Können Unkrautvlies und Schotter eine Grünfläche sein?
Das Bedürfnis der Bürger nach weniger Gartenarbeit steht dem Ziel der Länder, den Klimawandel aufzuhalten, diametral entgegen (VG Stuttgart, Urteil vom 27.01.2025, Az. 6 K 4450/24).

Unkrautvlies und Schotter
Der Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks gestaltete seinen Vorgarten neu. Er legte ein Unkrautvlies auf dem Boden aus, schüttete dieses mit Schotter zu und verteilte dort einige Pflanzen.
Auf die Anzeige einer Nachbarin hin gab die Gemeinde dem Eigentümer auf, seinen „Schottergarten“ zurückzubauen, insbesondere das Unkrautvlies zu entfernen und die geschotterten Flächen zu bepflanzen. Zu diesem Zweck erstellte die Gemeinde eine Liste von Pflanzenarten, darunter auch solche, die sich für die Bepflanzung von Vorgärten eignen.
Später stellte die Gemeinde fest, dass der Eigentümer die Anordnung nicht nur ignoriert, sondern weitere Flächen geschottert hatte, und hörte ihn zu deren Rückbau an. Nachdem weitere Versuche scheiterten, den Eigentümer zum Rückbau der geschotterten Flächen zu bewegen, ordnete die Gemeinde die Beseitigung des Vlieses samt Schotter auf beiden Flächen an. Der Eigentümer klagte.
Unkrautvlies als Teil einer baulichen Anlage
Die Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Schotterflächen einschließlich dazugehöriger Trennschicht ergibt sich aus der Landesbauordnung, hier § 65 Abs. 1 Satz 1 LBO B-W, stellte das Verwaltungsgericht die Weichen.
Nach dieser Bestimmung kann die teilweise oder vollständige Beseitigung einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Weil das Unkrautvlies, so das Verwaltungsgericht weiter, mit dem Erdboden fest verbunden ist, steht es mit den darüberliegenden Schotterschichten in einem untrennbaren funktionalen Zusammenhang, sodass es als Teil der baulichen Anlage „Schotteraufschüttung“ zu werten ist. Schotterschichten sind daher bauliche Anlagen, stellte das Gericht fest (hier: § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 erste Alternative LBO B-W).
Ist der Vorgarten eine Grünfläche?
Das Landesbaurecht (hier: § 9 Abs. 1 Satz 1 LBO B-W) enthält ein „Grünflächengebot“, führte das Gericht weiter aus. Ob eine „Grünfläche“ vorliegt, ist nur bei einer wertenden Gesamtbetrachtung möglich. Eine mathematische Betrachtung verbietet sich.
Das Verwaltungsgericht nahm den Schottergarten in Augenschein und entschied: Der Eigentümer hat Flächen von zusammen erheblicher Größe mit einem Unkrautvlies überzogen und geschottert, ohne dass diese Flächen einem Weg durch sein Grundstück oder dem Spritzschutz für seine Hausfassaden dienen. Eine gewisse sichtbare Begrünung ist zwar zu erkennen, optisch im Vordergrund stehen aber Schotterflächen. Zusätzlich ist der Boden insektenfeindlich mit dem Unkrautvlies abgedichtet. Die Kombination beider Faktoren lässt eine Bewertung der maßgeblichen Flächen als „Grünflächen“ im Sinne des Landesbaurechts (hier: § 9 Abs. 1 Satz 1 LBO B-W i.V.m. § 21a LNatschG B-W) nicht zu.
Ergebnis
Eine mit einem Unkrautvlies abgedeckte und mit Schotter aufgeschüttete Gartenfläche ist auch dann keine Grünfläche im Sinne der Landesbauordnung, wenn sie mit Pflanzen durchsetzt wird. Die Klage des Eigentümers gegen die Anordnung des Rückbaus wurde zurückgewiesen.