Rettungsgasse auf der Autobahn sofort bilden?
Das OLG Oldenburg (Beschluss vom 20.09.2022, Az. 2 Ss(Owi) 137/22) musste die Frage beantworten, ob eine Rettungsgasse auf der Autobahn sofort gebildet werden muss oder ob den Autofahrern eine Frist zum Überlegen zusteht.
Trotz Stau weiter links auf der Mittelspur
Ein Autofahrer befuhr die A 1. Der Verkehr auf der dreispurigen Autobahn kam ins Stocken und teilweise zum Erliegen. Während viele Fahrzeugführer eine Rettungsgasse gebildet hatten (d.h. mit ihrem Fahrzeug möglichst rechts auf der Mittelspur fuhren), hielt sich der Autofahrer weiter auf der linken Hälfte der mittleren Spur auf. Das Amtsgericht verurteilte den Autofahrer zu einer Geldbuße von 230 Euro, weil er keine Rettungsgasse gebildet hatte.
Schrittgeschwindigkeit oder Stillstand müssten erst über eine gewisse Zeit andauern, bevor eine Geldbuße verhängt werden kann, verteidigte sich der Betroffene und rief das OLG Oldenburg an.
Frist zum Überlegen?
Der Bußgeldsenat des OLG entschied kurz und präzise:
- Eine Rettungsgasse muss nach § 11 Abs. 2 StVO gebildet werden, sobald Fahrzeuge mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder zum Stillstand kommen.
- Schrittgeschwindigkeit oder Stillstand müssen nicht erst über eine gewisse Zeit andauern. Die Rettungsgasse ist vielmehr sofort zu bilden.
- Dem Autofahrer steht keine Frist zum Überlegen zu, weil § 11 Abs. 2 StVO dies nicht vorsieht. Dies gilt auch deswegen, weil ein Fahrer wegen des Stop-and-Go-Verkehrs stets mit längeren Stillstandphasen rechnen muss.
Ergebnis
Die Rettungsgasse nach § 11 Abs. 2 StVO ist sofort zu bilden. Das Gericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Ein Fahrverbot verhängte das OLG nicht, weil es zu keiner konkreten Behinderung eines Rettungsfahrzeugs gekommen war.
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