08.01.2021

Neuer Trend: Motivampeln und ihre Rechtsgrundlagen

Rotkäppchen regelt den Verkehr? Wer es nicht glaubt, kann sich in Schwalmstadt davon überzeugen, dass dies funktioniert. Wir erläutern die Hintergründe und rechtlichen Grundlagen.

Motivampeln

Mainzelmännchen, Elvis Presley, Kasperl, Rattenfänger usw.

Bis zur Wiedervereinigung war das Sinnbild der Fußgängerampeln in Deutschland für Behörden und Verkehrsteilnehmer völlig uninteressant. Das änderte sich, als die „Ost-Ampelmännchen“ im Gebiet der ehemaligen DDR nach und nach gegen das westdeutsche Ampelmännchen ausgetauscht wurden. Es kam dort zu Protesten, unter deren Druck die „Ost-Ampelmännchen“ wieder in die Ampeln zurückkehrten.

Dieser Vorgang veränderte auch die Sichtweise in den Alten Bundesländern auf das Ampelmännchen. Sie wurden plötzlich, wie in den Beitrittsländern, als Teil der eigenen Identität aufgefasst. Deswegen regeln in Mainz die Mainzelmännchen, in Hameln der Rattenfänger, in Emden Otto Waalkes und in Friedberg Elvis Presley, der „King of Rock’n’Roll“, den Fußgängerverkehr.

Natürlich dürfen die Ampelfiguren nicht nur von Männern repräsentiert werden. Deshalb wurden in diesem Jahr in Hannover gleichgeschlechtliche Sinnbilder installiert.

Wie stark das Bedürfnis vieler Menschen nach Identifikation ist, zeigen Unterschriftenaktionen und Petitionen, z.B. an den Landtag in Stuttgart. Hier wurde sogar ein „Äffle und Pferdle“-Fanclub gegründet, damit die Stadt die Symbole als Streuscheibe für die Lichtzeichen auswählt.

Märchenfigur Rotkäppchen

Motivampeln
Rotkäppchens „Stop and Go”

In der Schwalm (Nordhessen) tragen die Frauen zu ihrer Tracht eine rote Kappe. Daher wird diese Gegend in Anlehnung an das Märchen der Brüder Grimm als „Rotkäppchenland“ bezeichnet. Für die Stadt Schwalmstadt war es keine Frage, die weltweit bekannte Märchenfigur als Ampelfrau zum Regeln des Fußgängerverkehrs als Streuscheibe auszuwählen, um die Identifikation der Menschen mit der Stadt und der Region sowie das Marketing zu fördern.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlage für die verwendeten Sinnbilder enthält § 37 Abs. 2 Nr. 5 Satz 1 und 2 StVO: „Gelten die Lichtzeichen nur für zu Fuß Gehende oder nur für Rad Fahrende, wird das durch das Sinnbild „Fußgänger“ oder „Radverkehr“ angezeigt. Für zu Fuß Gehende ist die Farbfolge Grün-Rot-Grün; für Rad Fahrende kann sie so sein.“

Die VV zu § 37 StVO gibt zu Nr. 5 vor: „Im Lichtzeichen für Fußgänger muss das rote Sinnbild einen stehenden, das grüne einen schreitenden Fußgänger zeigen.“

Wechsellichtzeichen, zu denen Fußgängerampeln zählen, müssen als Allgemeinverfügungen inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Sind sie undeutlich, irreführend oder sogar gefährdend, sind sie rechtswidrig. Dem Betroffenen können Ansprüche aus Amtspflichtverletzung zustehen (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG).

Das bedeutet

Das Sinnbild auf der Streuscheibe muss so eindeutig gestaltet sein, dass ein Fußgänger oder eine Fußgängerin auf den ersten Blick erfassen kann, was das Lichtzeichen zum Ausdruck bringt.

Wer entscheidet und was kostet der Austausch der Streuscheiben?

Über die Streuscheiben entscheidet die zuständige Straßenverkehrsbehörde. Der Austausch eines Satzes kostet rund 500 Euro.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)