Rechtsprechung in Kürze: Wichtige Entscheidungen (September 2024)
Uns erreichen immer wieder viele Nachrichten, die für die Mitarbeiter der Ordnungs- und Gewerbeämter von Interesse sind. Leider können wir wegen des begrenzten Umfangs des Newsletters nicht alle Informationen hier ausführlicher darstellen. Wir geben Ihnen daher einen kurzen Überblick über weitere wichtige Entscheidungen aus der Rechtsprechung.
Gericht | Datum | Az. |
OLG Stuttgart | 01.08.2024 | 2 UKl 2/24 |
Tankstellen sind keine Fachhandelsgeschäfte und dürfen keine Werbung für Tabakerzeugnisse auf Bildschirmen im Fenster zeigen, denn auch sie fallen, wie die meisten anderen Läden, unter das Verbot der Außenwerbung nach §§ 20a Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 9 TabakerzG. | ||
VG Freiburg | 11.07.2024 | 4 K 1957/23 |
Bestimmt eine Stadt in ihrer Abfallsatzung, dass nach einer vergeblichen Zahlungsaufforderung an den Mieter der Vermieter zur Zahlung der Abfallgebühren herangezogen werden kann, ist dies nicht zu beanstanden. | ||
BVerwG | 25.07.2024 | 3 CN 3.22 |
Das Untersagen der Öffnung von Ladengeschäften während der Corona-Pandemie, ausgenommen Geschäfte für den täglichen Bedarf und für die Grundversorgung notwendige Geschäfte sowie Einzelhandelsgeschäfte, sofern ihre Verkaufsfläche nicht 800 Quadratmeter überstieg, war rechtmäßig. Das gleichzeitig Lebensmittelhändler, Drogerien, Garten- und Baumärkte sowie Buchhändler öffnen durften, hat nicht den Gleichheitssatz verletzt. Großflächige Geschäfte ziehen wegen ihres umfangreicheren Warenangebots mehr Kunden und Kundinnen an, sodass sich die Ansteckungsgefahr entsprechend erhöht. Das Ziehen der maßgebenden Grenze bei 800 Quadratmetern ist vom Einschätzungsspielraum der Verordnungsgeber gedeckt. Daher durfte er anordnen, die Verkaufsfläche durch Absperrung auf 800 Quadratmeter zu reduzieren. | ||
VG Oldenburg |
01.02.2024 | 7 A 2441/20 |
Die landesrechtlichen Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte (§ 48 Abs. 1 VwVfG) werden nicht durch die bundesrechtlichen Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 3 Abs. 1 StVG, § 46 FeV verdrängt. Die Vorschriften sind nebeneinander anwendbar. Es besteht ein Alternativ- und kein Exklusivitätsverhältnis. | ||
EGMR (IV. Sektion) | 31.10.2023 | 9602/18 |
Der Begriff Privatleben schließt das Recht einer Person am eigenen Bild ein und die Veröffentlichung eines Fotos fällt in den Anwendungsbereich des Privatlebens. Das Recht des Einzelnen auf Schutz seines Bildes bedeutet, dass er über den Gebrauch seines Bildes bestimmen kann. Er kann in den meisten Fällen der Veröffentlichung seines Bildes widersprechen, hat aber auch das Recht, der Aufnahme, Speicherung und Wiedergabe durch andere zu widersprechen. Unter bestimmten Umständen können bei Beamten zwar die Grenzen für akzeptable Kritik weiter gezogen sein als bei normalen Bürgern. Wenn ihnen aber kein vorheriges Fehlverhalten vorgeworfen wird, kann ihnen ein berechtigtes Interesse daran, ihr Privatleben gegen zu Unrecht erhobene Vorwürfe eines Amtsmissbrauchs zu verteidigen, nicht abgesprochen werden. Das gilt auch für Polizisten. |
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OLG Brandenburg | 30.01.2024 | 3 U 30/22 |
Den Eigentümer und Vermieter einer Wohnanlage, die in offener Bauweise errichtet ist und über allgemein zugängliche Gemeinschaftsgärten und einen Teich verfügt, trifft die Pflicht, die hiervon ausgehenden Gefahren zu beseitigen bzw. einzudämmen. | ||
OVG Lüneburg | 31.07.2024 | 11 LA 498/23 |
Das Polizei- bzw. Ordnungsbehördengesetz (hier: § 32 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 NPOG) fordert für eine Videobeobachtung nicht, dass mehr Straftaten im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einer Veranstaltung oder einem sonstigen Ereignis zu erwarten sind als ohne eine Veranstaltung oder ein sonstiges Ereignis. Eines Vergleichs des statistisch erfassten Kriminalitätsaufkommens zur Weihnachtsmarktzeit im Vergleich zur Nicht-Weihnachtsmarktzeit bedarf es daher nicht. Es besteht kein Anspruch darauf, dass eine Kenntlichmachung der Beobachtung (hier nach § 32 Abs. 3 Satz 2 NPOG) mehrsprachig erfolgt und das Verlassen der videoüberwachten Zone gekennzeichnet wird. |
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VG Gießen | 23.07.2024 | 15 K 1173/24 |
Wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die antragstellende Person die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, ist die Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte zu versagen. Wurden bei einer Kontrolle des bis dahin befristet erlaubten Prostitutionsbetriebs Verstöße gegen wesentliche, der Sicherheit der Prostituierten dienende Nebenbestimmungen der befristeten Erlaubnis festgestellt, so spricht dies gegen die Zuverlässigkeit der antragstellenden Person. | ||
VG Gelsenkirchen | 17.07.2024 | 8 A 3194/21 |
Die Ankündigung, einem Bediensteten „eine zu klatschen“, enthält gegenüber dem Erklärungsempfänger die Androhung einer „Backpfeife“ oder „Ohrfeige“. Dies muss ein Hoheitsträger im Hinblick auf seine Beschäftigten nicht hinnehmen, selbst wenn derjenige, der dies ankündigt, nach seinen Wertungsmaßstäben meint, niemanden bedroht zu haben. Daher ist ein Hausverbot von zwölf Monaten gerechtfertigt. | ||
OVG Magdeburg | 16.07.2024 | 3 M 109/24 |
Ein Haltungs- und Betreuungsverbot für Hunde ist nicht gerechtfertigt, wenn ein „nachhaltiger Reifeprozess“ des betroffenen Tierhalters erkennbar und daher die Zukunftsprognose nicht negativ ist (im zu entscheidenden Fall verneint). | ||
OLG Frankfurt a.M. | 23.07.2024 | 6 UF 105/24 |
Bei Gewalt in der Partnerschaft kommt eine Wohnungszuweisung nach dem Gewaltschutzgesetz nur dann in Betracht, wenn zum Zeitpunkt der Tat ein auf Dauer angelegter gemeinsamer Haushalt geführt wurde. |