Platzverweis bei Verdacht auf Corona-Erkrankung?
Das VG Berlin (Urteil vom 01.08.2022, 1 K 475.21) musste über eine Feststellungsklage nach einem Platzverweis entscheiden, weil die Polizei ein Infektionsrisiko sah.
Klage wegen Verhinderung der Teilnahme an der Versammlung
Ein Mann wollte an einer Versammlung teilnehmen, deren Thema die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung waren. Er wurde von der Polizei angesprochen, die aufgrund eines anonymen Hinweises und der Auswertung von im Internet verfügbaren Informationen davon ausging, dass er sich einige Tage zuvor auf einer Feier mit dem Coronavirus angesteckt haben könnte, und des Platzes verwiesen.
Der Betroffene klagte, weil er sich in seiner Versammlungsfreiheit verletzt sah.
Bestand eine Ansteckungsgefahr für andere Personen?
Nach dem Polizei- bzw. Ordnungsbehördengesetz des Bundeslandes (hier § 29 Abs. 1 Satz 1 ASOG Berlin) kann eine Person zur Abwehr einer Gefahr vorübergehend von einem Ort verwiesen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verboten werden.
Wegen des anonymen Hinweises, der Internetrecherche und des Umstands, dass der Betroffene offenkundig geschwächt gewesen war, durfte die Polizei davon ausgehen, dass er mit dem Coronavirus infiziert gewesen war und eine Ansteckungsgefahr für die an der Versammlung teilnehmenden Personen bestand. Insofern wurde dem Betroffenen nicht die Teilnahme an der Versammlung verboten, er wurde des Platzes verwiesen, weil von ihm wahrscheinlich eine Gefahr ausging.
Tragen einer Maske ein milderes Mittel?
Infolge der angekündigten und auch angemeldeten Versammlung konnte die Polizei davon ausgehen, dass an diesem Tag viele Personen an ihr teilnehmen wollten. Bei Unterschreiten eines Mindestabstands von 1,5 Metern und ohne Tragen einer Maske bestand auch im Freien das Risiko für andere Personen, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Insofern, so das VG, war der Platzverweis auch verhältnismäßig. Die Verpflichtung zum Tragen einer Maske war kein geeignetes milderes Mittel, weil damit das Infektionsrisiko nicht vollständig ausgeschlossen werden konnte.
Ergebnis
Besteht der Verdacht, dass eine Person mit dem Coronavirus infiziert ist, darf gegen sie für einen belebten Ort ein Platzverweis ausgesprochen werden. Der nach dem Polizei- bzw. Ordnungsbehördengesetz des Bundeslandes (hier § 29 Abs. 1 Satz 1 ASOG Berlin) ausgesprochene Platzverweis ist rechtmäßig. Die Feststellungsklage des Betroffenen wurde zurückgewiesen.
Das Urteil können Sie hier nachlesen.