Müll auf Parkplatz: Darf Nutzung eingeschränkt werden?
Seit Wochen ist ein Parkplatz an einem beliebten Flussabschnitt in Hessen gesperrt, weil dort immer wieder illegal Müll abgelagert wurde. Die Betroffenen (Erholungssuchende, Naturfotografen und Wanderer) beklagen das Nichtbeachten ihrer Interessen. Wir erläutern die Rechtslage.
Parkplatz als Müllhalde benutzt
Zwischen zwei Städten führen entlang dem Fluss Fulda eine Landstraße und daneben der Radfernweg R1. Nach rund zehn Kilometern mündet die Landstraße in eine Bundesstraße. Hier und ungefähr in der Mitte zwischen dem Ortsausgang und der Einmündung der Bundesstraße wurden vor Jahren zwei Parkplätze nur wenige Meter vom Flussufer entfernt angelegt. Beide Parkplätze werden von Wanderern, Erholungssuchenden und auch Naturfotografen gut besucht.
Ende Januar wollte ein Naturfotograf wieder Eisvögel, Silberreiher usw. an der Fulda fotografieren und seinen Pkw wie üblich auf dem mittigen Parkplatz abstellen. Zu seiner Überraschung wurde der Parkplatz gesperrt und ein Verbot für Fahrzeuge aller Art (Zeichen 250) angeordnet. Da der nächste Parkplatz mehrere Kilometer entfernt ist und er den Fußweg zu beschwerlich fand, beschwerte er sich und bekam zur Antwort, der Parkplatz sei als Ablageplatz für Müll benutzt worden. Immer wieder seien ganze Wohnungseinrichtungen, Ölkanister, Elektrogeräte und vieles mehr hier von Unbekannten abgeladen worden. Der Abfall musste auf Kosten der Allgemeinheit aus Steuermitteln entsorgt werden. Daher sei der Parkplatz nun auf unbestimmte Zeit gesperrt. Die Straßenbaubehörde Hessen-Mobil und die zuständige Gemeinde seien im Gespräch, um gemeinsam eine endgültige Lösung zu vereinbaren.
Sind Parkplätze öffentliche Straßen?
Parkplätze gehören rechtlich zu den Straßen. Sie dienen unabhängig von einer Gebührenpflicht dem öffentlichen Verkehr. Daher gelten für Parkplätze auch die Vorschriften, die allgemein für Straßen vorgesehen sind. Insoweit sind verkehrsrechtliche Maßnahmen, die Parkplätze betreffen, auf die StVO zu stützen.
Parkplätze außerorts dienen der Verkehrssicherheit. Reisende können kurze Pausen einlegen, sich bewegen und erfrischen sowie telefonieren. Der mittig liegende Parkplatz dient diesen Aufgaben, betont Hessen-Mobil. Er wurde nicht ausdrücklich als Wanderparkplatz oder als Stellfläche für Fahrzeuge von Erholungssuchenden eingerichtet.
Wie sind die Aufgaben zwischen Straßenbaubehörde und Gemeinde verteilt?
In Abhängigkeit der Einwohnerzahl sind die Bürgermeister bzw. Landräte oder Oberbürgermeister als Straßenverkehrsbehörde für den Vollzug der StVO und damit für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen zuständig. Hessen-Mobil ist die Straßenbaubehörde und für die Verkehrssicherheit der Straßen zuständig, z.B. Schlaglöcher beseitigen, Hecken schneiden und Mülltonnen leeren. Zum Durchführen von Straßenbauarbeiten und zum Verhüten von Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, kann Hessen-Mobil Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen sowie Leiteinrichtungen lenken. Diese Maßnahmen stehen unter dem Zustimmungs- bzw. Eingriffsvorbehalt der Straßenverkehrsbehörde.
Zudem werden straßenverkehrsrechtliche Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden von Hessen-Mobil durch das Anbringen der angeordneten Verkehrszeichen bzw. Aufstellen Verkehrseinrichtungen vor Ort umgesetzt.
Hinweis: Solche Verteilungen der Zuständigkeiten und Aufgaben sind in allen Bundesländern im Grundsatz gleichermaßen anzutreffen.
Gibt es eine Rechtsgrundlage für das Sperren eines Parkplatzes in der StVO?
Die Straßenverkehrsbehörden können das Benutzen von Straßen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs u.a. beschränken oder verbieten (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StVO). Diese Befugnis besteht auch zum Schutz der Gewässer und zum Erhalten der öffentlichen Sicherheit (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 5 StVO). Insoweit sind Beschränkungen des Verkehrs nicht nur aus verkehrlichen Gründen zulässig, sondern auch zum Schutz von Rechtsgütern außerhalb des Verkehrs.
