31.05.2022

Parkverbot gegenüber Grundstückszufahrt auf Antrag der Eigentümer anordnen?

Wird das Benutzen einer Zufahrt an einer 4,60 bis 4,70 m breiten Straßen in erheblichem Maße bzw. unzumutbar erschwert, wenn gegenüber fremde Fahrzeuge parken (VGH München, Beschl. vom 28.04.2022, Az. 11 ZB 21.1618)?

Parkverbot gegenüber Grundstückszufahrt

Behinderung der Ausfahrt vom Grundstück wegen parkender Fahrzeuge

Ein Grundstück ist über eine Gemeindestraße erschlossen. Gegenüber der 6,30 m breiten Grundstückszufahrt, an die sich ein 16,60 m tiefer Garagenhof anschließt, befindet sich eine Böschung. Die Fahrbahn vor der Zufahrt ist 4,60 bis 4,70 m breit. Ein Gehweg ist nicht vorhanden.

Die Eigentümer beantragten bei der Gemeinde mehrmals, das Parken gegenüber ihrer Grundstückszufahrt zu unterbinden, z.B. durch die Anordnung eines absoluten Haltverbots, weil gegenüber der Zufahrt oftmals fremde Fahrzeuge parken würden. Bei einem Ortstermin wurden mehrere Fahrversuche unternommen. Je nach Fahrzeugtyp war es möglich, rückwärts in einem Zug oder in mehreren Zügen aus der Grundstückszufahrt auf die Straße zu fahren.

Der Gemeinderat beschloss, den Antrag abzulehnen, weil die Bestimmungen der StVO den ruhenden Verkehr ausreichend regeln würden und ein Aufstellen von Verkehrszeichen zu einer Überreglementierung führe. Die Eigentümer waren mit dieser für sie abschlägigen Entscheidung nicht einverstanden riefen das VG München und dann den VGH München an.

In welchen Fällen ist ein eingeschränktes Haltverbot zulässig?

Rechtsgrundlage für das Anordnen eines eingeschränkten Haltverbots (Zeichen 286) ist § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 StVO. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Bei dem Parkverbot handelt es sich um eine den Verkehr beschränkende Maßnahme i. S. dieser Regelung. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen oder Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist.

Zugangsrecht der Anlieger ist schutzwürdig

Diese Ermächtigung dient auch den privaten Interessen der Straßenanlieger an einer ungehinderten Nutzung seiner Grundstücksein- und -ausfahrt. Er hat einen Anspruch darauf, dass die Straßenverkehrsbehörde bei der Ausübung ihres Ermessens seine Belange berücksichtigt. Nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO ist das Parken unzulässig vor Grundstücksein- und -ausfahrten, auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber. Mit dieser Regelung erkennt das Straßenverkehrsrecht ausdrücklich das individuelle Interesse des Straßenanliegers an der Zugänglichkeit seiner Grundstücksein- und -ausfahrt als verkehrsrechtlich schutzwürdig an.

Parkverbot gegenüber Grundstückszufahrt
Diese Straße ist mit dem Maß von 4,40 m schmal.

Was ist eine „schmale Fahrbahn“?

Eine Fahrbahn ist dann „schmal“ i. S. von § 12 Abs. 3 Nr. 3 Halbs. 2 StVO, wenn der Berechtigte bei einem Parken von Fahrzeugen auf der seiner Grundstückszufahrt gegenüberliegenden Straßenseite daran gehindert oder in erheblichem Maße behindert wird, in das Grundstück ein- oder von dort auszufahren. Die Fahrbahn darf durch ein gegenüber der Ein- und Ausfahrt parkendes Fahrzeug nicht so versperrt werden, dass der Berechtigte nur mit Hilfe von schwierigem Rangieren ein- oder ausfahren kann. Eine Fahrbahnbreite von mindestens 5,50 m ist nicht „schmal“, weil erst ab einer Fahrbahnbreite von 5,50 m ein reibungsloser Begegnungsverkehr möglich ist und ein Kfz bei dem zum Ausfahren aus dem Grundstück erforderlichen Einbiegen auf die Fahrbahn und ebenso beim Einfahren von der Fahrbahn in das Grundstück regelmäßig den halben Wendekreis benötigt, der bei einem Pkw meistens bei etwa 11 m liegt.

Benutzen der Zufahrt unzumutbar erschwert?

Obwohl die Breite der Fahrbahn vor der Grundstückszufahrt den Orientierungswert von 5,50 m nicht erreicht und somit grundsätzlich eine schmale Fahrbahn i. S. von § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO ist, wird deren Benutzen nicht in erheblichem Maße bzw. unzumutbar erschwert, wie die Fahrversuche gezeigt haben. Denn mit verschiedenen Fahrzeugen konnte die Grundstückszufahrt ohne unzumutbare Behinderungen verlassen bzw. angefahren werden.

Ergebnis

Der VGH München bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies den Antrag der Grundstückseigentümer auf Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den ablehnenden Bescheid der Straßenverkehrsbehörde zurück.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)