekanntwerden des Gutachtens durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag der Erben auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der dagegen erhobenen Klage ab. Die Erben riefen den VGH München mit der Begründung an, ohne Erbschein seien sie auch noch keine Erben.
Wer ist Zustandsstörer?
Zustandsstörer ist, wer die tatsächliche oder rechtliche Sachherrschaft über eine Sache besitzt, von der eine Gefahr ausgeht, zitierte der VGH Art. 9 Abs. 2 LStVG (Richtung der Maßnahmen).
Entscheidend ist daher der Zugriff auf das Gebäude. Zwar begründet der nicht tatsächlich ausgeübte, lediglich fiktive Erbenbesitz nach § 857 BGB keine tatsächliche, nach außen erkennbare Sachherrschaft. Ein mit der Sachherrschaft verbundener Besitz des Erben entsteht erst durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt.
Soweit sich die Erben schon auf der Siegerstraße wähnten, kam postwendend die kalte Dusche: Das Erteilen eines Erbscheins berührt aber die materielle Erbenstellung nicht, entschied das Gericht. Weil nach Auskunft des Nachlassgerichts die Erbfolge eindeutig feststeht und deshalb auch kein Nachlasspfleger bestellt werden muss, fehlt es lediglich am Nachweis der Erbenstellung durch den Erbschein.
Ergebnis
Auch ohne Erbschein üben die Erben die Sachherrschaft über das Gebäude aus und sind daher Zustandsstörer. Der Antrag der Erben wurde daher vom VGH abgelehnt.