Ist das Müllproblem ein Grund für die Sperrung?
Zum Schutz wichtiger Rechtsgüter, insbesondere der Gewässer und des Grundwassers sowie der Umwelt, sind Abfälle in den dafür vorgesehenen Beseitigungsanlagen zu entsorgen. Verstöße gegen die Pflicht zum Beseitigen von Abfällen in Abfallbeseitigungsanlagen sind bußgeldbewehrt sowie in besonders schweren Fällen strafbar (siehe § 326 Abs. 1 StGB) und bedrohen damit die öffentliche Sicherheit. Wegen der Nähe des Parkplatzes zu einem Fluss und dem wiederholten Ablagern von Ölkanistern besteht ohne Zweifel die Befugnis für verkehrsbeschränkende Maßnahmen zum Schutz eines Gewässers und der Umwelt allgemein.
Wie ist das Ermessen auszuüben?
Grundsätzlich ist bei dem Anordnen von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen restriktiv zu verfahren. Es ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob das Anordnen von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zwingend erforderlich ist. Reichen allgemeine und besondere Verhaltensregeln aus, dürfen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nicht angeordnet werden. Die Anordnung muss die zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderliche und allein in Betracht kommende Maßnahme sein.
Bei der Ermessensentscheidung auf der Grundlage von § 45 Abs. 1 StVO nicht zu berücksichtigen sind in diesem Fall die Interessen von Erholungssuchenden, Wanderern und Naturfotografen an dem Nutzen des Parkplatzes. Denn der Parkplatz dient nicht diesen Interessen, sondern der Verkehrssicherheit. Hessen-Mobil betont hierzu, zusammen mit der Gemeinde eine Lösung finden zu wollen, die auch diese Interessen berücksichtigt.
Wie stellt sich die Situation vor Ort dar?
Die Zufahrt zu dem Parkplatz ist nur teilweise gesperrt. Fahrzeuge können die mit dem Zeichen 250 versehene Absperrung mühelos umfahren. Es sind immer wieder auf dem Parkplatz abgestellte Fahrzeuge anzutreffen. Somit ist es auch nicht ausgeschlossen, weiterhin illegal Abfälle auf dem Parkplatz abzulagern.
Ergebnis
Die Voraussetzungen für das Anordnen von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen liegen zwar vor, das Ausüben des Ermessens hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet wurde:
- Das nicht vollständige Absperren des Parkplatzes ist nicht geeignet, Müllablagerungen zu verhindern.
- Es sind mehrere mildere Mittel denkbar. Möglich wäre es, den stark frequentierten Parkplatz ab Einbruch der Dunkelheit abzusperren. Die soziale Kontrolle würde das Ablagern von Abfällen am Tag deutlich reduzieren. Zu prüfen wäre auch, ob (wie auf anderen Parkplätzen mit der gleichen Problematik) Videokameras installiert werden können.
- Denkbar wären auch bauliche Maßnahmen, welche die Sicht von außen erweitern und die Gefahr entdeckt zu werden erhöhen.
- Dem illegalen Ablagern von Abfällen kann auch wirksam durch häufige und unregelmäßige Kontrollen durch den Polizeivollzugsdienst entgegengewirkt werden. Diese Maßnahme müsste deutlich kommuniziert werden und würde sehr abschreckend auf potenzielle Täter wirken.
- Es ist im Einzelfall abzuwägen, welche Mittel die Allgemeinheit und die Betroffenen gleichermaßen am geringsten belasten. Insofern ist es sehr fraglich, ob das Absperren des Parkplatzes das mildeste Mittel und damit zwingend erforderlich zur Gefahrenabwehr ist.
- Das längere Absperren des Parkplatzes zum Zweck des Objektschutzes wirkt faktisch wie eine straßenrechtliche Entwidmung bzw. Teilentziehung. Eine solche Befugnis verleiht § 45 Abs. 1 StVO den Straßenverkehrsbehörden aber nicht. Dauerhaft kann der Parkplatz der öffentlichen Nutzung nur auf der Grundlage des Straßenrechts durch den Träger der Straßenbaulast entzogen werden. Weil aber der Grund für das Einrichten des Parkplatzes weiter fortbesteht und durch das Ablagern von Abfällen nicht entfallen ist, ist dies keine Option.