Rechtsprechung in Kürze: Wichtige Entscheidungen (Juni 2024)
Uns erreichen immer wieder viele Nachrichten, die für die Mitarbeiter der Ordnungs- und Gewerbeämter von Interesse sind. Leider können wir wegen des begrenzten Umfangs des Newsletters nicht alle Informationen hier ausführlicher darstellen. Wir geben Ihnen daher einen kurzen Überblick über weitere wichtige Entscheidungen aus der Rechtsprechung.
Gericht | Datum | Az. |
BSG | 23.04.2024 | B 12 BA 9/22 R |
Fliegt ein Pilot für ein Unternehmen, ohne ein eigenes Flugzeug zu besitzen, fehlt bei der Ausführung von Flugaufträgen der eigene unternehmerische Gestaltungsspielraum. Er ist daher nicht selbstständig, sondern abhängig beschäftigt. | ||
BVerwG | 19.12.2023 | 10 C 5.22 |
Weder das Grundrecht auf Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) noch das Verbot der Diskriminierung wegen des Glaubens und der Weltanschauung (Art. 3 Abs. 3 GG) i.V. mit dem Grundsatz weltanschaulich-religiöser Neutralität des Staates gewährleisten einen Anspruch einer Weltanschauungsgemeinschaft auf Entfernung von Kreuzen, die im Eingangsbereich staatlicher Behörden als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung angebracht sind. | ||
OVG Lüneburg | 22.11.2023 | 1 ME 123/23 |
Die Variationsbreite einer für einen Gastronomiebetrieb erteilten Baugenehmigung wird überschritten, wenn sich betriebliche Einrichtungen und Abläufe in einer Weise ändern, dass neu- oder andersartige baurechtliche Problemlagen zu bewältigen sind bzw. bereits bestehende Problemlagen – etwa eine Immissionsproblematik – verschärft werden. Dies ist der Fall, wenn in den Räumen einer ehemaligen Eisdiele eine Pizzeria betrieben werden soll. | ||
AG Calw | 07.03.2024 | 8 Cs 33 Js 364/24 |
Bei einem Schaden durch ein „panisches“ Öffnen der Tür eines in einem Parkhaus stehenden, ausgeschalteten Kraftfahrzeugs (hier wegen einer schweren übersteigerten Angst vor Spinnen) liegt kein Bezug zum Bild des Unfalls im Straßenverkehr (§ 142 Abs. 1 StGB) vor. Weil sich keine straßenverkehrsspezifische Gefahr verwirklicht hat, wird der Tatbestand der Unfallflucht nicht verwirklicht, wenn hierbei ein anderes Fahrzeug beschädigt wurde. | ||
VG Saarlouis | 25.04.2024 | 1 L 217/24 |
Der Ausschank von alkoholischen Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle kann nach dem GastG des Saarlands untersagt werden, wenn die für die durchzuführende Zuverlässigkeitsüberprüfung erforderlichen Unterlagen nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig vorliegen. Dies gilt auch dann, wenn der Alkohol ohne Gewinnerzielungsabsicht in einem „erweiterten Wohnzimmer“ ausschließlich an einen „Freundeskreis“ ausgeschenkt wird. | ||
OVG Lüneburg | 08.05.2024 | 14 PA 42/24 |
Die Zugangsvermutung von § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X bzw. VwVfG ist auch bei der Versendung eines Bescheids als E-Postbrief mit klassischer Zustellung anwendbar. Hat der Empfänger von dem Inhalt des Bescheids während der laufenden Widerspruchsfrist Kenntnis genommen und beruht die verspätete Einlegung des Widerspruchs allein auf einem vermeidbaren Irrtum bei der Fristberechnung, ist Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nicht zu gewähren.
Hinweis: Bei der hybriden Variante des E-Postbriefs wird ein Bescheid über das E-Post-Mailboxsystem elektronisch an die Post übermittelt, dort ausgedruckt, kuvertiert, frankiert und schließlich wie ein gewöhnlicher Brief befördert. |
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OVG Münster | 15.05.2024 | 4 A 2562/21 |
Steht die Aufgabe eines Betriebs eindeutig fest und ist die Anmeldung nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgt, kann die Behörde die Abmeldung von Amts wegen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 GewO vornehmen. | ||
OVG Berlin-Brandenburg | 12.04.2024 | OVG 1 S 104/23 |
Die Geeignetheitsbestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO erlischt gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG bei einer wesentlichen, offen zutage tretenden Änderung der Nutzung und baulichen Gestaltung des ihren Gegenstand bildenden Aufstellungsorts. Dies ist der Fall, wenn eine erlaubnisfreie Gaststätte nicht mehr betrieben wird. |
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OVG Münster | 22.04.2024 | 4 B 599/22 , 4 E 427/22 |
Ein Bewacher, der einer Person mehrfach mit dem besohlten Fuß gegen den Kopf getreten hat, als diese bereits auf dem Bauch und damit erkennbar wehrlos am Boden lag, ist wegen exzessiver Gewalt unzuverlässig nach § 34a GewO. |