Letzter eingetragener Kfz-Halter muss Abschleppkosten für Schrottfahrzeug tragen
Der letzteingetragene Kfz-Halter und frühere Eigentümer kann als Zustandsstörer für die Abschleppkosten seines früheren Fahrzeugs herangezogen werden (VG Göttingen, Urteil vom 22.07.2010, Az. 1 A 25/10).
Der Kläger wandte sich gegen die Heranziehung zur Übernahme von Abschleppkosten. Er war letzteingetragener Halter des abgeschleppten Fahrzeugs. Das Fahrzeug war nicht zugelassen und ohne amtliches Kennzeichen auf öffentlicher Verkehrsfläche abgestellt. Die Behörde brachte am Fahrzeug eine rote Hinweisplakette an mit der Aufforderung, es bis zu einem bestimmten Datum zu entfernen. Da hierauf keine Reaktion erfolgte, ließ sie das Fahrzeug durch einen Unternehmer abschleppen und auf dessen Verwahrplatz stellen.
Gegen den von der Behörde erlassenen Kostenbescheid erhob der Kläger Klage. Er machte geltend, zum Zeitpunkt des Abschleppens weder Halter noch Eigentümer des Fahrzeugs gewesen zu sein. Nach der Stilllegung habe er aus dem Fahrzeug die komplette Innenausstattung, das Fahrwerk sowie sämtliche Räder ausgebaut. Die ausgeschlachtete Karosse habe er über das Internet als Schrott veräußert, ohne dies gegenüber der Zulassungsstelle anzuzeigen. Den Käufer kenne er nicht.
Die Klage hatte beim Verwaltungsgericht keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
- Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 des Nds. SOG können die zuständigen Stellen auf Kosten der betroffenen Person eine Handlung, deren Vornahme durch eine andere Person möglich ist (vertretbare Handlung), selbst ausführen oder einen anderen mit der Ausführung beauftragen, wenn die Verpflichtung, die Handlung vorzunehmen, nicht erfüllt wird und die Ersatzvornahme rechtmäßig war, der Betreffende der richtige Kostenschuldner ist und der Kostenerhebung im Übrigen Bedenken nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
- Grundsätzlich ist vor Durchführung der Ersatzvornahme ein unanfechtbarer oder sofort vollziehbarer Verwaltungsakt erforderlich. Dieser ist hier nicht ergangen. Es können jedoch Zwangsmittel auch ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt angewandt werden, wenn diese zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr (auch Verletzungspotenzial für die Allgemeinheit) erforderlich sind, insbesondere wenn Maßnahmen gegen polizeiliche Störer nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen. Diese Voraussetzungen sind hier ebenfalls erfüllt.
- Das Fahrzeug war ohne Kennzeichen im öffentlichen Straßenraum abgestellt und wurde trotz Aufforderung mittels einer roten Plakette nicht entfernt. Das Fahrzeug war weiter nicht angemeldet und nicht betriebsbereit. Dies stellte einen Verstoß gegen § 32 StVO und eine unerlaubte Sondernutzung dar. Zudem wird gemäß § 15 Abs. 4 KrW-/AbfG gesetzlich vermutet, dass es sich bei Fahrzeugen, die ohne gültiges Kennzeichen auf öffentlichen Flächen abgestellt sind, um entsorgungspflichtigen Abfall handelt.
- Der Kläger war nicht Verhaltens-, sondern Zustandsstörer. Für die Feststellung bedurfte es keiner Beweiserhebung zu der Frage, ob der Kläger das Fahrzeug tatsächlich über das Internet veräußert hat. Denn selbst dann, wenn dies stimmte, ergibt sich die Verantwortlichkeit aus einem Verstoß gegen die Nachweispflicht des § 27a Abs. 1 Satz 1 StVZO a.F. (jetzt § 15 FZV). Diese Bestimmung dient der Vermeidung abfallrechtlich bedeutsamer Gefahren. Legt der bisherige Eigentümer weder einen Verwertungsnachweis noch eine Verbleibserklärung bei der Zulassungsstelle vor, bleibt er Zustandsverantwortlicher, bis ein Erwerber erkennbar die Verantwortlichkeit übernommen hat.
- Durch das Anbringen der roten Plakette mit dem Hinweis, dass das Fahrzeug durch die Behörde beseitigt wird, wenn der Verantwortliche nicht seiner Pflicht nachkommt, das Fahrzeug aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen, wurde der Zwangsmitteleinsatz auch hinreichend angedroht.
- Die Anordnung des Abschleppens war verhältnismäßig, insbesondere stand kein milderes Mittel zur Verfügung.
- Der Kostenbescheid ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Hinweis
Die Ersatzvornahme ist häufig in den Bundesländern in Verwaltungsvollstreckungsgesetzen geregelt, nicht im Gefahrenabwehrgesetz. Sehen Sie deshalb zur Rechtsgrundlage Ihr Landesrecht.