06.06.2023

Räumliches Umfeld einer Sonntagsöffnung

Wie weit reicht die Ausstrahlungswirkung einer Veranstaltung (OVG Bautzen, Beschl. vom 04.05.2023, Az. 6 B 53/23), um eine Öffnung der Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen?

Wie weit reicht die Ausstrahlungswirkung einer Veranstaltung, um eine Öffnung der Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen?

Vier Ladenöffnungen im gesamten Stadtgebiet

Eine Stadt erließ eine Verordnung zur Freigabe der Ladenöffnung für

  • Sonntag, den 07. Mai 2023 anlässlich des Familientags,
  • Sonntag, den 20. August 2023 anlässlich des Traditionellen Töpfermarkts,
  • Sonntag, den 03. Dezember 2023 anlässlich des Traditionellen Weihnachtsmarkts mit Märchenumzug und
  • Sonntag, den 17. Dezember 2023 anlässlich des Traditionellen Weihnachtsmarkts mit Bergparade

im gesamten Stadtgebiet jeweils in der Zeit von 13 Uhr bis 18 Uhr.

Alle Aktivitäten sollten jeweils im Bereich der Fußgängerzone in der historischen Kernstadt der Stadt stattfinden. Hier sollten auch Verkaufsstände aufgebaut werden.

Eine Gewerkschaft klagte gegen die Ladenöffnung im gesamten Stadtgebiet und beantragte, die Verordnung zur Freigabe der Ladenöffnung außer Vollzug zu setzen.

Sonntagsöffnung aus besonderem Anlass …

Nach den Ladenöffnungsgesetzen der Bundesländer (hier: § 8 Abs. 1 SächsLadÖffG) dürfen Gemeinden an jährlich bis zu vier Sonntagen die sonst unzulässige Öffnung von Verkaufsstellen zwischen 12 und 18 Uhr aus besonderem Anlass gestatten.

Bei Sonntagsöffnungen aus besonderem Anlass muss die anlassgebende Veranstaltung – und nicht die Ladenöffnung – das öffentliche Bild des betreffenden Sonntags prägen. Dies setzt voraus, dass die öffentliche Wirkung der Veranstaltung gegenüber der durch die Ladenöffnung ausgelösten, typisch werktäglichen Geschäftigkeit im Vordergrund steht, sodass die Ladenöffnung nur als Annex zur Veranstaltung erscheint.

Dazu muss die Sonntagsöffnung regelmäßig auf das räumliche Umfeld der anlassgebenden Veranstaltung begrenzt werden, damit ihr Bezug zur anlassgebenden Veranstaltung erkennbar bleibt.

… im räumlichen Bereich der Veranstaltung …

Der Bezug zum Veranstaltungsgeschehen ist nur in dem räumlichen Bereich zu erkennen, der von der Ausstrahlungswirkung der Veranstaltung erfasst wird. Das ist der Bereich, in dem die Veranstaltung das öffentliche Bild des betreffenden Tags prägt. Die prägende Wirkung muss dabei von der Veranstaltung selbst und nicht nur von dem durch sie ausgelösten Ziel- und Quellverkehr ausgehen.

… mit Ausstrahlungswirkung

Die Ausstrahlungswirkung erstreckt sich also nicht auf den gesamten Einzugsbereich der Veranstaltung und auch nicht auf alle vom Ziel- und Quellverkehr genutzten Verkehrswege und Parkflächen. Werbemaßnahmen oder Hinweisschilder in einem nicht vom Veranstaltungsgeschehen geprägten räumlichen Bereich können den erforderlichen Bezug nicht vermitteln.

Die Gerichtsentscheidung

Aktivitäten und Verkaufsstände sind nur im Bereich der Fußgängerzone in der historischen Kernstadt geplant, zitierte das OVG aus den Akten. Die allein im historischen Ortszentrum stattfindenden Veranstaltungen und Märkte können von vornherein das übrige Gebiet der Stadt nicht prägen.

Da sich die Verordnung nach ihrem eindeutigen Wortlaut auf das „gesamte Gebiet“ der Stadt bezieht, kommt eine Auslegung dahingehend, dass nur ein Teil des Stadtgebiets betroffen ist, nicht in Betracht.

Ergebnis

Die Öffnung von Verkaufsstellen aus Anlass der näher bezeichneten Veranstaltungen im gesamten Stadtgebiet ist von § 8 Abs. 1 SächsLadÖffG offensichtlich nicht gedeckt. Das OVG setzte die Verordnung daher außer Vollzug.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)