18.08.2016

Marktveranstaltungen und gaststättenrechtliche Gestattungen

Ein Gewerbeamt zeigt sich sehr großzügig und gestattet den Betrieb von zwei Gastwirtschaften auf Freiflächen nach dem Ende eines Marktes bis Mitternacht. Ein Anwohner suchte gegen diese Entscheidung Hilfe beim VGH München (Beschluss vom 23.06.2016, Az. 22 CS 16.1199).

Biergartenbetrieb

Ein Anwohner eines Mischgebiets ging gegen zwei gaststättenrechtliche Gestattungen aus Anlass einer Marktveranstaltung vor. Er war damit nicht einverstanden, dass nach dem Ende einer Marktveranstaltung um 22 Uhr, auf der zweimal im Jahr Waren aller Art angeboten wurden sowie Schaustellungen und Musikaufführungen stattfanden, zwei Gaststättenbetriebe auf Freischankflächen bis 24 Uhr geöffnet bleiben sollten. Als Begründung führte er einen Lärmpegel von 74 dB(A) an.

Das Gewerbeamt hatte Gestattungen für den Betrieb von zwei Schank- und Speisewirtschaften am 24. Juni 2016 zwischen 16.00 Uhr und 24.00 Uhr auf einer „verdichteten Freischankfläche“ ausgesprochen. Erlaubt wurde das Aufstellen je eines Standes zum Ausschank alkoholischer und alkoholfreier Getränke und darüber hinaus das Aufstellen eines Standes zur Abgabe zubereiteter Speisen (Pizzen) und zweier Stehtische.

Der Beginn der Sperrzeit für die Nacht vom 24. auf den 25. Juni 2016 wurde für die Freischankflächen auf 24.00 Uhr festgesetzt und der Beginn der Nachtzeit am 24. Juni 2016 auf 24.00 Uhr hinausgeschoben. Die Wirte erhielten die Auflage, die Abgabe von Speisen und Getränken am 24. Juni 2016 um 23.30 Uhr einzustellen. Nach dem Beginn der Sperrzeit dürften Arbeiten, die geeignet seien, die Nachtruhe der Anwohner zu stören, nicht mehr durchgeführt werden; am 25. Juni 2016 seien lärmrelevante Arbeiten erst ab 8.00 Uhr zulässig.

Entscheidungsgründe

  • Nach § 12 Abs. 1 GastG des Bundes kann der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend und auf Widerruf gestattet werden.
  • Bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle sind die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit zu berücksichtigen, d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz.
  • Eine generelle Freistellung von der Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung ist damit nicht verbunden. Je kleiner die Zahl der Tage und Nächte mit Ruhestörungen ist, desto eher kann man diese der Nachbarschaft aus besonderem Anlass zumuten. Je größer die Zahl von Tagen und Nächten mit Ruhestörungen ist, desto gewichtiger muss der besondere Anlass sein, um die Zumutbarkeit für die Nachbarschaft zu begründen.
  • Die Schädlichkeitsgrenze ist nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr aufgrund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände.
  • Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist die Geräuschbelastung, der sich der Anwohner aus Anlass des Marktes wegen der Gestattungen am 24. Juni 2016 zwischen 22.00 Uhr und mindestens 24.00 Uhr ausgesetzt sieht, als schädliche Umwelteinwirkung im Sinn von § 3 Abs. 1 BImSchG anzusehen, wie sie durch eine Gestattung nicht hervorgerufen werden darf.

Ergebnis

Das OVG bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Gestattungen wiederherzustellen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)