Muss der Eigentümer eines Hundes dessen Wegnahme dulden, wenn ein anderer das Tier misshandelt?
Der Eigentümer eines Hundes rief das OVG Saarlouis an, weil er die Wegnahme und Veräußerung des Tieres dulden sollte (Beschl. vom 11.07.2023, Az. 2 B 52/23), das von seinem Sohn misshandelt wurde.
Misshandlung eines Hundes auf offener Straße
Das Lagezentrum der Polizei unterrichtete die Amtstierärztin darüber, dass ein Hund auf offener Straße misshandelt und ihm ein alkoholisches Getränk zu trinken gegeben wurde. Der Hund wurde dem Sohn des Eigentümers fortgenommen und von der Polizei zur amtstierärztlichen Untersuchung in ein Tierheim gebracht.
Die Tierschutzbehörde erließ eine tierschutzrechtliche Anordnung, mit der dem Sohn das Halten und die Betreuung von Tieren untersagt wurde. Der Eigentümer des Tieres erhielt eine Verfügung, nach der er die dauerhafte Wegnahme und Veräußerung seines Hundes zu dulden habe. Zur Begründung wurde u.a. angegeben, der Sohn habe dem Hund aus Rohheit erhebliche Schmerzen zugefügt und ihm die tierärztliche Behandlung verweigert, was als Verstoß gegen § 2 TierschG durch Unterlassung zu werten ist. Auch das Einflößen von alkoholischen Getränken ist als Zufügen von erheblichen Leiden und Schäden zu beurteilen, da Alkohol bei einem Hund zu Vergiftungserscheinungen, Koma und Tod führen kann. Weil der Eigentümer Verletzungen des Tiers nicht behandeln ließ, ist davon auszugehen, dass er seinen Sohn nicht von weiteren Misshandlungen des Tiers abhalten werde.
Der Eigentümer des Hunds rief das OVG Saarlouis an und bezweifelte die Rechtmäßigkeit der Duldungsverfügung.
Ist die Duldungsverpflichtung rechtmäßig ausgesprochen?
Rechtsgrundlage der Duldungspflicht ist § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG. Danach trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Weil eine ausdrückliche tierschutzrechtliche Befugnisnorm für eine Duldungsanordnung nicht vorhanden ist, kann ihr Erlass ebenfalls auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG gestützt werden.
Ist der Eigentümer nicht zugleich Halter des Tieres, steht diesem ein Recht an dem Tier zu, das den Vollzug der Anordnung gegenüber dem Halter (hier der Sohn) rechtlich hindern kann. Dieses Hindernis muss durch eine Duldungsverfügung an den Eigentümer überwunden werden.
Ist die Duldungsverfügung auch verhältnismäßig?
Weil mehrere Zeugen den Missbrauch des Tieres durch den Sohn des Eigentümers glaubhaft geschildert haben und der Eigentümer dagegen nicht eingeschritten ist, kann daraus geschlossen werden, dass er nicht in der Lage ist, eine den Anforderungen von § 2 TierschG entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung des Hundes sicherzustellen.
Auf dieser Grundlage urteilte das OVG:
- Die Tierschutzbehörde muss nicht warten, bis dem Tier weitere erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt werden.
- Es ist anzunehmen, dass der Eigentümer des Hundes seinen Sohn nicht von weiteren Misshandlungen des Tieres abhalten wird.
- Die Duldungsanordnung ist auch nicht unverhältnismäßig, denn ein milderes Mittel ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich und die Duldung letztlich auch angemessen.
Ergebnis
Somit kam das OVG zu dem Ergebnis, dass die verfügte Duldung der dauerhaften Wegnahme des Hundes sowie die Anordnung zur Veräußerung des Tieres offensichtlich rechtmäßig erlassen wurden.