Kein Anspruch auf Kfz-Stellplätze vor eigenem Gewerbebetrieb
Können Anlieger das Entfernen vorhandener Stellplätze vor dem eigenen Gewerbebetrieb verhindern? Das OVG Saarlouis (Beschl. vom 21.09.2022, Az. 1 B 200/22) musste entscheiden, ob den Anliegern ein Abwehrrecht zusteht.
Firmen von Umbaumaßnahmen überrascht
Unweit von mehreren Unternehmen in einem Gewerbegebiet hatte eine Stadt etwa 13 öffentliche Kurzzeitparkplätze („Senkrechtstellplätze“) auf öffentlichem Grund eingerichtet. Im Dezember 2021 beschloss der Stadtrat die bauliche Umgestaltung des Kreuzungsbereichs einschließlich Errichtung einer Signalanlage.
Die direkt im Kreuzungsbereich liegenden Stellplätze sollten aus Gründen der Verkehrssicherheit entfallen. Anderenfalls müssten dort abgestellte Fahrzeuge rückwärts in einen signalisierten Bereich ausparken, ohne den Freigabezustand der Ampel zu kennen, erläuterte hierzu die Beschlussvorlage. Für die Gewerbebetriebe vor Ort waren als Kompensation für die entfallenden Stellplätze eine 12 m lange Ladezone sowie für Kunden zwei neue Kurzzeitparkplätze vorgesehen.
Die Firmen erhielten 2 Wochen vor Baubeginn Kenntnis von der Umgestaltung. Ein Unternehmen beantragte verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz und wollte erreichen, dass der Stadt aufgegeben wird, die Baumaßnahmen im Kreuzungsbereich vorläufig einzustellen.
OVG lässt Antragsteller abblitzen
Anliegergebrauch vs. angemessene Nutzung des Grundeigentums
Der Anliegergebrauch reicht nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert. Angemessen ist nicht schon jede Nutzung, zu der das Grundeigentum Gelegenheit bietet, sondern ausschließlich das, was aus dem Grundstück und seiner sowohl nach der Rechtslage als auch nach der die tatsächlichen Gegebenheiten prägenden Situation der Umgebung als anerkennenswertes Bedürfnis hervorgeht.
Ein Anlieger kann regelmäßig nicht beanspruchen, dass Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Straßen und Plätzen unmittelbar an seinem Grundstück eingerichtet werden oder erhalten bleiben.
Abwehrrecht bei erschwerter oder unmöglicher Erreichbarkeit
Wird jedoch die Erreichbarkeit im Kern wesentlich erschwert oder unmöglich gemacht und ist der Anlieger dadurch gravierend betroffen, kann ihm das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs ein Abwehrrecht vermitteln.
Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass die geplante Ladezone, die als „Kompensation“ für die entfallenden Stellplätze errichtet werden soll, nicht ausreichen würde, um den Betrieb in zumutbarer Weise fortzuführen.
Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, die Ladezone sei zu knapp bemessen, weil die angrenzenden Gewerbebetriebe sie ebenfalls nutzten und nicht gewährleistet sei, dass der Bereich dauerhaft freigehalten werde. Eine ausgewiesene Ladezone dürfte besser als die bisherigen Kurzzeitstellplätze dazu geeignet sein, Flächen für Be- und Entladevorgänge freizuhalten.
Die unterbliebene bzw. unzureichende Anhörung im Vorfeld der Baumaßnahme verletzt die Firma nicht in ihren Rechten. Das konkrete Bauvorhaben wurde öffentlich diskutiert und in öffentlicher Sitzung beschlossen.
Daraus folgt: Anliegergebrauch erstreckt sich auf notwendigen Zugang zum Grundstück
Der gegenüber dem Gemeingebrauch gesteigerte Schutz des Anliegergebrauchs erstreckt sich nur auf einen notwendigen Zugang zum Grundstück durch eine Verbindung mit dem öffentlichen Straßennetz. Er umfasst nicht die Aufrechterhaltung einer bestehenden günstigen Zufahrtsmöglichkeit oder der Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zu- und Abgangs.
Ergebnis
Ein Anlieger kann regelmäßig nicht beanspruchen, dass Parkmöglichkeiten auf öffentlichen Straßen und Plätzen unmittelbar an seinem Grundstück eingerichtet werden oder erhalten bleiben.
Wird jedoch die Erreichbarkeit seines Grundstücks im Kern wesentlich erschwert oder unmöglich gemacht und ist der Anlieger dadurch gravierend betroffen, kann ihm das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs ein Abwehrrecht vermitteln.