Rechtsprechung in Kürze: wichtige Entscheidungen (April 2023)
Uns erreichen immer wieder viele Nachrichten, die für die Mitarbeiter der Ordnungs- und Gewerbeämter von Interesse sind. Hier geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über wichtige Entscheidungen aus der Rechtsprechung.
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Gericht | Datum | Aktenzeichen |
OVG Lüneburg | 22.02.2023 | 14 ME 357/22 |
Das Inverkehrbringen von vier „Fresh Cut“-Salatpackungen auch wenige Tage nach Ablauf des Verbrauchsdatums hat kein unerhebliches Ausmaß. Es handelt sich um Lebensmittel, die in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblich sind und damit nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. Es ist aber nicht zu erwarten, dass deswegen ein Bußgeld von mindestens dreihundertfünfzig Euro verhängt oder eine Straftat geahndet wird. Die gesetzlichen Voraussetzungen zum Veröffentlichen von festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen liegen daher nicht vor. | ||
VGH München | 23.02.2023 | 12 ZB 22.2541 |
Bei der Mitteilung der Fälligkeit eines angedrohten Zwangsgelds handelt es sich nicht um einen mittels Anfechtungsklage angreifbaren Verwaltungsakt, sondern um die Mitteilung eines Bedingungseintritts. Bereits die Androhung eines bestimmten Zwangsgelds ist als ein vollstreckbarer, aber aufschiebend bedingter Leistungsbescheid anzusehen. Wird die sich aus dem Grundbescheid ergebende Pflicht nicht innerhalb der Handlungsfrist erfüllt, wird die Zwangsgeldforderung kraft Gesetzes zur Zahlung fällig, weil die Bedingung eintritt. Beim Überlassen von Wohnungen an Montagearbeiter in einem für Wohnzwecke errichteten Gebäude handelt es sich um eine zweckwidrige Nutzung. Ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro, das nach erfolglosem Fristablauf auf 20.000 Euro erhöht wurde, ist angemessen. | ||
OVG Bautzen | 27.02.2023 | 6 B 10/23 |
Bei einer vorliegenden Obdachlosigkeit, die der Betroffene nicht selbst abwenden kann, besteht ein Anspruch auf eine ganztägige menschenwürdige Unterbringung, der aber auch durch Trennung von Übernachtungsplatz und Aufenthaltsraum erfüllbar ist. Unfreiwillig Obdachlosen ist daher ganztägig zumindest durch getrennte Räumlichkeiten für Übernachtung und Aufenthalt Schutz zu bieten. Die Obdachlosigkeit entfällt, wenn es dem Betroffenen gelingt, eine Ferienwohnung anzumieten. Für den Ausgleich von dadurch entstehenden Mietrückständen ist nicht die Ordnungsbehörde, sondern der Sozialleistungsträger zuständig. | ||
OVG Bautzen | 19.10.2022 | 6 B 171/22 |
Im Einklang mit seiner Schutzverpflichtung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist der Gesetzgeber im Dritten Waffenrechtsänderungsgesetz vom 17.02.2020 zu der Einschätzung gelangt, dass schon die Mitgliedschaft in einer Vereinigung, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Bestrebungen verfolgt, im Regelfall dazu führt, dass die betreffende Person nicht die Gewähr dafür bietet, in jeder Hinsicht ordnungsgemäß und verantwortungsbewusst mit der Waffe umzugehen.
Die Rücknahme einer waffenrechtlichen Erlaubnis wegen Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Vereinigung ist daher rechtmäßig. |
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VerfGH BW | 02.03.2023 | 1 VB 98/19 |
Bei der Entscheidung über den Weiterbetrieb von Bestandsspielhallen, die den glücksspielrechtlichen Mindestabstand unterschreiten, entbindet die Erteilung einer Härtefallerlaubnis nicht von der verfassungsrechtlich gebotenen Durchführung eines Auswahlverfahrens zwischen Konkurrenzspielhallen. | ||
VGH München | 06.03.2023 | 10 CS 22.2343 |
Widerlegt ein Sachverständigengutachten die Vermutung, dass ein Hund als Kampfhund einzuordnen ist, kommt der Gemeinde und damit auch dem Veterinäramt kein Beurteilungsspielraum bei dieser Frage zu. Anderes gilt nur, wenn das Gutachten defizitär ist, weil dem Sachverständigen wesentliche Informationen nicht bekannt waren, oder wenn das Gutachten in sich widersprüchlich oder nicht nachvollziehbar ist. Die Entscheidung der Gemeinde ist gerichtlich voll überprüfbar. | ||
OLG Hamm | 06.04.2022 | 11 U 143/21 |
Ein unzureichend verfülltes, ca. 10 cm tiefes, scharfkantiges Bauloch in einer Fahrbahnoberfläche kann eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle sein. Eine Kommune verletzt die ihr obliegende Pflicht, eine Baustellenabsicherung zu kontrollieren, wenn sie über einen Zeitraum von annähernd drei Wochen nach Einrichtung der Baustelle keinerlei Kontrollen vorgesehen und durchgeführt hat. | ||
AG Zwickau | 24.03.2023 | |
Das Aufhängen von Wahlplakaten mit dem Slogan „Hängt die Grünen!“ erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung. Das Gericht verurteilte einen Funktionär der rechtsextremen Splitterpartei „Der Dritte Weg“ zu einer Geldstrafe.
Weitere Beiträge |
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VG Braunschweig | 21.03.2023 | 1 B 53/23, 1 B 75/23 und 1 B 89/23 |
Das Gericht hat im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass der Betreiber einer Spielhalle nicht verpflichtet ist, ab 1. April 2023 zu gewährleisten, dass der Zutritt zu den von ihm betriebenen Verbundspielhallen erst ab Vollendung des 21. Lebensjahres gestattet wird und dass in jeder Spielhalle mindestens eine Person vor Ort die Aufsicht führt. |