23.08.2023

Kostenersatz bei freiwilliger Pannenhilfe durch die Feuerwehr?

Die Freiwillige Feuerwehr half einer Autofahrerin unverhofft bei einer Autopanne. Die Gemeinde schickte der Autofahrerin später einen Kostenbescheid über fast 800 Euro. Diese rief das VG Gießen an (Beschl. vom 15.05.2023, Az. 2 L 260/23).

Statt Rettungseinsatz Pannenhilfe

Wegen eines auf eine Straße gestürzten Baums rückte die freiwillige Feuerwehr mit sechs Einsatzfahrzeugen und 17 Feuerwehrkräften aus. Ein umgestürzter Baum konnte beim Abfahren der Straße nicht gefunden werden, dafür aber eine Autofahrerin, die wegen einer Reifenpanne nicht weiterfahren konnte. Sie wartete auf den bereits verständigten ADAC. Die Feuerwehrleute boten der Autofahrerin ihre Hilfe an und behoben die Panne, bevor der ADAC eintraf.

Wochen später erhielt sie von der Gemeinde einen Kostenbescheid über 784,20 Euro. Die Gesamtkosten von über 1.000 Euro waren aus Billigkeitsgesichtspunkten um 25 % reduziert.

Antrag auf Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs

Die Autofahrerin erhob gegen den Kostenbescheid Widerspruch und wollte auch nicht zahlen. Daher beantragte die amtlich beglückte Autofahrerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs.

VG: Evident rechtswidriger Bescheid

Das VG fand gleich mehrere Haare in der von der Gemeindeverwaltung angerührten Suppe:

  • Zum einen ist der Bescheid nicht zutreffend begründet, weil nicht angegeben wird, auf welcher Rechtsgrundlage die Forderung beruht. Ein pauschaler Verweis auf die gesamte Feuerwehrgebührensatzung der Gemeinde ist nicht ausreichend.
  • Zum anderen fehlt es auch an einer Rechtsgrundlage für freiwillige Hilfeleistungen in der Feuerwehrsatzung.
  • Durch das Fahrzeug der Autofahrerin war auch keine unaufschiebbare Gefahrenlage entstanden, die ein Eingreifen der Feuerwehr erforderlich gemacht hätte.
  • Letztlich habe sie auch zu Recht von einer unentgeltlichen Hilfeleistung ausgehen dürfen, da sie die Feuerwehr weder selbst angefordert hat noch von der Feuerwehr vor Ort auf die Gebührenpflicht hingewiesen wurde.

Nach alledem, so das VG, ist der Kostenbescheid evident rechtswidrig.

Ergebnis

Leistet die Feuerwehr bei einer Reifenpanne spontan Hilfe und wechselt einen drucklosen Reifen, dürfen hierfür keine Gebühren erhoben werden. Für den Erlass eines Kostenbescheids fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

Das Gericht stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Kostenbescheid der Gemeinde wieder her.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)